Als ab Herbst 1989 die DDR langsam verschwand - sowohl institutionell als auch in der gesellschaftlichen Wahrnehmung - reiste Cordia Schlegelmilch in den Osten, um eine von der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur unterstützte soziologische und fotografische Langzeitstudie zu beginnen. Insbesondere im Spätsommer 1990 fuhr sie durch die DDR auf der Suche nach einem geeigneten Studienort, den sie schließlich in Wurzen fand.Schlegelmilch, lange Zeit Mitarbeiterin am Wissenschaftszentrum für Sozialforschung in West-Berlin, hielt auf diesen Touren ihre Eindrücke fotografisch fest. Ihre Aufnahmen dokumentieren eine Welt in Auflösung. Es sind Zeugnisse des auch mit staatlichen Neubaumaßnahmen nicht aufzuhaltenden Verfalls der Städte wie der politischen Auseinandersetzung mit den alten Eliten. Andere Fotografien zeigen die DDR-typische Schaufenstertristesse sowie sozialistische Plakatpropaganda, die nun von den grellen Werbeplakaten und dem beginnenden Konsum westlicher Produkte abgelöst wurden.Der Farbbildband, ergänzt mit kurzen Texten Schlegelmilchs zu den damaligen Reisen, ermöglicht einen unverfälschten Blick in eine Zeit des Umbruchs, in der anstelle heutiger deutsch-deutscher Ressentiments die Hoffnung auf eine baldige Wiedervereinigung und bessere Zukunft stand.