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Die amerikanische Fotografin Emily Shur zeigt in ihrem Buch Super Extra Natural! eine Sammlung von Bildern, die zwischen 2004 und 2016 in Japan entstanden sind. Ursprünglich als einmaliger Ausflug gedacht, wuchs sich die Grundidee zu einemlangfristigen Werk aus, das mehr als 15 Reisen in verschiedene Landesteile mit sich brachte. Diese Bilder stellen jedoch keine strikte Dokumentation von Orten dar. Sie erkunden unausgesprochene Verbindungen und stehen für einen Gemütszustand der Fotografin, der für sie zu einer ganz eigenen Art von Urlaub geworden war. Anfangs unsicher, was sie immer wieder nach Japan zog, fand Shur dort ihr persönliches Gefühl von Freiheit und Frieden. Sie sagt: »Alles ergab für mich instinktiv einen Sinn. Linien, Formen, Licht und Farben passen zusammen wie eine mathematische Gleichung, diesich visuell zu etwas aufsummiert, das sich für mich immer noch nach einem übernatürlichen High anfühlt.«Emily Shur hat mehrere Preise gewonnen, ihre Arbeit wurde international in Ausstellungen gezeigt. Sie lebt und arbeitet in Los Angeles.
Wenn der Zeichner und Bildhauer Anthony Cragg über Kunst redet, beginnt er bisweilen mit der Frage, wie viele Möglichkeiten es gebe, zwei Punkte miteinander zu verbinden. Und freut sich natürlich, wenn die Antwort "eine" gegeben wird - statt der richtigen: "Unendlich viele!" Das rosafarbene Turngerät am Spielplatz der japanischen Kleinstadt Atami, das die amerikanische Fotografin Emily Shur vor blühenden Bäumen aufgenommen hat, könnte von Anthony Cragg entworfen sein: ein Wirbel aus Metall, mit Bögen, Schleifen und Schlaufen, in etlichen Etagen übereinandergeschichtet und kaum auflösbar ineinander verkordelt, ohne Anfang und ohne Ende, mehr Skulptur als Spielzeug.
In ihrem Bildband "Super Extra Natural!" wird nun ausgerechnet dieses Gestänge so etwas wie ein Wegweiser, ein Leitfaden durch das Buch. Denn die Bilder schlagen eine Richtung ein, die man nicht nachvollziehen kann - und der man dennoch gerne folgt: durch Bögen, Schleifen und Schlaufen über etliche Etagen. Nach einem erklärenden Text sucht man in dem Fotobuch vergebens. Mehr als knappe Ortsangaben zu jeder Aufnahme gibt es nicht. Und jedes Bild bleibt ein Rätsel.
Emily Shur wollte Japan besuchen, ein Mal, wie man ein Land eben besucht. Aber dann reiste sie immer wieder hin, sechzehn Mal insgesamt, weil sich ihr dort Linien, Formen, Licht und Farben visuell addierten. Das passte zusammen wie eine visuelle Gleichung, sagt sie, und habe sich angefühlt wie eine Art "übernatürliches High". Ihre Bilder gleichen Szenen aus einem Traum, die meisten menschenleer, dafür jeder Gegenstand metaphysisch aufgeladen. Anderes ist von surrealer Schönheit: eine Leiter etwa, die sich in den Boden bohrt, oder die Aufnahme eines einsamen Verkehrspolizisten, der dennoch gewissenhaft seine Handzeichen gibt.
"Super Extra Natural!" ist ein verzauberndes Buch. Es führt den Betrachter ebenso durch Japan wie durch das visionäre Bildvokabular einer Künstlerin - weshalb man für einen Moment denkt, es nehme einen auf gleich zwei Reisen mit, doch in Wirklichkeit sind es unendlich viele. (F.L.)
"Super Extra Natural!" vom Emily Shur. Kehrer Verlag, Heidelberg 2017. 256 Seiten, 135 Farbfotografien. Broschiert, 45 Euro.
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