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Notes used by Javier Maraias in teaching a course on Don Quixote at Wellesley College in autumn 1984.

Produktbeschreibung
Notes used by Javier Maraias in teaching a course on Don Quixote at Wellesley College in autumn 1984.
Autorenporträt
Javier Marías (Madrid, 1951) es autor de Los dominios del lobo, Travesía del horizonte, El monarca del tiempo, El siglo, El hombre sentimental (Premio Ennio Flaiano), Todas las almas (Premio Ciudad de Barcelona), Corazón tan blanco (Premio de la Crítica, Prix l'Oeil et la Lettre, IMPAC Dublin Literary Award), Mañana en la batalla piensa en mí (Premio Fastenrath, Premio Rómulo Gallegos, Prix Femina Étranger, Premio Mondello di Palermo), Negra espalda del tiempo, de los tres volúmenes de Tu rostro mañana: 1 Fiebre y lanza (Premio Salambó), 2 Baile y sueño, 3 Veneno y sombra y adiós, de Los enamoramientos (Premio Tomasi de Lampedusa, Premio Qué Leer) y Así empieza lo malo; de las semblanzas Vidas escritas y Miramientos; de los relatos Mala índole y de la antología Cuentos únicos; de homenajes a Faulkner y Nabokov y dieciocho colecciones de artículos y ensayos. En 1997 recibió elPremio Nelly Sachs, en Dortmund; en 1998 el Premio Comunidad de Madrid; en 2000 los Premios Grinzane Cavour, en Turín, y Alberto Moravia, en Roma; en 2008 los Premios Alessio, en Turín, y José Donoso, en Chile; en 2010 The America Award en los Estados Unidos; en 2011 el Premio Nonino, en Udine, y el Premio de Literatura Europea de Austria; en 2012 el Premio Terenci Moix, y en 2015 el Premio Bottari Lattes Grinzane, todos ellos por el conjunto de su obra. Entre sus traducciones destaca Tristram Shandy (Premio Nacional de Traducción 1979). Fue profesor en la Universidad de Oxford y en la Complutense de Madrid. Sus obras se han publicado en cuarenta y tres lenguas y en cincuenta y cinco países, con más de ocho millones de ejemplares vendidos. Es miembro de la Real Academia Española.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.02.2017

Der Ritter lebt fort
Javier Marías unterrichtet den "Don Quijote"

Erst dreiunddreißig Jahre alt war der spanische Schriftsteller Javier Marías, als er 1984 an der amerikanischen Elite-Hochschule für Frauen, dem Wellesley College bei Boston, sein Seminar über den "Don Quijote" gab. Schon sein Vater, der Philosoph und Ortega-Schüler Julián Marías, hatte dort gleich nach der Geburt des Schriftstellers unterrichtet, zu einer Zeit, als die franquistischen Behörden ihm eine Universitätskarriere in Madrid unmöglich machten, und so kam Marías' Sohn gleich zweimal an diesen Ort: als Säugling und als junger Mann. Bei jenem ersten Besuch 1951 wohnte die spanische Familie in derselben Wohnung wie Jahre zuvor der spanische Dichter Jorge Guillén, also eine Etage unter der Wohnung, die Vladimir Nabokov in den vierziger Jahren bewohnt hatte. Und so wie dieser seine Cervantes-Vorlesungen, die er allerdings für eine Gastprofessur in Harvard schrieb, als Buch veröffentlicht hat (F.A.Z. vom 26. November 2016), so sind jetzt erstmals Marías' Seminar-Aufzeichnungen erschienen, vorläufig nur auf Spanisch.

Es ist eine Übung in gründlichem Lesen: zwei Wochenstunden, 26 Sitzungen insgesamt. Für Marías bleibt "Don Quijote" der erste, der beste, der tiefste, der modernste Roman aller Zeiten. Was hier Beschreibung vermag und dort Dialog; wie ein Roman über sich selbst spricht und seine Leser gleichsam zum Verständnis seiner eigenen Poetik erzieht; was die Figuren tun, was der Text, was der Autor selbst; worin das Berührende dieses Buches besteht, aber auch seine Mehrbödigkeit, sein Humor, sein metafiktionales Spiel, all das bringen die Aufzeichnungen zur Sprache. Es ist kein Vorlesungstext, eher ein fortlaufender Kommentar, der uns zeigt, was diesen einen Leser interessierte. Von Sekundärliteratur ist so wenig die Rede, wie es bei Nabokov der Fall war. Der verzichtete auch bei seiner Kafka-Vorlesung vollständig auf die Deutungen anderer und zeichnete für seine Studentinnen lieber den Käfer, in den Gregor Samsa sich verwandelt.

