Alan Villiers taucht im Persischen Golf nach Perlen
Mohammed bin Rashid al Maktoum begegnet einem Bewohner der Wüste
Michael Lüders trinkt Kaffee am Dubai Creek
Rauda al-Balushi folgt den Gedanken eines Busfahrers
Wilfried Thesiger raucht Wasserpfeife mit dem Scheich
Mariam Nasser überliefert eine ungewöhnliche Liebesgeschichte
Nasser al-Dhahiri sieht einen Zeitungsverkäufer im Verkehr untergehen
Fatma al-Mazru'i kennt die absolute Stille
Mohammed al-Fahim erinnert sich an ein Abu Dhabi ohne Hochhäuser
Mariam al-Saadi weiß, dass Jung und Alt ihre Wurzeln in unterschiedlichen Welten haben
Ibtisam al-Mu'alla staunt über die alte Frau, die magisch vom Flughafen angezogen wird
Michael Schindhelm projektiert einen Kulturkomplex
Muhammad al-Murr begleitet seinen Onkel nach Indien
Ali Abu al-Reesh scheitert beim Versuch, seine Eindrücke in Worte zu fassen
Dies und vieles mehr über die Emirate ...
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Mohammed bin Rashid al Maktoum begegnet einem Bewohner der Wüste
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Fatma al-Mazru'i kennt die absolute Stille
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Mariam al-Saadi weiß, dass Jung und Alt ihre Wurzeln in unterschiedlichen Welten haben
Ibtisam al-Mu'alla staunt über die alte Frau, die magisch vom Flughafen angezogen wird
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Muhammad al-Murr begleitet seinen Onkel nach Indien
Ali Abu al-Reesh scheitert beim Versuch, seine Eindrücke in Worte zu fassen
Dies und vieles mehr über die Emirate ...
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.11.2011Mit Understatement kommt man am Golf nicht weit
Von selbstbewussten Frauen, kapitalistischer Entfesselung und der Zeit vor dem Öl: drei neue Bücher über die Vereinigten Arabischen Emirate, die in diesen Tagen vierzig Jahre alt werden.
Eine Zeitenwende erfolgt in diesem Jahr in Nordafrika und der Levante, im "alten Arabien" also. Dort ist der Kessel explodiert. Eine überfällige Erneuerung setzt ein, die aus einem langen Stillstand herausführt. Im "neuen Arabien" hatte ein Wandel schon Jahrzehnte früher eingesetzt. Auch in einem Jahr des Umbruchs lohnt sich daher ein Blick auf die Länder der Arabischen Halbinsel, nach Dubai etwa, wo sich am 2. Dezember 1971 sieben Emirate zu den Vereinigten Arabischen Emiraten zusammenschlossen. Sie wurden zu einem Schrittmacher der wirtschaftlichen Entwicklung, aber auch für neue gesellschaftliche Freiheiten in der Region.
Drei neue Bücher stellen den jungen Staat und die umliegende Region aus unterschiedlicher Perspektive vor. Felicia Englmann hat eine flotte und lesenswerte Einführung in den Alltag der Menschen am Golf geschrieben, eine kluge Mischung aus einem Kompendium, das Grundwissen über die Region vermittelt, und einem Knigge, was man im Umgang mit Golfarabern tun und was besser unterlassen sollte. Mit Witz führt sie durch Szenen, an denen keiner vorbeikommt - die Formen von Begrüßungen und die Tücken von Verabredungen, der Small Talk und die Geschäftsessen, ein Besuch in der Moschee und private Treffen. Erfrischend ist, dass sie keinem der gängigen Vorurteile über die Menschen am Golf und ihren Alltag aufsitzt.
Auch beim Thema Islam geht es nicht bierernst, dafür aber erstaunlich zutreffend zu. Wenn die Autorin etwa den Ramadan als "nächtliche Partysaison" erlebt, über die Almosensteuer Zakat als Instrument der Solidarität sinniert und einen Trennstrich zwischen Religiosität und Islamismus zieht. Wissen sollte jeder, der sich in dieser Region bewegt, wie wichtig in dieser Gesellschaft Statussymbole sind und dass britisches Understatement auf jeden Fall auf völliges Unverständnis stößt. Gut zu wissen ist auch, dass die scheinbar gleichen Kopfbedeckungen der Männer ("Ghutra") ebenso Moden unterliegen wie die schwarze Abbaya der Frauen, die auch nicht immer schlicht schwarz sind. Und wissen will ohnehin jeder, was unter diesem Weiß und Schwarz denn getragen wird.
