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Der Energiereport IV prognostiziert die energiewirtschaftliche Entwicklung in Deutschland bis 2030. Er verknüpft langfristige Entwicklungstrends von Bevölkerung, Wirtschaft, Technik und Umwelt und berücksichtigt grundlegende energiepolitische Weichenstellungen, die im Prognosezeitraum wirksam oder wahrscheinlich sind. Schwerpunkte der Untersuchung sind: Weltweite Energieentwicklung, Ressourcenverfügbarkeit, Strukturelle Veränderungen und technischer Fortschritt im Elektrizitätssektor, Entwicklung der Importpreise und Verbraucherpreise für Energie, Energieausgaben der Volkswirtschaft. Die…mehr

Produktbeschreibung
Der Energiereport IV prognostiziert die energiewirtschaftliche Entwicklung in Deutschland bis 2030. Er verknüpft langfristige Entwicklungstrends von Bevölkerung, Wirtschaft, Technik und Umwelt und berücksichtigt grundlegende energiepolitische Weichenstellungen, die im Prognosezeitraum wirksam oder wahrscheinlich sind. Schwerpunkte der Untersuchung sind: Weltweite Energieentwicklung, Ressourcenverfügbarkeit, Strukturelle Veränderungen und technischer Fortschritt im Elektrizitätssektor, Entwicklung der Importpreise und Verbraucherpreise für Energie, Energieausgaben der Volkswirtschaft. Die Prognose zeigt im einzelnen die Entwicklung bis 2030 für Primärenergieverbrauch, Endenergieverbrauch nach Verbrauchssektoren und Energieträgern, Wärmeverbrauch der Sektoren, Treibstoffverbrauch des Verkehrs, Stromverbrauch, Struktur der Stromerzeugung, Wachstum der erneuerbaren Energien, Energiebedingte Emissionen. Die Referenzprognose zeigt aufkommende Problemlagen und Herausforderungen für die Politik und die Unternehmen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.12.2005

Im Strudel der Knappheit
Neuerungen im Energiereport für das Wirtschaftsministerium

Die jüngste Aktualisierung der traditionsreichen Energieprognose für Deutschland liegt vor - diesmal mit dem Anspruch einer "Referenzprognose". Es werden nicht mehr verschiedene mögliche Versionen einer künftigen Entwicklung angegeben, sondern die wahrscheinliche Zukunft. Bis in die frühen achtziger Jahre hinein war es üblich, daß ein umfassendes Konsortium der wissenschaftlichen Institute die Prognose für das Bundeswirtschaftsministerium im Konsens erstellte, in Abstimmung mit allen Beteiligten und Betroffenen - Zeichen des "rheinischen Kapitalismus" in der Energiewirtschaft. Für dieses Verfahren sprach immerhin die Kantsche Einsicht, daß die Zukunft zumindest in dem Maße sicherer vorherzusagen ist, wie man sie selbst produziert. Später dann wurde die Energieprognose über fast zwei Jahrzehnte regelmäßig unter der Federführung der Schweizer Prognos AG für das Bundeswirtschaftsministerium vorgelegt.

Der Sinn der Referenzprognose, die den natürlichen Lauf der Dinge abbilden soll, besteht darin, die Erwartungsbildung der Marktakteure zu lenken - oder sie zu selbsterarbeiteten Positionen zu veranlassen. Diesmal hat das Kölner Energiewirtschaftliche Institut den Zuschlag erhalten, mit Prognos im Beiboot. Der Wechsel hat dazu geführt, daß der Bericht diesmal eine vielversprechende Neuerung enthält: eine "Wertbilanz". Darin wird die physische Energiebilanz prismatisch gespiegelt. Nun zeigt sich, wie sich der Wert der Energie im Endverbrauch auf Wertschöpfungsstufen und Abschöpfungselemente verteilt - zu zwei Zeitpunkten, in der Gegenwart sowie im Jahr 2030.

In der Gegenwart zahlen die Mitglieder der deutschen Volkswirtschaft jährlich knapp 130 Milliarden Euro für die Endenergie, die sie schließlich verbrauchen. Dieser Betrag fällt auf drei Wertschöpfungsstufen an: 27 Milliarden Euro werden für Primärenergie aufgewendet, die im Fall Deutschlands weitgehend aus dem Ausland bezogen wird; 48 Milliarden Euro für die Veredelungsschritte Umwandlung, Transport, Verteilung und Speicherung sowie Frequenzhaltung, die weitgehend inländisch erbracht werden; 54 Milliarden Euro - und damit der größte Anteil - für Steuern und Abgaben. Die Anteile der drei Stufen liegen derzeit bei 20:40:40.

In Zukunft, so geben die Autoren der Prognose zu erwarten, werden die Ausgaben für Energie inflationsbereinigt um 17 Prozent steigen, auf knappe 150 Milliarden Euro - und das bei einem Rückgang des physischen Energieverbrauchs um 16 Prozent. Das Wertbild in Zukunft wird jedoch völlig anders aussehen als bisher. Die Autoren rechnen mit einer auffälligen Verschiebung: Der Wertschöpfungsbeitrag der Primärenergie steigt, die inländischen (Steuer-)Abschöpfungen sinken. Statt 20:40:40 werde es im Jahr 2030 etwa 37:28:27 heißen. Restliche 8 Punkte fehlen da noch. Wie kommen sie zustande?

