Although most Americans paid little attention to Cambodia during Dwight D. Eisenhower's presidency, the nation's proximity to China and the global ideological struggle with the Soviet Union guaranteed US vigilance throughout Southeast Asia. Cambodia's leader, Norodom Sihanouk, refused to take sides in the Cold War, a policy that disturbed US officials. From 1953 to 1961, his government avoided the political and military crises of neighboring Laos and South Vietnam. However, relations between Cambodia and the United States suffered a blow in 1959 when Sihanouk discovered CIA involvement in a plot to overthrow him. The coup, supported by South Vietnam and Thailand, was a failure that succeeded only in increasing Sihanouk's power and prestige, presenting new foreign policy challenges in the region. In Eisenhower and Cambodia, William J. Rust examines the United States' efforts to lure Cambodia from neutrality to alliance. He conclusively demonstrates that, as with Laos in 1958 and 1960, covert intervention in the internal political affairs of neutral Cambodia proved to be a counterproductive tactic for advancing the United States' anticommunist goals. Drawing on recently declassified sources, Rust skillfully traces the impact of "plausible deniability" on the formulation and execution of foreign policy. His meticulous study not only reveals a neglected chapter in Cold War history but also illuminates the intellectual and political origins of US strategy in Vietnam and the often-hidden influence of intelligence operations in foreign affairs.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.09.2016Der dreiste Prinz
Kambodschas Rolle in der Vorgeschichte des Vietnamkrieges
Die Vorgeschichte des Vietnamkrieges fasziniert noch immer viele Historiker. Auch in der breiteren Öffentlichkeit ist die Nachfrage nach Erklärungen für diesen größten Fehlschlag der amerikanischen Außenpolitik während des Kalten Krieges noch nicht gesättigt. Mit Fug und Recht lässt sich festhalten, dass mittlerweile nahezu alle überhaupt denkbaren Aspekte intensiv beleuchtet worden sind. Dabei fällt allerdings eine Fehlstelle ins Auge: Kambodschas Rolle ist bisher doch eher stiefmütterlich behandelt worden.
Auf den ersten Blick scheint William J. Rust als Autor einer Studie zur Rolle Kambodschas auf dem Weg in den Morast des Vietnamkrieges äußerst geeignet, denn er hat bereits zwei Bücher zu anderen Teilaspekten veröffentlicht, die beide in der Fachwelt durchaus auf Anerkennung gestoßen sind. Gleichwohl sei bereits jetzt angemerkt, dass das Buch weder handwerklich noch inhaltlich überzeugen kann. Der Hauptkritikpunkt zielt allerdings auf eine tieferliegende Schicht: das große Unverständnis des Autors für das untersuchte Land. Zweifelsohne hat sich Rust gewissenhaft in die Geschichte Kambodschas eingearbeitet, soweit die Literatur auf Englisch erschienen ist. Doch fehlt es ihm an jeglichem kulturellen Feingespür. So behandelt er das kambodschanische Parlament der 1950er Jahre wie eine Volksvertretung in einer westlichen Demokratie, in dem über die Schicksalsfragen einer Nation debattiert wird. Auch sein Parteienbegriff ist westlich geprägt und damit für die kambodschanischen Verhältnisse während des Untersuchungszeitraums völlig unzutreffend.
Interessanterweise spürt Rust dem kulturellen Unverständnis des amerikanischen Personals in diesen Jahren nach und kritisiert zum Beispiel die Ernennung von Botschafter Carl W. Strom im Jahre 1956 mit dem berechtigten Hinweis auf seine mangelhaften Französischkenntnisse, die eine Verständigung mit der frankophonen Elite des Landes nahezu unmöglich machten. Dass seine eigene mangelnde Sprachkompetenz - das Quellenverzeichnis weist weder französische noch kambodschanische Bestände auf - seinen Blick trüben könnte, auf diese Idee kommt der Autor leider nicht.
Und so ist ein Buch entstanden, das zuweilen mit interessanten Einsichten aufwarten, dem Untersuchungsgegenstand jedoch nicht gerecht werden kann. Am deutlichsten wird dies bei der Beurteilung des äußerst sprunghaften und für alle westlichen Beobachter völlig irrationalen Verhaltens von Norodom Sihanouk, der in den 1950er Jahren abwechselnd König, Premierminister, Außenminister oder einfach nur Prinz gewesen ist. Diese prägende Gestalt der kambodschanischen Geschichte von 1941 bis 2004 trieb die amerikanischen Diplomaten in den Wahnsinn, denn er entzog sich auch während der Präsidentschaft von Dwight D. Eisenhower (1953 bis 1961) immer wieder gekonnt dem Zugriff der amerikanischen Außenpolitik, die im Zeichen des Kalten Krieges eindeutige Bekenntnisse forderte. Für die Entscheidungsträger in Washington kam die von Sihanouk gewählte - zugegebenermaßen brüchige - Neutralität einem Verrat gleich.
