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Produktdetails
  • Episodios De Una Guerra Interminable
  • Verlag: Tusquets Editores
  • Seitenzahl: 424
  • Erscheinungstermin: 11. Juni 2012
  • Spanisch
  • Abmessung: 224mm x 149mm x 21mm
  • Gewicht: 530g
  • ISBN-13: 9788483833889
  • ISBN-10: 8483833883
  • Artikelnr.: 35069503
Autorenporträt
Almudena Grandes, geboren 1960, begann nach dem Studium zu schreiben. 1989 wurde sie mit ihrem Roman "Lul " über Nacht berühmt. Bisher in zwanzig Sprachen übersetzt, erreichte "Lul " eine Gesamtauflage von über einer Million Exemplaren und wurde erfolgreich verfilmt. Auch mit dem Roman "Malena" rückte Almudena Grandes 1996 an die Spitze der internationalen Bestsellerlisten. Sie zählt zu den großen spanischen Gegenwartsautorinnen und lebt in Madrid.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.07.2013

Hof der
blonden Frauen
Eindringlich: Almudena Grandes’
Roman über die Franco-Diktatur
Offiziell dauerte der spanische Bürgerkrieg nur knapp drei Jahre, von Juli 1936 bis April 1939. Dann war Franco an der Macht und errichtete seine Diktatur. In den Vierzigerjahren aber setzten sich die Kämpfe fort. Die Faschisten führten Säuberungen durch, um jede republikanische Gesinnung auszurotten, während Linke, Anarchisten und Kommunisten in die Berge zogen und durch Guerilla-Aktionen das verhasste Regime angriffen. Die Zeit von 1947 bis 1949 bezeichnen einige Historiker als „Jahre des Terrors“.
  Diesen Jahren widmet Almudena Grandes in ihrem neuen Roman „Der Feind meines Vaters“ jeweils ein ausführliches Kapitel, um dann ein schmales, perspektivisches Kapitel hinzuzufügen: „Ein Krieg, der nie enden wird.“ Das Buch spielt in einem andalusischen Dorf am Fuß der Berge; die Menschen wirken zerrissen angesichts der „janusköpfigen Zeit“ – Verdacht, Bedrohung, Verrat und Rache. „So kann man nicht leben, sagte Mutter, aber so lebten wir.“ Erzählt wird die Geschichte des neunjährigen Nino. Sein Vater ist bei der Militärpolizei, der Guardia Civil, und so lebt die Familie in einer Kasernenwohnung, deren Wände dünn und durchlässig sind. Wenn sie nebenan foltern, hört Nino die Schreie der Opfer, seiner Schwester muss er weismachen, sie würden dort einen Film schauen; er singt ein Lied, damit sie einschlafen kann. Nino wächst in Armut auf und in Angst, aber auch mit der Lust am Abenteuer. Als er Pepe kennenlernt, der abseits in der Mühle wohnt, dämmert ihm, dass der beliebte Junggeselle mit Widerstandskämpfern verbündet ist. Aber er geht mit ihm fischen und verbringt auch sonst viel freie Zeit mit ihm. Eines Nachmittags wirft Pepe die Frage auf: Was für ein Mensch willst du einmal sein?
Nach wie vor tut sich Spanien schwer mit seiner Vergangenheit, mit Bürgerkrieg und Franco-Zeit. Von der Politik ist vorläufig nichts zu erwarten, von der Literatur dagegen umso mehr. Wenn auch verzögert, ganz so, als hätte die künstlerische „Movida“ nach Francos Tod 1975 die Literaten nicht gleich erfasst, sind seit den Neunzigerjahren unzählige gute Bücher über die jüngere Vergangenheit herausgekommen, mit Blick nicht nur auf die großen Städte, sondern auch auf die Provinz. 1990 erschien „Historia de una maestra“ von Josefina Aldecoa, die noch nicht ins Deutsche übersetzte Geschichte einer Lehrerin auf dem verarmten Land, für die sich alles ändert, als die republikanischen Ideale im Bürgerkrieg zuschanden gehen. Und 2004 der große Roman „Les veus del Pamano“ von Jaume Cabré, auf Deutsch „Die Stimmen des Flusses“, angesiedelt in den Pyrenäen Mitte der Vierzigerjahre; auch hier steht ein Lehrer im Zentrum.
Auch Nino profitiert vom republikanischen Bildungsideal. Obwohl er einen Lehrer hat, der aus Feigheit zum Opportunismus neigt, kommt er, vermittelt durch Pepe, auf dem Hof der blonden Frauen (die Männer sind in den Bergen) mit Literatur in Berührung. Er verschlingt die Bücher von Jules Verne, was nicht wenig dazu beiträgt, dass er die abenteuerlichen und brutalen Geschehnisse im Dorf zu deuten lernt. Darum heißt der Roman im Original „El lector de Julio Verne“, der Leser von Jules Verne. Aber der deutsche Titel trifft die Geschichte besser, denn „Der Feind meines Vaters“ offenbart die Nöte des kleinen Jungen: Er liebt seinen Vater, aber er bewundert dessen Feind.
Ausgerechnet Pepe, der Kommunist, ist es, der den Vater von der Guardia Civil in Schutz nimmt. Blonde Frauen nämlich können gnadenlos sein. Eines Tages verhöhnen sie Nino als Sohn eines Mörders. Tatsächlich hat auch sein Vater das (historisch bezeugte) „Fluchtgesetz“ angewendet: Ein kurzzeitig Inhaftierter wird aufgefordert, nach Hause zu gehen, damit er, „der Fliehende“, hinterrücks erschossen werden kann. Nach und nach erfährt Nino, dass sein Vater aus einer roten Familie stammt, viele wurden hingerichtet. Und dass er, um Frau und Kinder durchzubringen, nicht anders konnte, als sich der Guardia Civil anzuschließen.
Raffiniert konstruiert, geht einem dieser Roman zunehmend unter die Haut. Gerade weil er den dörflichen Alltag mit seinen natürlichen, aber gefährlichen Verwicklungen so eindrucksvoll schildert. Schöner wäre es schon, wenn hier die Guten wären und da die Bösen. Aber so einfach ist die Welt nicht. Sprachlich unterwirft sich Grandes ganz der Erzählung; dass sich diese Zeit auch rauer und brüchiger darstellen ließe, schert sie wenig.
  Nur zum Teil ist die Geschichte erfunden. Sie geht zurück auf Erfahrungen eines Freundes der Autorin, der einst, aufgewachsen als Sohn eines Militärpolizisten in einer Kasernenwohnung, für einen linken Widerstandskämpfer geschwärmt hat. Alle Kinder aus den Familien der Guardia Civil hätten damals für Cencerro geschwärmt. Unverhofft kreuzte er in einer Kneipe auf, spendierte eine Runde für alle und ließ es sich nicht nehmen, seine Geldscheine zu signieren: „So zahlt Cencerro“. Kurz darauf war er wieder weg.
RALPH HAMMERTHALER
Almudena Grandes: Der Feind meines Vaters. Roman. Aus dem Spanischen von Roberto de Hollanda. Carl Hanser Verlag, München 2013. 400 Seiten, 19,90 Euro, E-Book 15,99.
Spanien tut sich immer noch
schwer mit seiner Vergangenheit,
die Literatur ist eine Ausnahme
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