Kurt Kluxen hat in seiner sich über fast fünf Jahrzehnte erstreckenden Lehr- und Forschungstätigkeit eine Vielzahl kleinerer Abhandlungen vorgelegt, die in ihrer Summe das Werk des Gelehrten durch neue, ungewohnte Facetten abrunden. Der Band versammelt 19 dieser »kleinen Schriften« - eine repräsentative Auswahl von Beiträgen, von denen einige stark in die Forschung hineingewirkt haben.
Die Aufsätze gruppieren sich um vier Themenbereiche. Diese behandeln Aspekte der politischen Ideengeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts (Machiavelli, Morus, Bossuet, Locke), Fragen der Entwicklung des modernen Parlamentarismus, Probleme britischer Politik im 18. Jahrhundert sowie geistige und gesellschaftliche Entwicklungen im 19. Jahrhundert.
Das Interesse an der englischen Geschichte zieht sich wie ein Leitmotiv durch fast alle aufgenommenen Beiträge. Doch wird die Geschichte des Inselreiches niemals nur selbstreferentiell, sondern stets in ihrem auf den Kontinent ausstrahlenden, transnationalen Bezugsrahmen interpretiert. So liefert der Band Bausteine zu einer grenzüberschreitenden gesamteuropäischen Geschichtsbetrachtung
Die Aufsätze gruppieren sich um vier Themenbereiche. Diese behandeln Aspekte der politischen Ideengeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts (Machiavelli, Morus, Bossuet, Locke), Fragen der Entwicklung des modernen Parlamentarismus, Probleme britischer Politik im 18. Jahrhundert sowie geistige und gesellschaftliche Entwicklungen im 19. Jahrhundert.
Das Interesse an der englischen Geschichte zieht sich wie ein Leitmotiv durch fast alle aufgenommenen Beiträge. Doch wird die Geschichte des Inselreiches niemals nur selbstreferentiell, sondern stets in ihrem auf den Kontinent ausstrahlenden, transnationalen Bezugsrahmen interpretiert. So liefert der Band Bausteine zu einer grenzüberschreitenden gesamteuropäischen Geschichtsbetrachtung
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.02.2004Machiavelli als sprudelnder Jungbrunnen
Botschafter der politischen Ideengeschichte: Der Historiker Kurt Kluxen in seinen kleineren Schriften
Der im vergangenen Jahr im Alter von einundneunzig Jahren verstorbene Erlanger Historiker Kurt Kluxen (F.A.Z. vom 25. April 2003) hat die politische Ideengeschichte immer, gerade auch nach der Zäsur der späten sechziger Jahre, als eine der zentralen Disziplinen der Geschichtswissenschaft angesehen. Und er hielt auch dann daran fest, als die Politikwissenschaft, die Philosophie und die Rechts- und Staatswissenschaften diesen Gegenstand zu okkupieren drohten. Die Einsicht in die Tatsache der konkreten Verwurzelung jedes politischen Denkens in den politischen und sozialen Grundbedingungen ihrer Entstehungszeit drohte dabei weitgehend verlorenzugehen. Kluxen indes hat als einer der wenigen dazu beigetragen, daß diese - entgegen einer verbreiteten Auffassung nicht erst von Friedrich Meinecke, sondern bereits von Leopold Ranke als solche etablierte - Teildisziplin der Geschichtswissenschaft eben nicht verlorenging, und hierin liegt fraglos eines seiner größten Verdienste.
Der von Frank-Lothar Kroll herausgegebene Sammelband mit den kleineren Schriften Kurt Kluxens belegt noch einmal die Sorgfalt, den Perspektivenreichtum und die Präzision der ideengeschichtlichen Analysen dieses Autors. Seine Einzelstudien gelten nicht nur Machiavelli (über den er promovierte und der ihn zeitlebens nicht mehr loslassen sollte), sondern auch Thomas Morus und dessen "Utopia", der Widerstandslehre bei John Locke und schließlich einem von der deutschen Wissenschaft sonst so gut wie gar nicht beachteten, gleichwohl um 1700 ungemein einflußreichen Autor: dem französischen Theologen, Prinzenerzieher und Schriftsteller Bossuet; die Studie "Politik und Heilsgeschehen bei Bossuet" ist in der Tat eines der Glanzstücke dieser Sammlung.
