Ein jugendlicher Scharfschütze, der aus großer Entfernung das Leben seines Opfers auslöschen kann, aber verzweifelt nach einer Möglichkeit sucht, das bezaubernde Mädchen direkt vor seiner Nase anzusprechen. Ein ehemaliger Polizist, der endlich ein Leben ohne Gewalt führen will, aber als Mitarbeiter des städtischen Zoos gezwungen ist, regelmäßig überzählige Tiere zu töten. Ein melancholischer Student, der einen Bus mit übermütigen Krebspatientinnen in eine entlegene Bar fährt und sich von der wilden Entschlossenheit der Frauen, das Leben bis zum Äußersten auszuschöpfen, anstecken lässt. Der Besitzer eines Ladens für kugelsichere Westen, der sich über starke Konkurrenz beklagt, weil das Geschäft so lukrativ geworden ist ... Adam Johnsons Figuren sind Sinnsuchende in einem gefährlichen und zutiefst verstörenden Umfeld, wobei sie dem, was das Leben heutzutage ausmacht, ganz nahe kommen. In einer eigentümlichen Mischung aus Provokation und Melancholie spielt Johnson mit den Fallstricken unserer postmodernen Gesellschaft, indem er uns einen absurd-genialen Zerrspiegel der Wirklichkeit vor Augen hält.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.11.2010Zu den Waffen, Autor!
In Zeiten, in denen manche Bücher weltweit nahezu simultan erscheinen, muss man fast schon von einer Ausgrabung sprechen, wenn die Verlagsbuchhandlung Liebeskind Adam Johnsons Erzähldebüt aus dem Jahr 2002 auf Deutsch anbietet. Es handelt sich dabei um neun Kurzgeschichten, die zuerst in Magazinen wie "The Paris Review", "Harper's Magazine" und "Esquire" erschienen sind. Der 1967 in South Dakota geborene Autor schreibt hauptsächlich über junge Leute, die auf ganz unterschiedliche Weise die Dimension des Hier und Jetzt überschreiten. Wie der fünfzehnjährige Polizeischarfschütze Tim, der bereit ist, in Palo Alto mit dem Zielfernrohr alle Mächte, die das Silicon Valley bedrohen, auszuschalten, aber nicht in der Lage ist, ein Mädchen, in das er sich verguckt hat, anzusprechen. Oder die sechzehnjährige Auddie, die unter dem militanten Gehabe ihres Vaters leidet und sich zu einem außergewöhnlichen Schritt entschließt. Durchgängige Motive von Johnsons sich zwischen Melancholie und Kälte bewegenden Geschichten sind Schusswaffen, chemische Prozesse, die militärische Infrastruktur. Es wimmelt geradezu vor "Platinzündkerzen", "Kruger Mark VI"-Gewehren und "Düsenjetkugellagern". Die Betonung technischer Details entspricht sicher nicht jedermanns literarischem Empfinden, doch selbst auf überzeugte Pazifisten werden diese Storys dank ihrer überbordenden Phantasie und überraschenden Wendungen einen gehörigen Reiz ausüben. (Adam Johnson: "Emporium". Storys. Aus dem Englischen von Peter Torberg. Liebeskind, München 2010. 288 S., geb., 18,90 [Euro].) reh
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In Zeiten, in denen manche Bücher weltweit nahezu simultan erscheinen, muss man fast schon von einer Ausgrabung sprechen, wenn die Verlagsbuchhandlung Liebeskind Adam Johnsons Erzähldebüt aus dem Jahr 2002 auf Deutsch anbietet. Es handelt sich dabei um neun Kurzgeschichten, die zuerst in Magazinen wie "The Paris Review", "Harper's Magazine" und "Esquire" erschienen sind. Der 1967 in South Dakota geborene Autor schreibt hauptsächlich über junge Leute, die auf ganz unterschiedliche Weise die Dimension des Hier und Jetzt überschreiten. Wie der fünfzehnjährige Polizeischarfschütze Tim, der bereit ist, in Palo Alto mit dem Zielfernrohr alle Mächte, die das Silicon Valley bedrohen, auszuschalten, aber nicht in der Lage ist, ein Mädchen, in das er sich verguckt hat, anzusprechen. Oder die sechzehnjährige Auddie, die unter dem militanten Gehabe ihres Vaters leidet und sich zu einem außergewöhnlichen Schritt entschließt. Durchgängige Motive von Johnsons sich zwischen Melancholie und Kälte bewegenden Geschichten sind Schusswaffen, chemische Prozesse, die militärische Infrastruktur. Es wimmelt geradezu vor "Platinzündkerzen", "Kruger Mark VI"-Gewehren und "Düsenjetkugellagern". Die Betonung technischer Details entspricht sicher nicht jedermanns literarischem Empfinden, doch selbst auf überzeugte Pazifisten werden diese Storys dank ihrer überbordenden Phantasie und überraschenden Wendungen einen gehörigen Reiz ausüben. (Adam Johnson: "Emporium". Storys. Aus dem Englischen von Peter Torberg. Liebeskind, München 2010. 288 S., geb., 18,90 [Euro].) reh
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Rezensent Tilman Urbach ist recht beschwingt - so beschwingt, dass er sich in seiner kurzen Kritik zu recht viel Nacherzählung hinreißen lässt. Die absurden Szenarien von jungen Scharfschützen, Läden, die mit schusssicheren Westen (auch fürs Baby) handeln, leeren Parkplätzen vor Supermärkten und sympathisch liebestolpatschigen Akteuren kommen einem seltsam vertraut vor - klingt fast wie ein Film von den Coen-Brüdern, möchte man sagen. Der Autor, so Urbach, lehrt Creative Writing an der Stanford University. Und er hat unseren Rezensenten spürbar gut unterhalten!
© Perlentaucher Medien GmbH
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