Zwei Bilder entwirft der Mensch in seiner Vorstellung, zwei Entwürfe, einer in der Sphäre des Guten, einer im Territorium des Bösen. Eines wie das andere entfaltet seine Kraft, nach den eigenen Gesetzen, die aber der gleichen Dynamik des Für und Wider unterworfen sind. Und wenn es keine physikalischen Gesetze gäbe, keine Schwerkraft, keine Relation von Masse und Kraft, keine Bewegung, es wäre das Gute und das Böse je auf seiner Seite immer noch in ein und demselben Bild gefangen. So wie man sagt, es könne niemand aus seiner Haut, so könnte das Helle und das Dunkle, das Süße und das Bittere, das Leichte und das Schwere bei aller Relativität der Wahrnehmung von Intensität im Simultankontrast für sich nur das sein, was es für sich ist. Ob etwas bleiben kann, wie es ist, natürlich ist diese Annahme als unwahrscheinlich auszuschließen, denn Leben bedeutet Veränderung, ist Gegenstand einer anderen Betrachtung.Der Heilige mag unter Schurken noch reiner wirken, aber er ist nicht anders als unter anderen Heiligen, und da liegt der Schlüssel zu seinem Problem: Er mag sich nämlich unter Verbrechern und rechtsfernen Seelen noch heiliger fühlen, obwohl er es nicht ist. Dann wird er sein Verhalten seinem Empfinden entsprechend einstellen und entweder müßig werden und in seiner Haltung erschlaffen, indem er sich den anderen anpasst oder in eitler Einbildung an ehrenvoller Noblesse verliert, oder er wird sich in wachsender Veredlung auch um das Wohlergehen seiner Mitmenschen sorgen, ungeachtet der moralischen Qualität ihres Charakters.Ob er sich nun verändert oder nicht, der Grad der Heiligkeit sich verändert, zunimmt oder abnimmt oder nicht, berührt am Ende das Heilige nicht, sowie auch das Unheilige seinem Wesen nach es selbst bleiben muss. Andernfalls gäbe es keins von beiden.Diesem Gedanken sind in einem gewissen poetologisch-ontologischen Grundverständnis des dichterischen Ich die vorliegenden neun dichotomischen Gedichte verpflichtet.