Besonders interessant ist der Hundert-Seiten-Band, wenn man Marías' Bemerkungen zum "Quijote" auf sein eigenes Werk zurückspiegelt. Als der Autor das Seminar gab, hatte er in Spanien zwar schon vier Romane publiziert - den ersten mit zwanzig Jahren -, doch keiner von ihnen kann stilistisch als voll entwickelter Marías gelten. Das geschah erst mit "Der Gefühlsmensch" (El hombre sentimental), erschienen 1986, in welchem auch zum ersten Mal die später so typische Vermittlerfigur auftritt - Dolmetscher, Opernsänger, Verhörexperten, professionelle Lauscher und Teilhaber dunkler Geheimnisse. Zu den weiteren Merkmalen des Romans "Der Gefühlsmensch" gehört ein kurzes Nachwort, in dem Marías - in ähnlich philologischem Stil, wie er es kurz zuvor an Cervantes geübt hatte - über das zentrale Thema seines Buches nachdenkt. Die Liebe, so der Autor, entwickele sich darin nicht vor unseren Augen, sondern werde von der Hauptfigur als etwas Vergangenes erinnert. Die Handlung, um die es geht, liegt also hinter ihr, ist abgeschlossen und nicht mehr zu ändern. Was sich ändert, ist allenfalls das Nachdenken darüber, und dieses Nachdenken kann, wie der Verlauf des Romans zeigt, explosive Folgen haben.

Eine ähnliche Frage interessiert den jungen Gastprofessor Marías am zweiten Teil des "Don Quijote". In einem Mini-Essay hebt er für seine Studentinnen das dritte Kapitel des zweiten Teils hervor, in welchem Cervantes die Funktionsregeln seiner Fiktion mit einer wunderbaren Erfindung entscheidend verändert: Von nun an ist der Ritter von der traurigen Gestalt nicht nur einfach "berühmt", nein seine Heldentaten stehen jetzt in einem gedruckten, in der wirklichen Welt zirkulierenden Buch. Und das heißt: Auch Don Quijote und Sancho Panza, die das über sie geschriebene Werk fortlaufend kommentieren, ziehen durch die Realität, machen also die Wand durchlässig, die gemeinhin die Wirklichkeit von der Phantasie trennt. So wird mit einem Schlag die Behauptung Don Quijotes wahr, die Helden der Ritterromane hätten tatsächlich existiert. Und haben wir, fragt Marías, "nicht wirklich den Eindruck, es habe Don Quijote gegeben, es habe Sherlock Holmes gegeben?"

Dass eines der schönsten Spiele der Literatur darin besteht, die Grenze des Irrealen, nur Vorgestellten, Geträumten und Phantasierten ein wenig in Richtung Faktenreich zu verschieben, bewies Javier Marías abermals vierzehn Jahre später, als er in seinem Buch "Schwarzer Rücken der Zeit" (1998) über die realen Entstehungsbedingungen seines Romans "Alle Seelen" reflektierte. Der dunkle Rücken der Zeit ist ein Bild von Shakespeare, nicht von Cervantes. Er bezeichnet das Nichtgeschehene, das dennoch wirkmächtig ist, gleichsam das geheime Gegenstück zur Chronik der Ereignisse. Pensamiento literario, literarisches Denken, hat Javier Marías das Verfahren seiner Romankunst genannt, in der die Reflexion neue Möglichkeitswelten öffnet und nicht Begleiterin, sondern geradezu Erscheinungsform jeder "Handlung" ist. Sein nicht versiegendes Interesse an diesen Schattenwelten ist in diesen Vorlesungen präludiert.

PAUL INGENDAAY.

Javier Marías: "El Quijote de Wellesley".

Alfaguara Verlag, Madrid 2016. 104 S., br., 15,90 [Euro].

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