Sophie von La Roches Briefe über Mannheim (1791), bisher kaum erforscht, werden hier im zerklüfteten Feld epistolarer Formen, Zwecke und Themen, zugleich in ihrem autobiographischen, journalistischen und kulturpädagogischen Anspruch sowie in ihrem Entstehungszusammenhang untersucht. Es geht in diesem komplizierten Text der Spätaufklärung zwar auch um bedeutende Persönlichkeiten, Sehenswürdigkeiten und Institutionen Mannheims (wie z. B. das Theater), doch kommen dabei immer wieder alltagsweltliche Fragen der Verhaltenskultur und intellektuellen Orientierung im Zitatengewebe eines europäischen Literaturhorizontes zur Geltung, dies häufig in entschieden weiblicher Sicht. So verdichten sich im Erfahrungsraum der damals überwiegend in Speyer lebenden, durch ihre Romane bald berühmten Verfasserin Gedanken- und Problemfiguren der Popularphilosophie der Epoche. Der vorliegende Beitrag bietet den ersten Versuch, in exemplarischen Analysen und Synopsen die besondere Eigenart dieses in sichaußerordentlich variablen Werkes im weiteren Kontext sichtbar zu machen.