Felicia Englmann räumt mit tiefsitzenden Vorurteilen auf, etwa dass es auf der Arabischen Halbinsel keine Kirchen gebe. Denn das gilt nur für Saudi-Arabien. Überall trifft sie Frauen, und sie lernt sie nicht als unterdrückte Wesen kennen. Von ihnen erfährt sie, dass sie sich vom westlichen Feminismus überfahren und bevormundet fühlen. Stattdessen praktizieren sie einen islamischen Feminismus, fordern ihre Rechte also mit religiösen Argumenten ein, die niemand abschlagen kann. Sie erlebt, dass eine arabische Frau am Golf nicht mehr und nicht weniger eingesperrt, in ihrer Freiheit eingeschränkt oder unterdrückt ist als eine europäische Frau. Und sie beschreibt einen Kapitalismus, der Mobilität vorsieht, Leistung belohnt und ungebremst in die Zukunft eilt. Eine breite Mittelklasse entsteht am Golf, dem Fundamentalismus abgewandt, interessiert aber an Aufstieg und Wohlstand, mit Fleiß, Kontakten und klugem Wirtschaften.
Der Band "Emirate fürs Handgepäck" verfolgt ein anderes Ziel. Das handliche Buch bietet zunächst durch westliche Autoren "Blicke von außen" auf die Vereinigten Arabischen Emirate, dann durch meist junge emiratische Schriftsteller "Bilder von innen". Wilfred Thesiger kommt mit einer gefühlvollen Beschreibung der Schönheit der Wüsten zu Wort, Michael Schindhelm mit dem Scheitern Dubais, der Stadt der maßlosen Geschwindigkeit, bei dem Versuch, europäische Kultur einzutopfen. Schön zu lesen sind auch die dreizehn Geschichten von innen. Einen eindrucksvollen Kontrast zum Luxus der Gegenwart bietet Mohammad al-Fahim, wenn er das Abu Dhabi seiner Kindheit von 1950 beschreibt und das entbehrungsreiche Leben von damals. Mariam al-Saadi erzählt von der Verständnislosigkeit zwischen der alten Generation, die noch immer das einfache Leben sucht, und der jungen, die im Luxus aufwächst.
Sultan bin Muhammad Al-Qasimi, geboren im Jahr 1939, kann sich noch gut an das entbehrungsreiche Leben in der Zeit vor dem Öl erinnern. In seiner Biographie, die mit seiner Berufung zum Emir von Sharjah 1972 endet, wird der Kontrast zum heutigen Reichtum der Emirate deutlich. Im Rückblick auf das armselige Leben vor einem halben Jahrhundert, dem auch ein Mitglied der herrschenden Familie nicht entfliehen konnte, erscheinen die Vereinigten Arabischen Emirate als Erfolgsgeschichte.
Das Leben hatte sich über Jahrhunderte kaum verändert. Das einzige "Schulgebäude" bestand immer noch aus Palmzweigen und Zelten. Dann hielt die Moderne Einzug. Ein Mann aus dem Irak brachte einen Guckkasten in die Stadt, in dem sich Personen bewegten, wenn man an ihm drehte, und alle staunten. Fasziniert beobachtete der Junge, wie zwei Kamele die Stämme von Ghaf-Bäumen zogen, die zum Bau von Booten bestimmt waren. Nun wurden sie auf den Betrieb mit Motoren umgestellt.
Als Sultan bin Muhammad Al-Qasimi im Jahr 1972 Emir wurde, machte er in Sharjah die Bildung zu seiner obersten Priorität, und das Emirat wurde am Golf zum Pionier bei Schulen und Universitäten. Als Schüler aber hatte er noch Lehrer, die Kuweit und Qatar im Zeichen brüderlicher Hilfe in das bitterarme Emirat entsandt hatten. Seine Abschlussprüfung musste er in Kuweit ablegen, und er bestaunte dort die Urbanität des Stadtstaats. Die Lehrer, die er antraf, kamen meist aus dem Libanon und aus Palästina, und sie brachten die Bücher und Ideen des arabischen Nationalismus in ihrem Gepäck mit.