Die Amerikaner verlangten von Sihanouk eine klare Positionierung gegen die Bedrohung Südvietnams aus dem kommunistischen Norden und sahen darüber hinaus die Volksrepublik China als überragenden Gegenspieler in Südostasien. Aus der Sicht Sihanouks erschienen allerdings die beiden großen Nachbarn - Thailand und Südvietnam - als eigentliche Bedrohung. Dies zumal, da sowohl in Bangkok als auch in Saigon mit Verachtung und auch mit territorialen Ansprüchen auf Kambodscha geblickt wurde.
Überhaupt hat die Studie ihre Stärken, wenn es um die regionalen Konflikte in Südostasien geht. Denn hier wird rasch ersichtlich, dass die Vereinigten Staaten von Amerika, die zweifelsohne die eigentliche Lebensversicherung der beiden Regimes in Thailand und Südvietnam waren, letztlich ohne Veto-Kraft waren. Denn neben ihrem klar antikommunistischen Kurs betrieben die Machthaber in Bangkok und Saigon ihre Machtspiele zu Lasten Kambodschas - zuweilen im klaren Gegensatz zur amerikanischen Politik. John Lewis Gaddis, einer der führenden Historiker des Kalten Krieges, hat dieses in Allianzen immer wieder auftretende Phänomen, wenn gleichsam der Schwanz mit dem Hund wackelt, hellsichtig als "Tyrannei des Schwachen" bezeichnet.
Deutlich arbeitet Rust ferner heraus, dass die amerikanische Diplomatie durch die Kapriolen Sihanouks - am 19. Juli 1958 erklärte der Prinz, dass das Königreich Kambodscha die Volksrepublik China diplomatisch anerkennen werde - sowie durch die eigenen Ohnmachtserfahrungen in der Region gleichsam die Flucht nach vorne antrat: Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten setzten nun auf einen Putsch gegen Sihanouk. Über den Grad der amerikanischen Verstrickung sind wir auch heutzutage nicht en détail informiert, da einschlägige Akten in den Vereinigten Staaten noch immer gesperrt sind.
Am 20. Februar 1959 schlugen die Verschwörer jedenfalls los. Doch Sihanouk hatte bereits zuvor von den Planungen erfahren und konnte den dilettantisch organisierten Umsturzversuch im Keim ersticken. Kaum verwunderlich, dass Sihanouk fortan mit größter Skepsis und tiefer Abneigung auf Washington schaute. Die amerikanisch-kambodschanischen Beziehungen hatten ihren vorläufigen Tiefpunkt erreicht. Obwohl Washington im Anschluss versuchte, die wechselseitigen Beziehungen in den verbleibenden Jahren der Präsidentschaft Eisenhowers wieder auf ein leidliches Niveau zu bringen, fehlte es auf beiden Seiten an notwendigem Vertrauen.
Auch für Präsident John F. Kennedy (1961 bis 1963) veränderte sich diese Grundkonstellation nicht. Kambodscha blieb ein Nebenschauplatz der amerikanischen Außenpolitik, die unter dem jungen Mann im Weißen Haus mit vielen kleinen Schritten energisch in den Vietnamkrieg hineinging.
HARALD BIERMANN
William J. Rust: Eisenhower and Cambodia. Diplomacy, Covert Action, and the Origins of the Second Indochina War. University Press of Kentucky, Lexington 2016, 374 S., 40,- $.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Kambodschas Rolle in der Vorgeschichte des Vietnamkrieges
Die Vorgeschichte des Vietnamkrieges fasziniert noch immer viele Historiker. Auch in der breiteren Öffentlichkeit ist die Nachfrage nach Erklärungen für diesen größten Fehlschlag der amerikanischen Außenpolitik während des Kalten Krieges noch nicht gesättigt. Mit Fug und Recht lässt sich festhalten, dass mittlerweile nahezu alle überhaupt denkbaren Aspekte intensiv beleuchtet worden sind. Dabei fällt allerdings eine Fehlstelle ins Auge: Kambodschas Rolle ist bisher doch eher stiefmütterlich behandelt worden.
Auf den ersten Blick scheint William J. Rust als Autor einer Studie zur Rolle Kambodschas auf dem Weg in den Morast des Vietnamkrieges äußerst geeignet, denn er hat bereits zwei Bücher zu anderen Teilaspekten veröffentlicht, die beide in der Fachwelt durchaus auf Anerkennung gestoßen sind. Gleichwohl sei bereits jetzt angemerkt, dass das Buch weder handwerklich noch inhaltlich überzeugen kann. Der Hauptkritikpunkt zielt allerdings auf eine tieferliegende Schicht: das große Unverständnis des Autors für das untersuchte Land. Zweifelsohne hat sich Rust gewissenhaft in die Geschichte Kambodschas eingearbeitet, soweit die Literatur auf Englisch erschienen ist. Doch fehlt es ihm an jeglichem kulturellen Feingespür. So behandelt er das kambodschanische Parlament der 1950er Jahre wie eine Volksvertretung in einer westlichen Demokratie, in dem über die Schicksalsfragen einer Nation debattiert wird. Auch sein Parteienbegriff ist westlich geprägt und damit für die kambodschanischen Verhältnisse während des Untersuchungszeitraums völlig unzutreffend.
