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Als seine Frau Catherine mit einem Abschiedsbrief in der Hand tot aufgefunden wird, bricht für Detective John Cardinal die Welt zusammen. Für seine Kollegen von der Polizei in Algonquin Bay ist der Fall klar: Selbstmord. Doch der vom Dienst suspendierte Cardinal kann und will nicht an dieses Urteil glauben und beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln. Den Tod von Cardinals Frau Catherine umgeben einige Ungereimtheiten. Schon bald kann ein befreundeter Forensiker einen fremden Daumenabdruck auf dem Abschiedsbrief nachweisen, und seit einiger Zeit erhält der Witwer von einem Unbekannten hämische…mehr

Produktbeschreibung
Als seine Frau Catherine mit einem Abschiedsbrief in der Hand tot aufgefunden wird, bricht für Detective John Cardinal die Welt zusammen. Für seine Kollegen von der Polizei in Algonquin Bay ist der Fall klar: Selbstmord. Doch der vom Dienst suspendierte Cardinal kann und will nicht an dieses Urteil glauben und beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln. Den Tod von Cardinals Frau Catherine umgeben einige Ungereimtheiten. Schon bald kann ein befreundeter Forensiker einen fremden Daumenabdruck auf dem Abschiedsbrief nachweisen, und seit einiger Zeit erhält der Witwer von einem Unbekannten hämische Beileidskarten. Doch damit nicht genug: Der Fall von Kinderpornographie, in dem seine Kollegin Lise Delorme ermittelt, bringt Cardinal auf die Spur des Psychiaters Dr. Bell, den auch seine Frau Catherine in ihren depressiven Phasen aufgesucht hatte. Ihm fällt auf, dass ungewöhnlich viele Patienten sterben, während sie bei Dr. Bell in Behandlung sind. Ist hier ein geschickter Manipulator am Werk, der sich nicht die Finger schmutzig machen möchte? Und schwebt deshalb auch die achtzehnjährige Studentin Melanie in Gefahr? Cardinal muss handeln, bevor es zu spät ist
Autorenporträt
Giles Blunt, geboren 1952, wuchs in North Bay in der kanadischen Provinz Ontario auf und studierte Englische Literatur an der Universität Toronto. 1980 ging er nach New York, wo er sich u. a. als Streetworker, Gerichtsdiener und Barkeeper durchschlug. Heute lebt er als freier Schriftsteller und Drehbuchautor wieder in Toronto.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ganz sicher ist sich Friedrich Ani nicht, wie er den Text einordnen soll. Kriminalroman, Unterhaltungslektüre, genuine Literatur? In jedem Fall hat ihn das Buch angesprochen. Hat ihn die vierte Geschichte mit dem Ermittlerduo Cardinal/Delorne mit den Tabuthemen Selbstmord und Kindesmissbrauch konfrontiert. Hat ihm Giles Blunt einen "eigensinnigen" Roman aus der kanadischen Provinz serviert. Weiß Ani auch nach der Hälfte des Buches schon, wer der Täter ist, so fesselt ihn die Story trotz "unauffälliger Sprache" und simpler Struktur doch derart, dass er vermutet, genauso könnte sie aussehen: zeitgemäße Kriminalliteratur.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.02.2008

Die Lügen der Kleinstadt
Giles Blunt erzählt in „Eisiges Herz” von der kanadischen Provinz
Wovon reden wir, wenn wir von Kriminalromanen reden? Von Genre-, Unterhaltungs- oder Spannungsliteratur, von Fastfood oder Billigware, von Zeitvertreib, Urlaubs-, Zug- und Bettlektüre? Reden wir von der Rückkehr des Gesellschafts- oder wenigstens des Heimatromans oder von der bestmöglichen Form, die Themen der Gegenwart zu verhandeln und ein Massenpublikum anzusprechen, ohne Massenware abzuliefern? Oder reden wir womöglich – hinter vorgehaltener Hand – jedesmal von Massenware, wenn wir Kriminalromane meinen? Oft, vermute ich, liegen wir damit falsch. Doch nehmen wir die Hand weg, reden wir wundersam strahlend vom Kriminalroman als genuiner Literatur: Solche Bücher, wie sie das Genre seit einigen Jahren hervorbringt, hat es lange nicht mehr gegeben, Erzählungen von der Verrohung des Nachbarn Mensch, ganz gleich wo wir leben, oder von seiner maßlosen Verlorenheit angesichts des Todes.
„Ich agiere, dachte Cardinal. Ich führe kein Gespräch, sondern agiere wie ein Mann, der ein Gespräch führt. Es funktioniert folgendermaßen: Man hört zu, man nickt, man stellt eine Frage. Aber ich bin nicht da. Ich bin ebenso verschwunden wie das World Trade Center. Mein Herz ist Ground Zero.”