Am interessantesten lesen sich in der Biographie die Kapitel, in denen der heutige Emir beschreibt, wie sich die panarabischen Ideen des Ägypters Nasser an der Golfküste verbreiteten und zur wichtigsten geistigen Strömung unter der damaligen Jugend am Golf wurden. Al-Qasimi schildert Ereignisse und Zusammenhänge, die weitgehend unbekannt sind. Als Großbritannien, Frankreich und Israel im Jahr 1956 Ägypten angriffen, verübte der heutige Staatsmann und Emir drei Brennstoffanschläge gegen die britische Basis in Sharjah. Die Begeisterung für Nasser, die tief in die konservativen Herrscherfamilien hineinreichte, war auch ein Protest gegen die Herrschaft der Briten, die am Golf schalteten und walteten, wie sie wollten. Ein libanesischer Lehrer, den die Schulbehörde Qatar geschickt hatte, machte Al-Qasimi mit den Schriften von Michel Aflaq zur Ideologie der Baath-Partei bekannt. Er saugte alles auf und gab als Zwanzigjähriger eine englische und eine arabische Zeitschrift mit dem Titel "Fortschritt" heraus. Er wurde Mitglied der Baath-Partei, verließ sie wegen deren Kritik an seinem Idol Nasser wieder, wurde dafür von einigen Baathisten mit dem Tod bedroht.
Als Al-Qasimi in Kairo studierte, wandte er sich wegen der penetranten Nachstellungen der ägyptischen Geheimpolizei von Nassers Ideologie ab. Er graduierte zum Agraringenieur, wurde zu Hause Leiter der Büros seines Bruders Khaled, des Emirs von Sharjah, und verfolgte die Verhandlungen zur Gründung der Vereinigten Arabischen Emirate. Sie erfolgte mit dem britischen Rückzug, und am 25. Januar 1972 trat Al-Qasimi die Nachfolge seines Bruders Khaled an, der einer Familienfehde zum Opfer gefallen war. Damit ist Sultan bin Muhammad Al-Qasimi der dienstälteste Emir der Föderation. Mit einem faszinierenden Werdegang in unruhigen Zeiten, den seine Biographie dem Leser nahebringt.
RAINER HERMANN
Felicia Englmann: "Arabersaison". Eine Reise hinter den Schleier der Golfstaaten.
Scoventa Verlag, Bad Vilbel 2011. 271 S., geb., 19,99 [Euro].
Lucien Leitess (Hrsg.): "Emirate fürs Handgepäck - Dubai und Abu Dhabi". Geschichten und Berichte - Ein Kulturkompass.
Unionsverlag, Zürich 2011. 188S., br., 10,90 [Euro].
Sultan Bin Muhammad Al-Qasimi: "Meine frühen Lebensjahre".
Aus dem Englischen von Claudia Riefert. Georg Olms Verlag, Hildesheim 2011. 319 S., geb., 29,80 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Von selbstbewussten Frauen, kapitalistischer Entfesselung und der Zeit vor dem Öl: drei neue Bücher über die Vereinigten Arabischen Emirate, die in diesen Tagen vierzig Jahre alt werden.
Eine Zeitenwende erfolgt in diesem Jahr in Nordafrika und der Levante, im "alten Arabien" also. Dort ist der Kessel explodiert. Eine überfällige Erneuerung setzt ein, die aus einem langen Stillstand herausführt. Im "neuen Arabien" hatte ein Wandel schon Jahrzehnte früher eingesetzt. Auch in einem Jahr des Umbruchs lohnt sich daher ein Blick auf die Länder der Arabischen Halbinsel, nach Dubai etwa, wo sich am 2. Dezember 1971 sieben Emirate zu den Vereinigten Arabischen Emiraten zusammenschlossen. Sie wurden zu einem Schrittmacher der wirtschaftlichen Entwicklung, aber auch für neue gesellschaftliche Freiheiten in der Region.
Drei neue Bücher stellen den jungen Staat und die umliegende Region aus unterschiedlicher Perspektive vor. Felicia Englmann hat eine flotte und lesenswerte Einführung in den Alltag der Menschen am Golf geschrieben, eine kluge Mischung aus einem Kompendium, das Grundwissen über die Region vermittelt, und einem Knigge, was man im Umgang mit Golfarabern tun und was besser unterlassen sollte. Mit Witz führt sie durch Szenen, an denen keiner vorbeikommt - die Formen von Begrüßungen und die Tücken von Verabredungen, der Small Talk und die Geschäftsessen, ein Besuch in der Moschee und private Treffen. Erfrischend ist, dass sie keinem der gängigen Vorurteile über die Menschen am Golf und ihren Alltag aufsitzt.
