Am 20. Juni 1991 beschloss der Bundestag in Bonn, dass Berlin - neben der Funktion als deutscher Hauptstadt - auch Sitz von Parlament und Regierung sein sollte. Die mit knapper, aber eindeutiger Mehrheit getroffene Entscheidung ist auch eine Folge der deutschen Wiedervereinigung am Ende des Kalten Krieges. Der Umzug des Politikbetriebs vom westlichen an den östlichen Rand des Landes erfolgte zudem inmitten sich beschleunigender Veränderungsprozesse in Politik, Gesellschaft, Kultur und Medien. Dabei wurde das Selbstbild der Deutschen neu verhandelt - metaphorisch repräsentiert durch die Ortsnamen »Bonn« und »Berlin«. Dieses Buch rekonstruiert die Entscheidungsfindung im Parlament. Es reflektiert den Prozess des Übergangs im Lichte zeitgenössischer ästhetischer und intellektueller Diskurse. Und es analysiert sowohl Erinnerungen als auch literarische Repräsentationen der »Bonner Republik«, die dieser Zeit und diesem Raum bis heute Gestalt geben. In der Summe entsteht ein facettenreiches Bild der Bundesrepublik kurz nach der Wiedervereinigung - mit der Frage: Was war und was bleibt von Bonn?
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Zur Frage, inwieweit in der "Berliner Republik" noch viel "Bonner Republik" steckt, findet Rezensent Reiner Burger zwar keine eingehende Betrachtung in dem von Gertrude Cepl-Kaufmann, Dominik Geppert, Jasmin Grande und Benedikt Wintgens herausgegebenen Band, dafür erfährt er eine Menge über das Abstimmungsverhalten der Parlamentarier für bzw. gegen den Umzug von Bonn nach Berlin oder auch zur Topologie der Bonner Republik (Jasmin Grande), zu Schäubles diplomatischer Vorarbeit pro Berlin und vieles mehr. Der aus zwei Fachtagungen hervorgegangene Sammelband lehrt Burger eines ganz sicher: Ohne Bonn lässt sich Berlin nicht begreifen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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