Wie die Autoren prognostizieren, steigt der Wert der Primärenergie auf 54 Milliarden Euro, er verdoppelt sich. Je Kopf der Bevölkerung liegt der Anstiegsfaktor sogar noch höher, bei 2,5. Das bedeutet eine deutlich höhere Anforderung an die Zahlungsbilanz der deutschen Volkswirtschaft für die Deckung ihres Energiebedarfs als bisher. Die Wertschöpfung aus der Veredelung und Feinverteilung von Energie, die weitgehend binnenländisch vorgenommen wird, nimmt ab, wenig indes. Drastisch geht die Abschöpfung aus Steuern und Abgaben zurück, um 14 Milliarden Euro auf 40 Milliarden Euro - das entspricht den genannten 27 Prozentpunkten.

Ölmarktpolitisch gesehen, bedeutet diese drastische Verschiebung, daß der Energieverbraucher- und Energieimportstaat Deutschland im Wettlauf um Anteile an der Knappheitsrente von fossilen Kohlenwasserstoffen deutlich zurücksteckt gegenüber den Ansprüchen der Produzentenländer. Der Rückgang der steuerlichen Energieabgaben hat seinen Grund im Verkehr. Der spezifische Kraftstoffverbrauch von Fahrzeugen sinkt; steuerlich begünstigte Treibstoffe aus Biomasse tragen erheblich bei. Die fiskalische Konsequenz dieser beiden Tendenzen ist es, was in der Energiewertbilanz offen ausgewiesen wird.

Mit dieser Wertbilanz, die auf der energiewirtschaftlichen Sitte aufsetzt, mindestens 30 Jahre vorauszuplanen, findet ein Lichtstrahl der Rationalität Eingang in die Finanzplanung. Erstmals wird ein Ausschnitt einer mittelfristigen Steuerstrukturbilanz sichtbar. Politische Reaktionen sind programmiert; eine ist in der lesenswerten Prognose vorweggenommen: Die Autoren rechnen damit, daß der Rückgang an Abgaben im Sinne der Finanzverfassung durch Zuflüsse aus einem Kohlendioxydzuschlag ausgeglichen wird - und dieser trage die restlichen 8 Prozentpunkte bei. Der Zuschlag ist nicht als Abschöpfung der Knappheitsrente fossiler Energieträger konzipiert, sondern als Knappheitsrente der Aufnahmekapazität der Atmosphäre für Abfallprodukte aus der Verbrennung fossiler Energieträger. 2030 sollen aus dieser Abschöpfung von Kohlendioxid-Emissionsrechten 11 Milliarden Euro fließen. Zugleich wird ein Rückgang der Kohlendioxid-Emissionen auf 717 Megatonnen erwartet. 11 Milliarden Euro entsprechen somit einem spezifischen Kohlendioxyd-Zuschlag von rund 15 Euro je Tonne. Die Autoren geben so zu erwarten, daß der Staat die Emissionsrechte künftig weniger großzügig und vollständig zu Marktpreisen vergeben wird. Nicht berücksichtigt ist bei der Wertangabe von 15 Euro je Tonne exakt jene Lehre, die sich bei der Prognose des Primärenergiewerts im kräftigen Anstieg des Aufwands ausdrückt: Die Durchschnittspreise nichtvermehrbarer Güter richten sich nach deren Grenzkosten, so ungerecht man damit verbundene leistungslose Einkommen auch finden mag. Das ist das Gesetz des Marktes.

JOCHEN LUHMANN.

Energiewirtschaftliches Institut an der Universität zu Köln (Herausgeber): Energiereport IV. Die Entwicklung der Energiemärkte bis zum Jahr 2030. Energiewirtschaftliche Referenzprognose. Vulkan-Verlag, München 2005, 501 Seiten, 100 Euro.

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Eine "vielversprechende Neuerung" findet Rezensent Jochen Luhmann im aktuellen Energiereport des Energiewirtschaftlichen Instituts der Universität Köln. Erstmals bietet das Prognosewerk, das die Entwicklung der Energiemärkte bis zum Jahr 2030 aufzeigen will, eine "Wertbilanz", die die physische Energiebilanz prismatisch spiegelt. Nun zeige sich, wie sich der Wert der Energie im Endverbrauch auf Wertschöpfungsstufen und Abschöpfungselemente verteilt - zu zwei Zeitpunkten in der Gegenwart sowie im Jahr 2030. Mit dieser Wertbilanz findet nach Ansicht Luhmanns ein "Lichtstrahl der Rationalität" Eingang in die Finanzplanung. Erstmals werde hier ein Ausschnitt einer mittelfristigen Steuerstrukturbilanz sichtbar. "Politische Reaktionen", so Luhmann, "sind programmiert."

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