Die Lage scheint klar: Die Übernutzung der Natur gefährdet das Überleben der Menschheit. Das Problem ist nur: Über die Rettung der Welt (oder ihre Zerstörung) wird vor allem ökonomisch, kulturell und politisch entschieden, nicht naturwissenschaftlich. Ob und vor was die Welt gerettet werden soll, ist auch Interpretationssache. Das wird in Debatten über Zukunftsfähigkeit und nachhaltige Entwicklung oft übersehen. Vor diesem Hintergrund lässt sich das Buch auf viele Themen ein: Wachstum, Innovation, Glaubwürdigkeit, Effizienz, Glück, Knappheit, Partizipation, Gender, Klima, Humor, Ressourcen, Entschleunigung, Politik, Kunst, Nachhaltigkeitsforschung, unternehmerische Verantwortung, Rituale, Sprache, Verschwendung, Lebensstile, Reziprozität.
Der Text nimmt die Nachhaltigkeit in ihrer Allzuständigkeit also beim Wort. Ergebnis: Die fehlende Trennschärfe dieses Begriffs und die Kontingenz des Wissens über die Welt legen einen ironischen Zugang nahe. Um in Auseinandersetzungen über gesellschaftliche Entwicklungen überhaupt sinnvoll Position beziehen zu können, ist Ironie unerlässlich: Nur ironisch lässt sich das Wissen um Kontingenz mit Meinung und Engagement verbinden. Mit dieser Einstellung kann man die Rettung der Welt in neuem Licht sehen und Autoren befragen, deren Beiträge die Debatte über nachhaltige Entwicklungen neu befeuern können. Zum Beispiel: Agamben, Bataille, Freud, Heilbroner, Jullien, Keynes, Lennon/McCartney, Luhmann, Mauss, Rorty, Sahlins, Schumpeter, Sombart, Veblen. Mit Hilfe dieser Denker lässt sich Einiges wegräumen.
Was dann in Sicht gerät, ist Vieles und nicht zuletzt dieses: Der naive Glaube an Effizienz ist ein wesentliches Hindernis auf der Suche nach menschen- und umweltgerechten Entwicklungen. Die Rettung der Welt erfordert deshalb in dreifacher Weise Großzügigkeit: als Überwindung von Effizienzverbissenheit, als Zulassen von Verschwendung und als Ächtung von Geiz. Großzügigkeit erweist sich als Kardinaltugend, und zwar sowohl im Hinblick auf den Umgang mit der Natur als auch im gesellschaftlichen Miteinander. Der moderne Wettlauf zwischen Knappheit und Wachstum, zwischen Mangelerfahrung und Expansion, kennt keine Ziellinie und das führt in einer endlichen Welt zu Zerstörung. Diese Situation verlangt eine Auseinandersetzung mit der eigenen Endlichkeit, die das Rennen zwischen Mangel und Mehr wesentlich antreibt: Eine Gesellschaft, die in einer endlichen Welt gegenwarts- und zukunftsfähig sein will, muss endlich im Endlichen ankommen.
Der Text nimmt die Nachhaltigkeit in ihrer Allzuständigkeit also beim Wort. Ergebnis: Die fehlende Trennschärfe dieses Begriffs und die Kontingenz des Wissens über die Welt legen einen ironischen Zugang nahe. Um in Auseinandersetzungen über gesellschaftliche Entwicklungen überhaupt sinnvoll Position beziehen zu können, ist Ironie unerlässlich: Nur ironisch lässt sich das Wissen um Kontingenz mit Meinung und Engagement verbinden. Mit dieser Einstellung kann man die Rettung der Welt in neuem Licht sehen und Autoren befragen, deren Beiträge die Debatte über nachhaltige Entwicklungen neu befeuern können. Zum Beispiel: Agamben, Bataille, Freud, Heilbroner, Jullien, Keynes, Lennon/McCartney, Luhmann, Mauss, Rorty, Sahlins, Schumpeter, Sombart, Veblen. Mit Hilfe dieser Denker lässt sich Einiges wegräumen.
