H.C. Buch ist der große Reisende unter den deutschen Schriftstellern. Seine Bücher sind Schatzkisten, prall gefüllt mit Geschichten aus fernen Ländern, Zeugen seiner ungezähmten Fabulierlust. Mit seinem neuen Roman betritt er unbekanntes Terrain. Zum ersten Mal im literarischen Kosmos von H.C. Buch steht die Familie des Autors im Mittelpunkt: sein Vater, der Diplomat, der Shakespeare und das Neue Testament im Original las, seine Mutter Rut, die nach einer Kopfoperation zu malen begann und im Jahr 1958 Picasso besuchte, sein Großvater, der Ende des 19. Jahrhunderts nach Haiti auswanderte, die Pharmacie Buch gründete und eine Haitianerin heiratete. Doch damit nicht genug, denn »jede Familie birgt ein dunkles Geheimnis, das nicht besprochen, sondern beschwiegen werden soll«.Und so beginnt der Roman nicht ohne Grund an einem der stillsten und kältesten Orte der Welt, mitten in der Antarktis, auf dem Eisbrecher Almirante Irizar. Für Hans Christoph Buch gibt es nur eine, vielleicht dienachhaltigste, mit Sicherheit aber die schönste Art, das Eis des Schweigens zu brechen: mithilfe der Literatur, der Axt für das gefrorene Meer in uns.
Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension
Marko Martin mag Hans Christoph Buchs unverkennbare Mischung aus "Hyperrealistik, konziser Reflexion" und sarkastischem Hang zu Absurdem und freut sich, dass der Reise-Reporter und Schriftsteller diesmal sogar über seinen "eleganten Parcourslauf" hinausgeht. Mit Vergnügen begleitet der Kritiker das aus anderen Büchern bereits bekannte Figurenensemble auf eine weitere Weltreise, die ihn zu besoffenen Sowjetbonzen, tschetschenischen Kriegern, einem Stasi-Ornithologen, einer Staatsdichter-Witwe und weiteren kuriosen Gestalten führt. Hochgestimmt liest der Rezensent, mit welcher Intensität Buch seine eigene Familiengeschichte vom auf Haiti lebenden Großvater bis zum Vater, einem bundesdeutschen Nachkriegsdiplomaten und Naziverächter, der zugleich mit dem NSDAP-Mitglied Franz Nüßlein befreundet war, schildert. Da verzeiht Martin auch gern, dass die Figuren zwar plastisch, aber nicht besonders psychologisch nuanciert erscheinen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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