Ungewohnte und überraschende Einblicke in die Entwicklung des politischen Denkens bieten ebenfalls die sich unter einem abstrakten Oberthema präsentierenden ideengeschichtlichen Analysen. Genannt seien nur die inhaltlich weit ausgreifenden Studien über die Balance-Idee im achtzehnten Jahrhundert, über die Herkunft der Lehre von der Gewaltentrennung, über die geistesgeschichtlichen Grundlagen des englischen Parlamentarismus, über die Idee der legalen Opposition im England des achtzehnten Jahrhunderts, über die englische Aufklärung und - besonders eindrucksvoll und tiefdringend - über den politischen "Ancient-Modern-Streit im England des 18. Jahrhunderts".
Von den insgesamt einundzwanzig Aufsätzen, die der Band aus ihren teils sehr entlegenen ursprünglichen Publikationsorten wieder ans Licht gezogen hat, sind die übrigen den anderen Arbeitsgebieten des Autors gewidmet, der Geschichte des Parlamentarismus, der englischen Geschichte und schließlich auch der deutsch-englischen Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts, von denen hier nur auf die beiden brillanten Skizzen über den englischen Prinzgemahl Albert von Sachsen-Coburg hingewiesen sei.
Am Schluß eines seiner späteren Aufsätze, den er 1982 zum Thema "Religion und Nationalstaat im 19. Jahrhundert" publizierte, ist von den ursprünglichen Glaubenskräften die Rede, die Kluxen in der Gegenwart eher in Polen, Irland und Südamerika als anderswo sieht. Deren Bedeutung könnte nach seiner Auffassung darin liegen, daß sie "der Wahrheit der stets gefährdeten menschlichen Existenz besser entsprechen als jenes Gerede, das in den Verrottungszonen des ausgelaugten und moralisch ausgebrannten europäischen Kernbereichs die Parolen des Tages bestimmt". Vielleicht war gerade jemand wie Kurt Kluxen, der sich seinen Sinn für die ursprüngliche Kraft der religiösen Glaubenskräfte bewahrt hatte, mehr als andere dazu berufen, die Bedeutung auch der politischen Glaubenskräfte zu erkennen und zu analysieren.
HANS-CHRISTOF KRAUS.
Kurt Kluxen: "England in Europa". Studien zur britischen Geschichte und zur politischen Ideengeschichte der Neuzeit". Herausgegeben von Frank-Lothar Kroll. Duncker & Humblot Verlag, Berlin 2003. 386 S., Frontispiz, br., 62,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Botschafter der politischen Ideengeschichte: Der Historiker Kurt Kluxen in seinen kleineren Schriften
Der im vergangenen Jahr im Alter von einundneunzig Jahren verstorbene Erlanger Historiker Kurt Kluxen (F.A.Z. vom 25. April 2003) hat die politische Ideengeschichte immer, gerade auch nach der Zäsur der späten sechziger Jahre, als eine der zentralen Disziplinen der Geschichtswissenschaft angesehen. Und er hielt auch dann daran fest, als die Politikwissenschaft, die Philosophie und die Rechts- und Staatswissenschaften diesen Gegenstand zu okkupieren drohten. Die Einsicht in die Tatsache der konkreten Verwurzelung jedes politischen Denkens in den politischen und sozialen Grundbedingungen ihrer Entstehungszeit drohte dabei weitgehend verlorenzugehen. Kluxen indes hat als einer der wenigen dazu beigetragen, daß diese - entgegen einer verbreiteten Auffassung nicht erst von Friedrich Meinecke, sondern bereits von Leopold Ranke als solche etablierte - Teildisziplin der Geschichtswissenschaft eben nicht verlorenging, und hierin liegt fraglos eines seiner größten Verdienste.