Auch beim Thema Islam geht es nicht bierernst, dafür aber erstaunlich zutreffend zu. Wenn die Autorin etwa den Ramadan als "nächtliche Partysaison" erlebt, über die Almosensteuer Zakat als Instrument der Solidarität sinniert und einen Trennstrich zwischen Religiosität und Islamismus zieht. Wissen sollte jeder, der sich in dieser Region bewegt, wie wichtig in dieser Gesellschaft Statussymbole sind und dass britisches Understatement auf jeden Fall auf völliges Unverständnis stößt. Gut zu wissen ist auch, dass die scheinbar gleichen Kopfbedeckungen der Männer ("Ghutra") ebenso Moden unterliegen wie die schwarze Abbaya der Frauen, die auch nicht immer schlicht schwarz sind. Und wissen will ohnehin jeder, was unter diesem Weiß und Schwarz denn getragen wird.
Felicia Englmann räumt mit tiefsitzenden Vorurteilen auf, etwa dass es auf der Arabischen Halbinsel keine Kirchen gebe. Denn das gilt nur für Saudi-Arabien. Überall trifft sie Frauen, und sie lernt sie nicht als unterdrückte Wesen kennen. Von ihnen erfährt sie, dass sie sich vom westlichen Feminismus überfahren und bevormundet fühlen. Stattdessen praktizieren sie einen islamischen Feminismus, fordern ihre Rechte also mit religiösen Argumenten ein, die niemand abschlagen kann. Sie erlebt, dass eine arabische Frau am Golf nicht mehr und nicht weniger eingesperrt, in ihrer Freiheit eingeschränkt oder unterdrückt ist als eine europäische Frau. Und sie beschreibt einen Kapitalismus, der Mobilität vorsieht, Leistung belohnt und ungebremst in die Zukunft eilt. Eine breite Mittelklasse entsteht am Golf, dem Fundamentalismus abgewandt, interessiert aber an Aufstieg und Wohlstand, mit Fleiß, Kontakten und klugem Wirtschaften.
Der Band "Emirate fürs Handgepäck" verfolgt ein anderes Ziel. Das handliche Buch bietet zunächst durch westliche Autoren "Blicke von außen" auf die Vereinigten Arabischen Emirate, dann durch meist junge emiratische Schriftsteller "Bilder von innen". Wilfred Thesiger kommt mit einer gefühlvollen Beschreibung der Schönheit der Wüsten zu Wort, Michael Schindhelm mit dem Scheitern Dubais, der Stadt der maßlosen Geschwindigkeit, bei dem Versuch, europäische Kultur einzutopfen. Schön zu lesen sind auch die dreizehn Geschichten von innen. Einen eindrucksvollen Kontrast zum Luxus der Gegenwart bietet Mohammad al-Fahim, wenn er das Abu Dhabi seiner Kindheit von 1950 beschreibt und das entbehrungsreiche Leben von damals. Mariam al-Saadi erzählt von der Verständnislosigkeit zwischen der alten Generation, die noch immer das einfache Leben sucht, und der jungen, die im Luxus aufwächst.
Sultan bin Muhammad Al-Qasimi, geboren im Jahr 1939, kann sich noch gut an das entbehrungsreiche Leben in der Zeit vor dem Öl erinnern. In seiner Biographie, die mit seiner Berufung zum Emir von Sharjah 1972 endet, wird der Kontrast zum heutigen Reichtum der Emirate deutlich. Im Rückblick auf das armselige Leben vor einem halben Jahrhundert, dem auch ein Mitglied der herrschenden Familie nicht entfliehen konnte, erscheinen die Vereinigten Arabischen Emirate als Erfolgsgeschichte.
Das Leben hatte sich über Jahrhunderte kaum verändert. Das einzige "Schulgebäude" bestand immer noch aus Palmzweigen und Zelten. Dann hielt die Moderne Einzug. Ein Mann aus dem Irak brachte einen Guckkasten in die Stadt, in dem sich Personen bewegten, wenn man an ihm drehte, und alle staunten. Fasziniert beobachtete der Junge, wie zwei Kamele die Stämme von Ghaf-Bäumen zogen, die zum Bau von Booten bestimmt waren. Nun wurden sie auf den Betrieb mit Motoren umgestellt.