Interessanterweise spürt Rust dem kulturellen Unverständnis des amerikanischen Personals in diesen Jahren nach und kritisiert zum Beispiel die Ernennung von Botschafter Carl W. Strom im Jahre 1956 mit dem berechtigten Hinweis auf seine mangelhaften Französischkenntnisse, die eine Verständigung mit der frankophonen Elite des Landes nahezu unmöglich machten. Dass seine eigene mangelnde Sprachkompetenz - das Quellenverzeichnis weist weder französische noch kambodschanische Bestände auf - seinen Blick trüben könnte, auf diese Idee kommt der Autor leider nicht.
Und so ist ein Buch entstanden, das zuweilen mit interessanten Einsichten aufwarten, dem Untersuchungsgegenstand jedoch nicht gerecht werden kann. Am deutlichsten wird dies bei der Beurteilung des äußerst sprunghaften und für alle westlichen Beobachter völlig irrationalen Verhaltens von Norodom Sihanouk, der in den 1950er Jahren abwechselnd König, Premierminister, Außenminister oder einfach nur Prinz gewesen ist. Diese prägende Gestalt der kambodschanischen Geschichte von 1941 bis 2004 trieb die amerikanischen Diplomaten in den Wahnsinn, denn er entzog sich auch während der Präsidentschaft von Dwight D. Eisenhower (1953 bis 1961) immer wieder gekonnt dem Zugriff der amerikanischen Außenpolitik, die im Zeichen des Kalten Krieges eindeutige Bekenntnisse forderte. Für die Entscheidungsträger in Washington kam die von Sihanouk gewählte - zugegebenermaßen brüchige - Neutralität einem Verrat gleich.
Die Amerikaner verlangten von Sihanouk eine klare Positionierung gegen die Bedrohung Südvietnams aus dem kommunistischen Norden und sahen darüber hinaus die Volksrepublik China als überragenden Gegenspieler in Südostasien. Aus der Sicht Sihanouks erschienen allerdings die beiden großen Nachbarn - Thailand und Südvietnam - als eigentliche Bedrohung. Dies zumal, da sowohl in Bangkok als auch in Saigon mit Verachtung und auch mit territorialen Ansprüchen auf Kambodscha geblickt wurde.
Überhaupt hat die Studie ihre Stärken, wenn es um die regionalen Konflikte in Südostasien geht. Denn hier wird rasch ersichtlich, dass die Vereinigten Staaten von Amerika, die zweifelsohne die eigentliche Lebensversicherung der beiden Regimes in Thailand und Südvietnam waren, letztlich ohne Veto-Kraft waren. Denn neben ihrem klar antikommunistischen Kurs betrieben die Machthaber in Bangkok und Saigon ihre Machtspiele zu Lasten Kambodschas - zuweilen im klaren Gegensatz zur amerikanischen Politik. John Lewis Gaddis, einer der führenden Historiker des Kalten Krieges, hat dieses in Allianzen immer wieder auftretende Phänomen, wenn gleichsam der Schwanz mit dem Hund wackelt, hellsichtig als "Tyrannei des Schwachen" bezeichnet.
Deutlich arbeitet Rust ferner heraus, dass die amerikanische Diplomatie durch die Kapriolen Sihanouks - am 19. Juli 1958 erklärte der Prinz, dass das Königreich Kambodscha die Volksrepublik China diplomatisch anerkennen werde - sowie durch die eigenen Ohnmachtserfahrungen in der Region gleichsam die Flucht nach vorne antrat: Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten setzten nun auf einen Putsch gegen Sihanouk. Über den Grad der amerikanischen Verstrickung sind wir auch heutzutage nicht en détail informiert, da einschlägige Akten in den Vereinigten Staaten noch immer gesperrt sind.
Am 20. Februar 1959 schlugen die Verschwörer jedenfalls los. Doch Sihanouk hatte bereits zuvor von den Planungen erfahren und konnte den dilettantisch organisierten Umsturzversuch im Keim ersticken. Kaum verwunderlich, dass Sihanouk fortan mit größter Skepsis und tiefer Abneigung auf Washington schaute. Die amerikanisch-kambodschanischen Beziehungen hatten ihren vorläufigen Tiefpunkt erreicht. Obwohl Washington im Anschluss versuchte, die wechselseitigen Beziehungen in den verbleibenden Jahren der Präsidentschaft Eisenhowers wieder auf ein leidliches Niveau zu bringen, fehlte es auf beiden Seiten an notwendigem Vertrauen.
Auch für Präsident John F. Kennedy (1961 bis 1963) veränderte sich diese Grundkonstellation nicht. Kambodscha blieb ein Nebenschauplatz der amerikanischen Außenpolitik, die unter dem jungen Mann im Weißen Haus mit vielen kleinen Schritten energisch in den Vietnamkrieg hineinging.
HARALD BIERMANN
William J. Rust: Eisenhower and Cambodia. Diplomacy, Covert Action, and the Origins of the Second Indochina War. University Press of Kentucky, Lexington 2016, 374 S., 40,- $.
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