An ihrer Geschichte sind sowohl Medienkonzerne, NGOs und Regierungen als auch private Nutzerinnen und Nutzer und soziale Gruppen beteiligt. Im Spannungsfeld rivalisierender Interessen werden Emojis ideologisch aufgeladen und politisiert. Die einen knüpfen an sie die Hoffnung einer weltweiten Verständigungsform, die anderen fürchten einen Sprach- und Zivilisationsverfall. Mit Fokus auf Möglichkeiten und Grenzen von Emojis in lokalen und globalen Kontexten diskutiert Gala Rebane ihr Zukunftspotenzial als Kommunikationsmittel.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.01.2022Und jetzt noch ein [Emoji]
Gala Rebane widmet sich den omnipräsenten Emojis
Man kann sich vor Emojis kaum noch retten. Mit dem Rückzug ins Homeoffice und der Umstellung von Bürokommunikation auf Chat-Systeme werden Herzchen und zwinkernde Gesichter nur noch reichlicher eingesetzt, um Ironie oder einen Witz in Nachrichten zu markieren. Aber wann begann diese Inflation der Symbole im Schriftgebrauch überhaupt? Die Kulturwissenschaftlerin Gala Rebane hat dem Phänomen ein schmales Bändchen gewidmet, das in der Reihe "Digitale Bildkulturen" des Wagenbach Verlags erschienen ist.
Man erfährt allerlei Anekdoten, etwa dass Sternchen und Herzchen der auf Verniedlichung setzenden Kawaii-Ästhetik entspringen, durch die Japans Nachkriegsgeneration zur kulturellen Profilierung fand, oder dass der japanische Mobilfunkanbieter DoCoMo in den Neunzigerjahren für seine Pager ein Herzsymbol einführte, dies jedoch in einem seriösen Businessmodell unterließ, was zu massiven Umsatzeinbußen führte.
Erwartungsgemäß wird auch der Unterschied zwischen Emoticon (aus Interpunktionszeichen zusammengefügter Gesichtsausdruck) und Emoji (Bild eines Gesichts, das Emotionen vermittelt) erklärt. Und auch die Themen Diversität und Repräsentation nehmen einige der kurzen Kapitel ein, was für die Einordnung als Kulturphänomen nicht mehr viel Platz lässt. Rebane wirft hier nur einige Stichworte zu Roland Barthes' "Mythologies" (Abkopplung der Zeichen von der Realität) und zum "Iconic Turn", der Hinwendung zu einer postskripturalen Gesellschaft, ein. Zu etwas tiefer gehenden Ausführungen ist dann kein Platz mehr.
Wer wissen will, woher die Emojis kommen, wird hier fündig. Wer darüber nachsinnen möchte, warum sich eine Gesellschaft, die vor hundert Jahren ihre Gefühle noch gut in Worten ausdrücken konnte und dafür in Briefen keine Klammergesichter verwenden musste, seit einem Jahrzehnt ohne Herz und Smiley nicht mehr auskommt, findet einige Fakten, die zum Weiterdenken anregen. MARIA WIESNER
Gala Rebane: "Emojis".
Wagenbach Verlag, Berlin 2021. 80 S., Abb., br., 10,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Gala Rebane widmet sich den omnipräsenten Emojis
Man kann sich vor Emojis kaum noch retten. Mit dem Rückzug ins Homeoffice und der Umstellung von Bürokommunikation auf Chat-Systeme werden Herzchen und zwinkernde Gesichter nur noch reichlicher eingesetzt, um Ironie oder einen Witz in Nachrichten zu markieren. Aber wann begann diese Inflation der Symbole im Schriftgebrauch überhaupt? Die Kulturwissenschaftlerin Gala Rebane hat dem Phänomen ein schmales Bändchen gewidmet, das in der Reihe "Digitale Bildkulturen" des Wagenbach Verlags erschienen ist.
Man erfährt allerlei Anekdoten, etwa dass Sternchen und Herzchen der auf Verniedlichung setzenden Kawaii-Ästhetik entspringen, durch die Japans Nachkriegsgeneration zur kulturellen Profilierung fand, oder dass der japanische Mobilfunkanbieter DoCoMo in den Neunzigerjahren für seine Pager ein Herzsymbol einführte, dies jedoch in einem seriösen Businessmodell unterließ, was zu massiven Umsatzeinbußen führte.
Erwartungsgemäß wird auch der Unterschied zwischen Emoticon (aus Interpunktionszeichen zusammengefügter Gesichtsausdruck) und Emoji (Bild eines Gesichts, das Emotionen vermittelt) erklärt. Und auch die Themen Diversität und Repräsentation nehmen einige der kurzen Kapitel ein, was für die Einordnung als Kulturphänomen nicht mehr viel Platz lässt. Rebane wirft hier nur einige Stichworte zu Roland Barthes' "Mythologies" (Abkopplung der Zeichen von der Realität) und zum "Iconic Turn", der Hinwendung zu einer postskripturalen Gesellschaft, ein. Zu etwas tiefer gehenden Ausführungen ist dann kein Platz mehr.
Wer wissen will, woher die Emojis kommen, wird hier fündig. Wer darüber nachsinnen möchte, warum sich eine Gesellschaft, die vor hundert Jahren ihre Gefühle noch gut in Worten ausdrücken konnte und dafür in Briefen keine Klammergesichter verwenden musste, seit einem Jahrzehnt ohne Herz und Smiley nicht mehr auskommt, findet einige Fakten, die zum Weiterdenken anregen. MARIA WIESNER
Gala Rebane: "Emojis".
Wagenbach Verlag, Berlin 2021. 80 S., Abb., br., 10,- Euro.
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