Als Sultan bin Muhammad Al-Qasimi im Jahr 1972 Emir wurde, machte er in Sharjah die Bildung zu seiner obersten Priorität, und das Emirat wurde am Golf zum Pionier bei Schulen und Universitäten. Als Schüler aber hatte er noch Lehrer, die Kuweit und Qatar im Zeichen brüderlicher Hilfe in das bitterarme Emirat entsandt hatten. Seine Abschlussprüfung musste er in Kuweit ablegen, und er bestaunte dort die Urbanität des Stadtstaats. Die Lehrer, die er antraf, kamen meist aus dem Libanon und aus Palästina, und sie brachten die Bücher und Ideen des arabischen Nationalismus in ihrem Gepäck mit.
Am interessantesten lesen sich in der Biographie die Kapitel, in denen der heutige Emir beschreibt, wie sich die panarabischen Ideen des Ägypters Nasser an der Golfküste verbreiteten und zur wichtigsten geistigen Strömung unter der damaligen Jugend am Golf wurden. Al-Qasimi schildert Ereignisse und Zusammenhänge, die weitgehend unbekannt sind. Als Großbritannien, Frankreich und Israel im Jahr 1956 Ägypten angriffen, verübte der heutige Staatsmann und Emir drei Brennstoffanschläge gegen die britische Basis in Sharjah. Die Begeisterung für Nasser, die tief in die konservativen Herrscherfamilien hineinreichte, war auch ein Protest gegen die Herrschaft der Briten, die am Golf schalteten und walteten, wie sie wollten. Ein libanesischer Lehrer, den die Schulbehörde Qatar geschickt hatte, machte Al-Qasimi mit den Schriften von Michel Aflaq zur Ideologie der Baath-Partei bekannt. Er saugte alles auf und gab als Zwanzigjähriger eine englische und eine arabische Zeitschrift mit dem Titel "Fortschritt" heraus. Er wurde Mitglied der Baath-Partei, verließ sie wegen deren Kritik an seinem Idol Nasser wieder, wurde dafür von einigen Baathisten mit dem Tod bedroht.
Als Al-Qasimi in Kairo studierte, wandte er sich wegen der penetranten Nachstellungen der ägyptischen Geheimpolizei von Nassers Ideologie ab. Er graduierte zum Agraringenieur, wurde zu Hause Leiter der Büros seines Bruders Khaled, des Emirs von Sharjah, und verfolgte die Verhandlungen zur Gründung der Vereinigten Arabischen Emirate. Sie erfolgte mit dem britischen Rückzug, und am 25. Januar 1972 trat Al-Qasimi die Nachfolge seines Bruders Khaled an, der einer Familienfehde zum Opfer gefallen war. Damit ist Sultan bin Muhammad Al-Qasimi der dienstälteste Emir der Föderation. Mit einem faszinierenden Werdegang in unruhigen Zeiten, den seine Biographie dem Leser nahebringt.
RAINER HERMANN
Felicia Englmann: "Arabersaison". Eine Reise hinter den Schleier der Golfstaaten.
Scoventa Verlag, Bad Vilbel 2011. 271 S., geb., 19,99 [Euro].
Lucien Leitess (Hrsg.): "Emirate fürs Handgepäck - Dubai und Abu Dhabi". Geschichten und Berichte - Ein Kulturkompass.
Unionsverlag, Zürich 2011. 188S., br., 10,90 [Euro].
Sultan Bin Muhammad Al-Qasimi: "Meine frühen Lebensjahre".
Aus dem Englischen von Claudia Riefert. Georg Olms Verlag, Hildesheim 2011. 319 S., geb., 29,80 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»Das handliche Buch bietet zunächst durch westliche Autoren 'Blicke von außen' auf die Vereinigten Arabischen Emirate, dann durch meist junge emiratische Schriftsteller 'Bilder von innen'. Einen eindrucksvollen Kontrast zum Luxus der Gegenwart bietet Mohammad al-Fahim, wenn er das Abu Dhabi seiner Kindheit von 1950 beschreibt und das entbehrungsreiche Leben von damals. Mariam al-Saadi erzählt von der Verständnislosigkeit zwischen der alten Generation, die noch immer das einfache Leben sucht, und der jungen, die im Luxus aufwächst.« Rainer Hermann Frankfurter Allgemeine Zeitung