Was dann in Sicht gerät, ist Vieles und nicht zuletzt dieses: Der naive Glaube an Effizienz ist ein wesentliches Hindernis auf der Suche nach menschen- und umweltgerechten Entwicklungen. Die Rettung der Welt erfordert deshalb in dreifacher Weise Großzügigkeit: als Überwindung von Effizienzverbissenheit, als Zulassen von Verschwendung und als Ächtung von Geiz. Großzügigkeit erweist sich als Kardinaltugend, und zwar sowohl im Hinblick auf den Umgang mit der Natur als auch im gesellschaftlichen Miteinander. Der moderne Wettlauf zwischen Knappheit und Wachstum, zwischen Mangelerfahrung und Expansion, kennt keine Ziellinie und das führt in einer endlichen Welt zu Zerstörung. Diese Situation verlangt eine Auseinandersetzung mit der eigenen Endlichkeit, die das Rennen zwischen Mangel und Mehr wesentlich antreibt: Eine Gesellschaft, die in einer endlichen Welt gegenwarts- und zukunftsfähig sein will, muss endlich im Endlichen ankommen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.09.2010Gerettete Welt
Endlich im Endlichen angelangt ist man für Fred Luks, den verspäteten, aber noch gerade rechtzeitigen Vordenker der Ökologischen Ökonomie dann, wenn man Georges Bataille als Gewährsmann einer "souveränen Nachhaltigkeit" entdeckt. Demnach gibt es - gegen den in der Ökonomie favorisierten Effizienz-Begriff - kein gutes Leben ohne Verschwendung, wobei es darauf ankäme, für den nichtinstrumentellen Charakter dieser Verschwendung einzutreten. "So wie Yoga entschleunigend Bedingungen für Beschleunigung schafft", schreibt Luks, "dient das Unproduktive nach herrschender Auffassung dem Produktiven. Erholung, Ruhe und Urlaub zur Reproduktion der Arbeitskraft - banaler: leben, um zu arbeiten. Darin liegt ein Problem." Luks geht es darum, ein nicht-utilitaristisches Denken für die Nachhaltigkeit zum Einsatz zu bringen. "Das ist", so sieht er ein, "eine offensichtlich paradoxe Formulierung: Wenn etwas für etwas zum Einsatz kommt, haben wir es mit einer Ziel-Mittel-Logik und also mit Nützlichkeitserwägungen zu tun. Diese Spannung hat jede Nachhaltigkeitsinterpretation auszuhalten, die Bataille ernst zu nehmen versucht." Das Buch lässt sich in seiner gnadenlosen Kautelenverliebtheit als Satire aufs lineare Denken lesen. Es enthält ein höchst anregendes Lob für Ironie und Großzügigkeit als den Tugenden zur Rettung der Welt. (Fred Luks: "Endlich im Endlichen". Oder: Warum die Rettung der Welt Ironie und Großzügigkeit erfordert. Metropolis Verlag, Marburg 2010. 271 S., br., 16,- [Euro].) gey
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Endlich im Endlichen angelangt ist man für Fred Luks, den verspäteten, aber noch gerade rechtzeitigen Vordenker der Ökologischen Ökonomie dann, wenn man Georges Bataille als Gewährsmann einer "souveränen Nachhaltigkeit" entdeckt. Demnach gibt es - gegen den in der Ökonomie favorisierten Effizienz-Begriff - kein gutes Leben ohne Verschwendung, wobei es darauf ankäme, für den nichtinstrumentellen Charakter dieser Verschwendung einzutreten. "So wie Yoga entschleunigend Bedingungen für Beschleunigung schafft", schreibt Luks, "dient das Unproduktive nach herrschender Auffassung dem Produktiven. Erholung, Ruhe und Urlaub zur Reproduktion der Arbeitskraft - banaler: leben, um zu arbeiten. Darin liegt ein Problem." Luks geht es darum, ein nicht-utilitaristisches Denken für die Nachhaltigkeit zum Einsatz zu bringen. "Das ist", so sieht er ein, "eine offensichtlich paradoxe Formulierung: Wenn etwas für etwas zum Einsatz kommt, haben wir es mit einer Ziel-Mittel-Logik und also mit Nützlichkeitserwägungen zu tun. Diese Spannung hat jede Nachhaltigkeitsinterpretation auszuhalten, die Bataille ernst zu nehmen versucht." Das Buch lässt sich in seiner gnadenlosen Kautelenverliebtheit als Satire aufs lineare Denken lesen. Es enthält ein höchst anregendes Lob für Ironie und Großzügigkeit als den Tugenden zur Rettung der Welt. (Fred Luks: "Endlich im Endlichen". Oder: Warum die Rettung der Welt Ironie und Großzügigkeit erfordert. Metropolis Verlag, Marburg 2010. 271 S., br., 16,- [Euro].) gey
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