Aus der Werkstatt eines der kreativsten und produktivsten Typographen und Buchgestalter unserer Zeit.Der typografische Gebrauch von Schriften ist nichts als ein Spiel mit ihren Ordnungen und Modifikationen, mit der Vagheit der Differenz ihrer Effekte. Noch misst sich die Typografie am Buch. Genau betrachtet aber ist das Buch bereits alt, es ist voller Anmerkungen, Verweise und Glossen. Aus dieser Atmosphäre und der Perspektive des Rückblicks auf die eigene Geschichte bezieht die typografische Arbeit heute die Evidenz ihrer Lebendigkeit und Notwendigkeit. Die Texte in diesem Band liefern keine Lehrsätze und entwickeln keine Programme. Sie diskutieren Lesarten und folgen dabei der Geschichte des Umgangs mit Schrift und Buch von den Anfängen in der Antike bis in die jüngste Vergangenheit. Neben bisher an verschiedenen Orten publizierten Essays enthält der Band zahlreiche neue Texte. Es finden sich grundlegende Studien zur Materialität der Kommunikation, zur Schriftkultur und -politik wie zur typografischen Praxis, zur typografischen Avantgarde und ihren Vertretern, zur Physiologie des Lesens wie zur Geschichte der Schrift. Boses Erfahrungen aus der Lehre an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig und ein Bericht über die Anfänge seiner Arbeit als Verleger in Berlin setzen einen autobiografischen Akzent.»Die Lettern aufs Papier zu schmeißen,Macht nicht, daß Bücher draus entstehen;Wo nicht Verstand die Hände leitetWird kein gelehrtes Buch bereitet.«Daniel Wilhelm Triller
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Frankfurter Allgemeine ZeitungQuer durch die Bücherwelten
Günter Karl Bose über die Schwarze Kunst
Als Technikoptimist gibt sich Günter Karl Bose nicht: "Die Zeit des Buches und damit eine Kultur, deren Verschwinden sich heute vor unseren Augen vollzieht, scheint vorüber", schreibt er in einem Essay über Jan Tschicholds "Neue Typographie". Dabei ist der Autor ein Buchmensch: Germanist, Verleger, zuletzt Leiter des Instituts für Buchkunst an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Sein jüngstes Werk, "Elementum", präsentiert sich als Sammlung von Aufsätzen und Vorträgen, die verschiedene Blickwinkel auf eine Schwarze Kunst eröffnen, deren Existenz buchstäblich von Beginn an prekär war.
Boses Texte sind hochverdichtete Zeitkapseln, bei deren Lektüre sich die Buchwelt des neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhunderts entfaltet. Er analysiert die Lesegewohnheiten der Deutschen, Aufstieg und Fall riesiger Leihbüchereien, Verlagshäuser und Messen, spürt makro- und mikrotypographischen Konflikten nach, etwa dem nationalistisch geprägten Streit zwischen den Anhängern der gebrochenen und den Fürsprechern der Antiqua-Schriften. Jan Tschichold, der selbst in Leipzig studiert hat, kommt bei Bose nicht gut weg: Der recht abrupt vollzogene Wechsel vom genialischen Verfechter der "Neuen Typographie" zum konservativen Texthandwerker ist ihm suspekt. Das zeigt sich auch in der Gestaltung des Bandes: Wo Tschichold am Absatzanfang einen Einzug verlangt, gibt ihm Bose nicht nach.
Aktuelle Probleme der Buchgestaltung verhandelt Bose in den hier vorliegenden Essays nur implizit; Internet und E-Book sind als Teil des vermittelten Kontinuums mitgemeint. Zitat El Lissitzky (1925): "Der gedruckte Bogen, die Unendlichkeit der Bücher, muß überwunden werden. DIE ELEKTROBIBLIOTHEK." An gewaltigen historischen Umbrüchen in trumpesken Versalien ist Bose aber weniger interessiert als an dem Parfum einer Epoche, das sich in Momenten wie dem gestalterischen Einsatz marmorierter Papiere und deren Herstellungsbedingungen flüchtig manifestiert. Zuweilen gewinnt bei der Lektüre die Melancholie Oberhand, aber die gehört zum Handwerk.
GÜNTER HACK
Günter Karl Bose: "Elementum". Über Typografie, Bücher und Buchstaben. Wallstein Verlag, Göttingen 2020. 256 S., geb., 29,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Günter Karl Bose über die Schwarze Kunst
Als Technikoptimist gibt sich Günter Karl Bose nicht: "Die Zeit des Buches und damit eine Kultur, deren Verschwinden sich heute vor unseren Augen vollzieht, scheint vorüber", schreibt er in einem Essay über Jan Tschicholds "Neue Typographie". Dabei ist der Autor ein Buchmensch: Germanist, Verleger, zuletzt Leiter des Instituts für Buchkunst an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Sein jüngstes Werk, "Elementum", präsentiert sich als Sammlung von Aufsätzen und Vorträgen, die verschiedene Blickwinkel auf eine Schwarze Kunst eröffnen, deren Existenz buchstäblich von Beginn an prekär war.
Boses Texte sind hochverdichtete Zeitkapseln, bei deren Lektüre sich die Buchwelt des neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhunderts entfaltet. Er analysiert die Lesegewohnheiten der Deutschen, Aufstieg und Fall riesiger Leihbüchereien, Verlagshäuser und Messen, spürt makro- und mikrotypographischen Konflikten nach, etwa dem nationalistisch geprägten Streit zwischen den Anhängern der gebrochenen und den Fürsprechern der Antiqua-Schriften. Jan Tschichold, der selbst in Leipzig studiert hat, kommt bei Bose nicht gut weg: Der recht abrupt vollzogene Wechsel vom genialischen Verfechter der "Neuen Typographie" zum konservativen Texthandwerker ist ihm suspekt. Das zeigt sich auch in der Gestaltung des Bandes: Wo Tschichold am Absatzanfang einen Einzug verlangt, gibt ihm Bose nicht nach.
Aktuelle Probleme der Buchgestaltung verhandelt Bose in den hier vorliegenden Essays nur implizit; Internet und E-Book sind als Teil des vermittelten Kontinuums mitgemeint. Zitat El Lissitzky (1925): "Der gedruckte Bogen, die Unendlichkeit der Bücher, muß überwunden werden. DIE ELEKTROBIBLIOTHEK." An gewaltigen historischen Umbrüchen in trumpesken Versalien ist Bose aber weniger interessiert als an dem Parfum einer Epoche, das sich in Momenten wie dem gestalterischen Einsatz marmorierter Papiere und deren Herstellungsbedingungen flüchtig manifestiert. Zuweilen gewinnt bei der Lektüre die Melancholie Oberhand, aber die gehört zum Handwerk.
GÜNTER HACK
Günter Karl Bose: "Elementum". Über Typografie, Bücher und Buchstaben. Wallstein Verlag, Göttingen 2020. 256 S., geb., 29,90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Günter Hack verzeiht dem Buchmensch Günter Karl Bose den ein oder anderen melancholischen Moment. Wenn Bose, ehemaliger Leiter des Instituts für Buchkunst in Leipzig, in seinen hier versammelten Aufsätzen über die Buchwelt des 19. und 20. Jahrhunderts schreibt, über Lektüregewohnheiten, Büchereien, Verlage, Messen und Konflikte zwischen Anhängern bestimmter Schrifttypen, kann Hack einiges lernen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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