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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.04.2001

Die Farbe Grün

Der Name Amdahl hat keinen schlechten Klang, wenn es um Elektronik geht. Das ist Verdienst von Eugene Amdahl, der bis 1970 bei IBM Entwickler war und als "Vater" der Serie 360 gilt. Dann machte er sich selbständig und baute unter dem eigenen Namen IBM-kompatible Großrechner. Das heutige Unternehmen Amdahl gehört zu Fujitsu-Siemens. Das Buch von Kenn Amdahl hat nur insofern mit Eugene Amdahl zu tun, als er im Vorwort als "Genie" erwähnt wird und als ein entfernter Cousin des Autoren-Vaters. Kenn Amdahl, Jahrgang 1949, hat Folksongs geschrieben und vor zehn Jahren ein Buch, das in die Hand von Leuten gehört, denen es schon immer ein bißchen unheimlich war, daß der Strom aus der Steckdose kommt. Nach der Lektüre dieses Buches werden sie nicht wirklich wissen, warum das so ist. Aber sie bekommen dieses und andere elektrische Phänomene von der statischen Entladung auf die Katzennase bis hin zur Supraleitung so erklärt, daß sie es nicht mehr für Zauberei halten. Und zwar in leicht faßlicher Sprache. Dem Locker-vom-Hocker-Buch hat man einen deutschen Titel gegeben, der so klingt als sei von einer billigen PC-Software übersetzt worden: Aus "There are no electrons" wurde "Elektronen gibt es hier nicht". Damit ist so hölzern wie es irgend möglich war die zentrale These des Buches umrissen: Elektronen sind langweilig, und sie werden schlicht unerträglich, wenn man sich ihnen theoretisch zu nähern versucht. Statt dessen sausen Grünis durch die Leitungen, plappern supercool daher und sind wenigstens soweit mit uns verwandt, daß sie einen Partytrieb haben. Nun gut, Kenn Amdahl gesteht freimütig ein, seine visionäre Form der Elektronentheorie sei beim Angeln entstanden, und zwar beim Anbrechen des zweiten Sixpacks Bier. Ohne ihn näher zu kennen, gibt diese Eröffnung Anlaß zur Vermutung, daß Kenn Amdahl einfach nicht genug verträgt, um Physikbücher zu schreiben. Und wenn man gar von der Niederschlagung eines ominösen Hühneraufstands liest, womit der npn-Transistor erklärt wird, drängt sich natürlich die Frage auf: Dose acht oder n=13? Und wenn dabei dann tatsächlich "Cheerleaderinnen" die Hühner auf dem Baskettballfeld, ach was, den Elektronenabfluß in Gang bringen, dann fragt man sich: Im Lektorat bei Rowohlt müssen die doch wohl härteres Zeugs nehmen als Bier?

HANS-HEINRICH PARDEY

Elektronen gibt es hier nicht. Elektrizität für coole Köpfe. Von Kenn Amdahl. Deutsch von Renate Bauer-Lessing. Rowohlt Taschenbuch 60727, Rowohlt Verlag, Hamburg, 288 Seiten, 18,90 Mark.

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