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Die achtzig Bilder von St. Katharinen, als umfangreichster Schatz sakraler Kunst über den Krieg gerettet, seither weitgehend magaziniert und der Öffentlichkeit unzugänglich, stellen ein herausragendes Zeugnis religiösen Schaffens des 17. Jahrhunderts in Frankfurt dar. Die von fünf lokalen Malern, meist nach Vorlagen von Matthäus Merian d. Ä. geschaffenen Gemälde, vereinen in einzigartiger Weise biblische Motive mit barocken Emblemen. Theologisch spiegeln sie das Reformprogramm von Philipp Jakob Spener wider. Mit Lebensbildern der Urheber und Maler, einer erstmaligen Dokumentation und…mehr

Produktbeschreibung
Die achtzig Bilder von St. Katharinen, als umfangreichster Schatz sakraler Kunst über den Krieg gerettet, seither weitgehend magaziniert und der Öffentlichkeit unzugänglich, stellen ein herausragendes Zeugnis religiösen Schaffens des 17. Jahrhunderts in Frankfurt dar. Die von fünf lokalen Malern, meist nach Vorlagen von Matthäus Merian d. Ä. geschaffenen Gemälde, vereinen in einzigartiger Weise biblische Motive mit barocken Emblemen. Theologisch spiegeln sie das Reformprogramm von Philipp Jakob Spener wider. Mit Lebensbildern der Urheber und Maler, einer erstmaligen Dokumentation und Interpretation aller Bilder, liegt ein Werk vor, das einen bedeutenden Beitrag zur Frankfurter Kunst- und Kirchengeschichte darstellt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2007

Der verborgene Bilderschatz

80 Gemälde aus Sankt Katharinen, vor Jahren für 120 000 Mark restauriert, bleiben der Öffentlichkeit vorenthalten. Niemand will die Bilder aufhängen - obwohl sie echte Kleinodien sind.

Von Hans Riebsamen

Ein Schatz schlummert in einem Depot des Evangelischen Regionalverbandes. Ein Bilderschatz, den Goethe einst studiert hat, wenn die Predigt des Pastors mal wieder wenig aufregend war. 80 Gemälde aus Sankt Katharinen, die einst in zwei Zyklen die Empore dieser Kirche schmückten. Sie illustrieren die Bücher der Heiligen Schrift, bilden sozusagen eine aufgeschlagene Bibel fürs Kirchenvolk. Bildeten, muss man sagen. Denn 1943, als Frankfurt mit Luftangriffen rechnete, haben Mitarbeiter des Stadtbauamtes die Bilder abgenommen und vermutlich ins Dominikanerkloster verfrachtet. 1945 kamen sie, dies ist historisch gesichert, ins Karmeliterkloster.

Dort lagen sie viele Jahre, dem Vergessen und Zerbröckeln anheimgegeben - bis Pfarrer Joachim Proescholdt sie entdeckt hat. Genauer gesagt: Der damalige Stadtarchivar Wolfgang Klötzer ist auf die Gemälde gestoßen und hat Proescholdt, dem Pfarrer von Sankt Katharinen, davon Nachricht gegeben. "Ich war entsetzt über den Zustand der Gemälde", erinnert sich der mittlerweile pensionierte Geistliche. Er kannte die Zyklen nämlich aus seiner Jugendzeit. Im Kindergottesdienst hatte er wie weiland Goethe immer zur Empore geblickt und die Bilder bewundert. Deshalb hat sich Proescholdt, nachdem er die Gemälde in ihrem elendigen Zustand gesehen hatte, das Ziel gesetzt, diesen Schatz zu retten.

Und er hat ihn gerettet. Im Verein mit Klötzer und dem früheren Stadtkämmerer Ernst Gerhardt. Um die 120 000 Mark haben die Säuberung und die Restaurierung der Gemälde gekostet, Stadt und Evangelischer Regionalverband haben sich die Kosten geteilt. Doch dann hat sich herausgestellt, dass niemand die beiden Zyklen haben wollte. Die Katharinengemeinde lehnte es ab, die Bilder wieder aufzuhängen. Am alten Platz wäre es ohnehin nicht möglich gewesen, die Empore wurde beim Wiederaufbau nach dem Krieg nicht rekonstruiert. Jetzt schlummert der Schatz, wie gesagt, im Depot.

