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Die Bedeutung des politischen Skandals für die Normalität der Demokratie kann kaum überschätzt werden. Als Instrument der Herrschaftskontrolle und des Machtwechsels packt der Skandal spontaner und oft wirksamer zu als reguläre Wahlen. Er zeigt Politik als Aufstieg und Fall von Personen - und gewährt damit Einblick in unpersönliche Funktionsweisen und Dilemmata der Politik. Er erzeugt Empörung über die Verletzung von Normen - und schärft damit das Gefühl für deren Wichtigkeit und Richtigkeit. Er deckt Grenzüberschreitungen auf - und wird so zum Grenzwächter zwischen den Sphären der Politik, der…mehr

Produktbeschreibung
Die Bedeutung des politischen Skandals für die Normalität der Demokratie kann kaum überschätzt werden. Als Instrument der Herrschaftskontrolle und des Machtwechsels packt der Skandal spontaner und oft wirksamer zu als reguläre Wahlen. Er zeigt Politik als Aufstieg und Fall von Personen - und gewährt damit Einblick in unpersönliche Funktionsweisen und Dilemmata der Politik. Er erzeugt Empörung über die Verletzung von Normen - und schärft damit das Gefühl für deren Wichtigkeit und Richtigkeit. Er deckt Grenzüberschreitungen auf - und wird so zum Grenzwächter zwischen den Sphären der Politik, der Wissenschaft und des privaten Lebens. Skandale gelten als Beleg für einen Mangel an Moral. Sie selbst sind aber hochmoralische Ereignisse, ja Institutionen. Über Enthüllung, Entrüstung und Sühne entfesseln sie einen Sturmwind moralischer Gefühle, vor dem Wirtschaft und Politik in die Knie gehen. So bezeugen und bestärken Skandale die Macht der Moral, deren Fehlen sie beklagen. Gäbe es keine Skandale, müßten sie erfunden werden.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Frank Böckelmann zeigt sich nicht wirklich überzeugt von Karl Otto Hondrichs "Phänomenologie des politischen Skandals". Wie Böckelmann ausführt, hat der Skandal für Hondrich eine positive gesamtgesellschaftliche Funktion, insofern er eine politische Selbstreinigung bewirken soll. Die Fähigkeit der Medien und Parteien, Skandale zu inszenieren, wird nach Hondrich dabei "grotesk" überschätzt, erläutert Böckelmann. Entscheidend für die moralische Entrüstung seien hingegen die von vielen geteilten moralischen Gefühle, das kollektive moralische Empfinden. Gegen Hondrich führt Böckelmann mehrere Kritikpunkte an. Zum einen veranschauliche Hondrichs Darstellung von großen Skandalen seine vorangestellte Skandaltheorie nur bruchstückhaft. Den Skandalen Tschernobyl, DDR und Haider etwa mangele es am Merkmal, plötzlich aufgedeckte Missstände zu sein. Des weiteren unterschätzt Hondrich nach Ansicht des Rezensenten die "entpolitisierende Leistung der skandalisierenden Medien". Und schließlich hält Böckelmann nicht das kollektive moralische Empfinden - laut Hondrich die "Supermacht der demokratischen Gesellschaft" - für die "treibende Kraft" hinter der Epidemie der Spenden-, Bestechungs-, Missbrauchs- und Jugendsündenskandale im vereinten Deutschland, sondern schlicht und einfach die grassierende "politische Ratlosigkeit".

© Perlentaucher Medien GmbH
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