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Fritz Erdmannsdörfer ging auf ein paar Tage in den Harz. Er tat das zuweilen, wenn er fühlte, er müsse eine Pause machen, und so etwas fühlte er immer im richtigen Augenblicke. Nun, man war ja ein vernünftiger Mensch. Er benachrichtigte dann einfach seinen Vertreter und reiste ab. Oft wußten seine Freunde am Stammtische nicht einmal, daß er Berlin verlassen hatte, und meinten nur, er habe besonders schwere Fälle. Viel zu tun gab's immer in seiner Praxis. Aber auf die Weise hielt er die Arbeit und die Großstadt aus und behielt die Geduld bei den vielfältigen Klagen seiner Patientinnen. Und das…mehr

Produktbeschreibung
Fritz Erdmannsdörfer ging auf ein paar Tage in den Harz. Er tat das zuweilen, wenn er fühlte, er müsse eine Pause machen, und so etwas fühlte er immer im richtigen Augenblicke. Nun, man war ja ein vernünftiger Mensch. Er benachrichtigte dann einfach seinen Vertreter und reiste ab. Oft wußten seine Freunde am Stammtische nicht einmal, daß er Berlin verlassen hatte, und meinten nur, er habe besonders schwere Fälle. Viel zu tun gab's immer in seiner Praxis. Aber auf die Weise hielt er die Arbeit und die Großstadt aus und behielt die Geduld bei den vielfältigen Klagen seiner Patientinnen. Und das war schließlich die Hauptsache. Ein Arzt für nervöse Frauen darf nicht selbst nervös werden. Nun stieg er am Fuße des Brockens in den Wäldern umher. Dem alten Herrn mit der Nebelkappe hatte er schon am Tage zuvor seinen Besuch abgestattet. Hotel, Verkaufsbuden, Automaten und Plakate, die der Alte gleichgültig, geduldig auf seinem Haupte trägt, wie ein Riese den Narrentand, mit dem törichte Kinder ihn behängen, standen noch verlassen und lächerlich unnötig in dem wilden Frühlingssturme, der droben über die kahlen Höhen gebraust war. Fritz wollte weiterwandern, dem Oberharz zu, drum war er früh aufgebrochen. Der Nebel dampfte aus den Tälern und zog in langen Streifen an den Tannenbergen hin. Die Sonne stand über den Morgendünsten und begann bleich schimmernde Lichtstrahlen in das milchweiße Weben und Wogen hernieder zu senden. Am Rande der noch fahlgrünen Waldwiese blühten in kleinen Gruppen auf hohen Stengeln gelbe Schlüsselblumen.
Autorenporträt
Gabriele Elise Karoline Alexandrine Reuter (* 8. Februar 1859 in Alexandria; ¿ 16. November 1941 in Weimar) war eine deutsche Schriftstellerin. Die zu Lebzeiten vielgelesene Autorin wurde bekannt durch ihren Roman Aus guter Familie (1895), der die ¿Leidensgeschichte eines Mädchens¿ (Untertitel), einer typischen ¿höheren Tochter¿ der Wilhelminischen Ära erzählt. Das Buch verkaufte sich bis 1931 in 28 Auflagen und war der erste Bestseller, den der S. Fischer Verlag in seiner Verlagsgeschichte hatte[1]. Weitere Bestseller waren etwa ihr Roman Ellen von der Weiden (1900), die Novellensammlung Frauenseelen (1901) oder der Roman Der Amerikaner (1907). Heute ist Gabriele Reuter nahezu vergessen.