Der von Frank-Lothar Kroll herausgegebene Sammelband mit den kleineren Schriften Kurt Kluxens belegt noch einmal die Sorgfalt, den Perspektivenreichtum und die Präzision der ideengeschichtlichen Analysen dieses Autors. Seine Einzelstudien gelten nicht nur Machiavelli (über den er promovierte und der ihn zeitlebens nicht mehr loslassen sollte), sondern auch Thomas Morus und dessen "Utopia", der Widerstandslehre bei John Locke und schließlich einem von der deutschen Wissenschaft sonst so gut wie gar nicht beachteten, gleichwohl um 1700 ungemein einflußreichen Autor: dem französischen Theologen, Prinzenerzieher und Schriftsteller Bossuet; die Studie "Politik und Heilsgeschehen bei Bossuet" ist in der Tat eines der Glanzstücke dieser Sammlung.
Ungewohnte und überraschende Einblicke in die Entwicklung des politischen Denkens bieten ebenfalls die sich unter einem abstrakten Oberthema präsentierenden ideengeschichtlichen Analysen. Genannt seien nur die inhaltlich weit ausgreifenden Studien über die Balance-Idee im achtzehnten Jahrhundert, über die Herkunft der Lehre von der Gewaltentrennung, über die geistesgeschichtlichen Grundlagen des englischen Parlamentarismus, über die Idee der legalen Opposition im England des achtzehnten Jahrhunderts, über die englische Aufklärung und - besonders eindrucksvoll und tiefdringend - über den politischen "Ancient-Modern-Streit im England des 18. Jahrhunderts".
Von den insgesamt einundzwanzig Aufsätzen, die der Band aus ihren teils sehr entlegenen ursprünglichen Publikationsorten wieder ans Licht gezogen hat, sind die übrigen den anderen Arbeitsgebieten des Autors gewidmet, der Geschichte des Parlamentarismus, der englischen Geschichte und schließlich auch der deutsch-englischen Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts, von denen hier nur auf die beiden brillanten Skizzen über den englischen Prinzgemahl Albert von Sachsen-Coburg hingewiesen sei.
Am Schluß eines seiner späteren Aufsätze, den er 1982 zum Thema "Religion und Nationalstaat im 19. Jahrhundert" publizierte, ist von den ursprünglichen Glaubenskräften die Rede, die Kluxen in der Gegenwart eher in Polen, Irland und Südamerika als anderswo sieht. Deren Bedeutung könnte nach seiner Auffassung darin liegen, daß sie "der Wahrheit der stets gefährdeten menschlichen Existenz besser entsprechen als jenes Gerede, das in den Verrottungszonen des ausgelaugten und moralisch ausgebrannten europäischen Kernbereichs die Parolen des Tages bestimmt". Vielleicht war gerade jemand wie Kurt Kluxen, der sich seinen Sinn für die ursprüngliche Kraft der religiösen Glaubenskräfte bewahrt hatte, mehr als andere dazu berufen, die Bedeutung auch der politischen Glaubenskräfte zu erkennen und zu analysieren.
HANS-CHRISTOF KRAUS.
Kurt Kluxen: "England in Europa". Studien zur britischen Geschichte und zur politischen Ideengeschichte der Neuzeit". Herausgegeben von Frank-Lothar Kroll. Duncker & Humblot Verlag, Berlin 2003. 386 S., Frontispiz, br., 62,- [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Dieser von Frank-Lothar Kroll herausgegebene Sammelband mit den kleineren Schriften des Historikers Kurt Kluxens, der im Jahr 2003 im Alter von einundneunzig Jahren verstorben ist, belegt für den Rezensenten Hans-Christof Kraus die "Sorgfalt, den Perspektivenreichtum und die Präzision der ideengeschichtlichen Analysen" des Autors. Die insgesamt einundzwanzig Aufsätze dieses Bandes behandeln Machiavelli, Thomas Morus, John Locke, die Geschichte des Parlamentarismus, die englische Geschichte sowie die deutsch-englische Geschichte des 19. Jahrhunderts. Dabei bieten die Analysen nach Meinung des Rezensenten "ungewohnte und überraschende Einblicke in die Entwicklung des politischen Denkens", lobt Kraus außerdem. Als "eines der Glanzstücke dieser Sammlung" hebt Kraus die Studie "Politik und Heilsgeschehen bei Bossuet" hervor, einem "von der deutschen Wissenschaft sonst so gut wie gar nicht beachteten, gleichwohl um 1700 ungemein einflussreichen Autor".
© Perlentaucher Medien GmbH
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