"Meine Epilepsie offen ansprechen oder lieber verschweigen?" Nicht immer hat man die Wahl, denn es gibt eine Reihe von Situationen, in denen Menschen mit Epilepsie unabhängig davon, ob sie nach ihrer Erkrankung gefragt werden oder nicht, verpflichtet sind, diese mitzuteilen. Betroffene müssen z. B. angeben, dass sie Epilepsie haben, wenn es um den Abschluss einer Lebensversicherung oder einer privaten Krankenversicherung oder die Übernahme in ein Beamtenverhältnis geht.Auch in Situationen, in denen es den Betroffenen überlassen bleibt, ob sie ihre Erkrankung mitteilen wollen oder nicht, (z. B. gegenüber Arbeitskolleginnen und -Kollegen, Freunden oder Urlaubsbekannten), kann das Ansprechen der Epilepsie von Vorteil sein. Die Betroffenen müssen dann nicht beständig Angst haben "ent- deckt" zu werden und haben die Sicherheit, dass sie sachgemäße, der Situation angepasste, Hilfe erhalten, wenn dies einmal erforderlich sein sollte. Besonders wichtig ist dies natürlich, wenn die Anfälle häufig sind.Zusätzlich sind Menschen in der Umgebung Betroffener oft dankbar für eine kurze Information über die Erkrankung. Das lässt erst gar nicht Befürchtungen entstehen, wenn sie nur über Dritte auf die Epilepsie aufmerksam werden oder wenn sie unvorbereitet einen Anfall sehen.Wenn so Vieles dafür spricht, über die Erkrankung zu informieren, warum verschweigen dann Personen mit Epilepsie ihre Erkrankung? Weil das Offenlegen mit hohen Risiken verbunden sein könnte, sei es dadurch, dass sich neue Partner zurückziehen, oder Personalchefs nach Bewerbungsgesprächen, Absagen erteilen, wenn sie von der Epilepsie erfahren.Sind solche Befürchtungen heute noch gerechtfertigt? In Deutschland haben sich in den letzten Jahren die Einstellungen gegenüber Menschen mit Epilepsie positiv verändert. Ende der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts dachte noch fast ein Drittel der Bevölkerung, dass Epilepsie eine Geisteskrankheit sei. Heute denken nur noch etwa zehn Prozent der Bevölkerung so. Und sprachen sich damals mehr als ein Viertel gegen eine Eingliederung in den Arbeitsprozess aus, so wird diese Meinung heute nur noch von etwa zehn Prozent geäußert. Befragungen von Personen mit Epilepsie, die ihre Krankheit offen angesprochen haben, zeigen, dass die Reaktionen nur ganz selten negativ sind.Für die einzelne Person mit Epilepsie kommt es darauf an, dass das Wagnis, die Krankheit anderen mitzuteilen, keine nachteiligen Folgen hat, sondern sich langfristig positiv auswirkt. Dies ist nicht bloße Glücksache, sondern hängt davon ab, wie das Gespräch über die Erkrankung verläuft. Ein wichtiger Faktor dabei ist der Informationsstand der Betroffenen über die eigene Erkrankung: Können diese ihre Anfälle genau beschreiben und klare Hinweise geben, wie die Umgebung ggf. helfen kann? Kennen die Betroffenen die Ursachen ihrer Erkrankung und die von Epilepsien allgemein? Wissen sie etwas über Behandlungsmöglichkeiten und die wichtigsten Auswirkungen ihrer Anfälle auf Arbeitstätigkeiten? Sind sie schließlich in der Lage, dieses Wissen so zu vermitteln, dass Anderen Ängste in Bezug auf den Umgang mit der Erkrankung genommen werden können? Um diese praktische Seite des Mitteilens der eigenen Epilepsie gegenüber Anderen, die noch nichts oder nur wenig davon wissen, geht es in dieser Schrift.Sie beginnt mit den Aspekten der Erkrankung, die für ein Gegenüber besonders wichtig sind: dem Ablauf der Anfälle und der Hilfeleistung, die ggf. erforderlich ist. Danach wird der zurzeit gültige rechtliche Rahmen abgesteckt - wann müssen die Betroffenen über ihre Epilepsie informieren und wann können sie abwägen, ob sie die Erkrankung mitteilen wollen oder nicht. Trotzdem gilt es zu bedenken, dass sich die rechtliche Situation ändern kann.Schließlich wird besprochen, wie sich Betroffene auf das Mitteilen der eigenen Epilepsie bis hin zu einem Vorstellungsgespräch vorbereiten können.