Alle sind sie allein, einsam oder verlassen. Ob der Eremit oder Prophet, ob König, Narr oder Verräter, ob Trinker, Spieler oder Künstler, sie sind der Welt abhanden gekommen. Wolfgang Sofsky erzählt von Figuren abseits der Gesellschaft, von Ausgestoßenen, Verlorenen, Enttäuschten, Verwirrten und Erleuchteten. Von der Geburt des ersten Menschen bis zum Antiquar der letzten Schriften reicht die Galerie der Szenen und Portraits. 'Einzelgänger' führt in die Innenwelten der Einsamkeit, das Buch bringt die Vorstellung vom Menschen als sozialem Wesen ins Wanken und bietet das Vergnügen subtiler literarischer Erkenntnis. Sofskys Prosadebut öffnet nicht nur ein Wunderkabinett von schillernden Gestalten, es ist auch ein stilistisches Glanzstück voller Verweise und Symbole. Verschiedentlich fühlt sich der Leser an Bilder, Motive oder Figuren der diversen Künste erinnert, die in Sofskys Erzählungen jedoch einen ganz neuen, tieferen Sinn gewinnen. Einige gleichen Meditationen, die sich für einen Augenblick zu einer Handlung verdichten, andere ähneln Parabeln oder kleinen Dramen mit tragischem Ausgang. Sofskys Sprache ist hellhörig, intensiv und von spröder Eleganz.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Mark-Georg Dehrmann wundert sich nicht allzu sehr über dieses als Prosadebüt des Soziologen Wolgang Sofsky daherkommende Werk. Im Vergleich mit Sofskys früheren Büchern fällt Dehrmann auf, dass der Autor die Erzählung schon immer an den Anfang seiner Soziologie gestellt hat. Wenn er sich in 23 jeweils einem Typus gewidmeten Prosastücken nun Einzelgängern, Sonderlingen, Kranken, Müden und Narren zuwendet, scheint das dem Rezensenten nur folgerichtig. Das Detail eines Menschen, dessen "überlangen Beine in den Raum hinausragen", dient dem Rezensenten als Sinnbild für Sofskys Menschenbild insgesamt: "Der Mensch ragt in den Raum hinein." Ob die Erzählung nun zu einer Erkenntnis führt, ist dabei für Dehrmann nicht das Entscheidende. Eher schon der Verzicht des Autors auf den Kommentar. Ein anthropologisches Bekenntnis scheint für den Rezensenten ohnehin auf in diesen Geschichten, wenngleich auch parabelhaft.
© Perlentaucher Medien GmbH
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