Und das macht die oberste Archivarin der Stadt traurig. Evelyn Brockhoff, Leiterin des Instituts für Stadtgeschichte, kann es einfach nicht fassen, dass die 80 Bilder vor der Öffentlichkeit versteckt werden. Da baue man, um dem Wunsch in der Bevölkerung nach historischen Rekonstruktionen zu entsprechen, die Altstadt teilweise wieder auf. Und hier besitze man einen originalen Schatz und widme ihm keine Aufmerksamkeit. Unterstützung bekommt sie von Altkämmerer Gerhardt: "Die Bilder gehören in die Katharinenkirche", sagt er. Als Katholik hat er gut reden, denn in seiner Kirche würde ein Machtwort des Pfarrers oder zumindest des Bischofs genügen. In der evangelischen Kirche dagegen geht es demokratisch zu, das hat Pfarrer Proescholdt damals erfahren müssen, als sein Wunsch nach einer Rückkehr der Bilder abgelehnt wurde.

Immerhin sind die Gemälde vor anderthalb Jahren einmal in einer Ausstellung in Sankt Katharinen gezeigt worden. Acht Werke von 80 hängen mittlerweile wieder in dieser Frankfurter Traditionskirche, die als Dotationskirche der Stadt Frankfurt gehört. Doch die Gemeinde dazu zwingen, die Werke an ihrem Ursprungsort zu präsentieren, kann und möchte die Stadtregierung nicht. Ohnehin würden nach Einschätzung Proescholdts nur 40 Bilder Platz finden. Deshalb gab es Überlegungen, einen Teil der Gemälde in der Heilig-Geist-Kirche neben dem Dominikanerkloster und in der Weißfrauenkirche auf Dauer aufzuhängen, doch auch dort lehnten dies die Gemeinden ab.

Vielleicht ändern die Gremienvertreter ihre Meinung ja, wenn sie sich die Bilder einmal in Ruhe anschauen - im Buch "Emporenmalerei aus St. Katharinen", das Pfarrer Proescholdt jetzt im Verlag Waldemar Kramer herausgebracht hat. Der Untertitel "Ein Frankfurter Kleinod" bestätigt sich in diesem Band, der alle 80 noch vorhandenen Gemälde abbildet und interpretiert, aufs schönste. Die Maler dieser Bilder - Hermann Boss, Heinrich Furck, Johann Valentin Grambs, Christoph Metzger und Daniel Thielen - sind zwar keine Heroen der abendländischen Kunst, aber ordentliche Handwerker, die häufig nach Kupferstich-Vorlagen aus der "Merianbibel" einen christlichen Bilder-Kosmos geschaffen haben. Der geistige Vater des theologischen Programms, das sich in den beiden Zyklen niederschlägt, dürfte, dies hat Proescholdt herausgefunden, allerdings der Frankfurter Reformator Philipp Jakob Spener, der "Vater des Pietismus", gewesen sein. Spener war entscheidend an der Ausgestaltung des Neubaus von Sankt Katharinen beteiligt, der am 20. Februar 1681 geweiht wurde.

Erzwingen kann Stadtarchivarin Brockhoff die Zurschaustellung des Schatzes nicht. Sie kann nur dafür werben - und tut dies auch in gewisser Weise mit Proescholdts Buch. Denn Brockhoff hat die Veröffentlichung ermöglicht, indem sie den Band in die Reihe "Studien zur Frankfurter Geschichte" aufgenommen hat, die von der Gesellschaft für Frankfurter Geschichte und der Frankfurter Historischen Kommission herausgegeben wird. Die traditionsreiche Reihe hat jetzt ein neues Gesicht bekommen, die Gestaltung des Umschlags ist so frisch wie der Elan Brockhoffs.

Joachim Proescholdt: "Emporenmalerei aus St. Katharinen. Ein Frankfurter Kleinod". Waldemar Kramer Verlag, 34,80 Euro

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