Seit seine Frau Catherine vom Gateway-Turm am Rande von Algonquin Bay, Ontario, in den Selbstmord gesprungen ist, wird Sergeant Detective John Cardinal von Schuldgefühlen gemartert. Jedesmal, wenn er sein Haus in der Madonna Road verlässt und eintaucht in die rotgoldene Farbenpracht des Herbstes, spürt er „ihre Abwesenheit in der Schönheit der Landschaft”. Zwar versucht der Psychiater Frederick Bell – Catherine war bei ihm wegen ihrer immer wieder auftretenden manischen Depression in Behandlung – tröstende Worte zu finden, doch Cardinal schafft es kaum, ihm zuzuhören. „Sein Kopf war ein ausgebranntes Haus.” Zudem erhält er nach Catherines Beerdigung drei beleidigende Kondolenzkarten, auf denen jemand – Rache eines Kriminellen, den Cardinal in den Knast gebracht hat? – hämisch seine Genugtuung über dessen Schmerz kundtut.
Was Cardinal – entgegen den Ermittlungen seiner Kollegin Lise Delorne – nicht zur Ruhe kommen lässt, ist der Verdacht, dass seine Frau nicht freiwillig gesprungen ist. Sie hatte keine Depressionen mehr, sie bereitete als professionelle Fotografin neue Projekte vor, sie bewarb sich sogar als Leiterin für das College, an dem sie unterrichtete. Keine Hinweise auf Suizidabsichten, kein Hauch von Schwermut in der Madonna Road. Und doch: Am Ort des Unglücks, auf dem Dach des Hochhauses, lag ein Abschiedsbrief, und die Handschrift stammt eindeutig von Catherine Cardinal.
In „Eisiges Herz”, seinem vierten Roman mit den beiden Ermittlern John Cardinal und Lise Delorne (Droemer Verlag München, übersetzt von Charlotte Breuer und Norbert Möllemann, 19,90 Euro), behandelt der kanadische Schriftsteller Giles Blunt eines der Tabuthemen der Gegenwart, den Selbstmord, oder treffender: den Freitod. Die Entscheidung eines Menschen, freiwillig aus dem Leben zu gehen, stellt nicht nur für die meisten Angehörigen und Freunde eine Provokation dar, sie löst auch bei Leuten, die gewöhnlich nicht zu ethisch-moralischen oder religiös bedingten Urteilen neigen, oft heftige Reaktionen aus. „Selbstmord”, sagt ein Spezialist aus der Abteilung für Beweismittelsicherung, der den Abschiedsbrief auf fremde Spuren untersuchen soll und nicht weiß, dass sein Kollege Cardinal persönlich betroffen ist, „so ein Aufwand bloß für einen Fall von Selbstmord? Selbstmörder sind Hosenscheißer, wenn du mich fragst. Es gibt weiß Gott nichts Egoistischeres, als sich selbst umzubringen.”
Später stößt Cardinal auf einen Arzt, der wesentlich differenzierter mit dem Thema umgeht und darüber hinaus Zusammenhänge herstellt, aufgrund derer der unermüdlich recherchierende Fahnder – er arbeitet mit Lise Delorne auch an einem Fall von Kinderpornographie – die Wahrheit über den Tod seiner Frau herausfindet. Am Ende ist es beinah Winter in der Madonna Road, die kahlen Bäume ragen schwarz in den Himmel, und als es zu schneien beginnt, scheucht John Cardinal ein Eichhörnchen vom Dach, das gerade Lust auf die Isolierung der Klimaanlage verspürt.
Giles Blunt ist ein eigensinniger Roman geglückt. Ein Selbstmord, der vermutlich ein Mord ist: suboriginell. Nach der Hälfte des Buches kennt der Leser den Täter: waghalsig. Kleinstadtmilieu: Bürgermeistersgattin schläft mit Chef der Stadtreinigung, trotteliger Räuber landet im Knast, während seine Frau sich in eine Hochspannungstechnikerin verliebt. Mag schon sein. Und als Hauptthemen Selbstmord und Kindesmissbrauch. Was ist das für ein Buch? Unauffällige Sprache, einfache Struktur, Skizzen aus wiedererkennbarem Polizeialltag, praktisch keine harten Szenen, leicht identifizierbare Personen.
Was ist dieses Buch? Reine Unterhaltungslektüre? Ist es spannend genug, um das Genre zu rühmen? Urlaubs- oder Bettlektüre oder ein Gesellschaftsroman der speziellen Art? Es ist, was es ist: ein Buch, von dem wir reden sollten, wenn wir heute von Kriminalromanen reden.
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