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Peter Bender, erfahrener und scharfsichtiger Beobachter der deutsch-deutschen Verhältnisse, unternimmt den Versuch einer parallelen, von den Gemeinsamkeiten bestimmten Betrachtung der beiden deutschen Staaten in den 40 Jahren, in denen sie nebeneinander bestanden haben.

Produktbeschreibung
Peter Bender, erfahrener und scharfsichtiger Beobachter der deutsch-deutschen Verhältnisse, unternimmt den Versuch einer parallelen, von den Gemeinsamkeiten bestimmten Betrachtung der beiden deutschen Staaten in den 40 Jahren, in denen sie nebeneinander bestanden haben.
Autorenporträt
Dr. phil. Peter Bender wurde 1923 in Berlin geboren. Er ist seit 1954 Journalist. 1961 bis 1970 Redakteur und Kommentator beim WDR, 1970 bis 1988 dessen Berlin-Korrespondent. 1973 bis 1975 ARD-Korrespondent (Hörfunk) in Warschau. Seit 1963 Autor der ZEIT, seit 1966 des MERKUR. 1968/69 Senior Associate beim International Institute for Strategic Studies (IISS) in London.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.06.1996

Deutsche Musterknaben
Peter Bender betont vergangene Gemeinsamkeiten in Ost und West

Peter Bender: Episode oder Epoche? Zur Geschichte des geteilten Deutschland. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1996. 289 Seiten, 24,90 Mark.

Für Peter Bender ist die Deutschland politik nicht nur Feld unaufhörlichen Nachdenkens, sie ist seine Mission. Bender plädierte früher für die Stabilisierung der DDR in der Hoffnung, sie werde sich liberalisieren - eine Strategie, die auch Egon Bahr, der Schulfreund aus Berliner Tagen, vertrat und an der Seite von Willy Brandt in die Tat umsetzte. Wie immer man diese Politik bewerten mag, heute ist die Mauer verschwunden und das Land vereint. Bender hingegen sieht seine Mission nicht erfüllt.

Nach wie vor streitet er um den Zusammenhalt der Nation und geizt nicht mit Worten, wenn es darum geht, den Graben zwischen Ost und West zu schließen. In seinem jüngsten Buch bemüht er sich, "die beiden Stränge der deutschen Nachkriegsentwicklung so zu verknüpfen, daß westdeutsche Leser auch die ostdeutsche Geschichte und ostdeutsche Leser auch die westdeutsche Geschichte in den Blick bekommen". Entstanden ist eine Studie ohne These, ohne Ausblick und Prognose, dafür aber eine meist ausgewogene Darstellung, die Pompöses und Phrasenhaftes vermeidet und sich darum bemüht, beiden deutschen Staaten gerecht zu werden. Benders Ziel ist offenkundig: Mit dem ständigen Vergleich beider Lebenswege will der Publizist seinen Lesern verdeutlichen, daß es trotz zweier deutscher Staaten nur eine Nation gab, ähnlich zwei Brüdern, die in fremden Familien getrennt aufwuchsen, sich dort anpaßten und doch aus demselben Hause stammen.

Beide waren Kinder des Hitlerreiches. Beide brauchten lange, um von ihren Nachbarn in Ost und West geachtet zu werden. Dabei half ihnen ein äußerer Umstand: der Kalte Krieg. "Die Westmächte schufen die Bundesrepublik und nahmen sie in die Nato nicht deshalb auf, weil sie die Westdeutschen für hervorragende Demokraten hielten, sondern weil sie die westdeutschen Soldaten brauchten. Und die Sowjetunion gründete die DDR und zog sie später in ihre Militärallianz nicht deshalb ein, weil zwischen Elbe und Oder der Kommunismus so vorzüglich gedieh, sondern weil ihr Imperium einen Schlußstein verlangte." Auf ihre Weise dachten die Deutschen ähnlich, urteilt Bender. Was die Regierenden an ihre Verbündeten fesselte, sei im Westen die Angst vor dem Osten und im Osten die Angst vor dem Westen sowie der eigenen Bevölkerung gewesen. Allmählich jedoch begannen sich die politischen Eliten und - vor allem in der Bundesrepublik - große Teile der Bevölkerung mit den Werten der neuen Verbündeten zu identifizieren. Die Bundesdeutschen wollten die besten Europäer sein, so Bender, ihre kommunistischen Verwandten die stärksten Klassenkämpfer. "Nirgendwo wurde so viel von Europa geredet wie in der Bundesrepublik und nirgendwo so eifrig versucht, Sozialismus zu einer Wissenschaft zu systematisieren wie in der DDR." Für das Ausland allerdings blieben die Musterknaben, was sie verdrängt hatten: die Deutschen.

Die Gleichberechtigung kam dennoch. 1955 wurden DDR und Bundesrepublik souverän, meint Bender, weist aber sofort auf die Unterschiede dieser Hoheitsgewalt hin. Bonn war in seinen Entscheidungen frei, obgleich die Regierung manches nicht tun durfte; Ost-Berlin hingegen hatte dem Kreml zu gehorchen, auch wenn es zuweilen selbstbewußt auftrat. Überhaupt verwischt Bender nie die Gegensätze, betont stets, was es hieß, mit Washington oder mit Moskau verbündet zu sein. Dennoch beschreibt er gleiche Entwicklungsphasen in Ost und West. Bonn und Ost-Berlin "begannen als tüchtige Streiter im Kalten Krieg, mißtrauten der Entspannung, trieben dann selbst Entspannung und waren davon schließlich gar nicht mehr abzubringen". Aufeinander bezogen blieben sie immer. Sogar in Zeiten ärgster Feindschaft vermochte man zu erkennen, daß hier eine Nation mit sich selber kämpfte. Bundesregierung und SED-Regime konnten einander nicht mißachten, auch wenn sie es wünschten. Was immer das Politbüro tat, um die Spaltung zu betonen, die nationale Frage ließ ihm keine Ruhe. "Und als die DDR finanziell und wirtschaftlich in Not geriet, suchte (und fand) sie Hilfe nicht bei den Klassenbrüdern im Osten, sondern bei den Stammesbrüdern im Westen."

Allerdings brachte das unterschiedliche Leben dies- und jenseits der Elbe die Menschen auseinander und trennt sie noch, obwohl der Eiserne Vorhang längst zerborsten ist. "Aber beide bekamen einen Sinn für die Freiheit. Die Westdeutschen entwickelten ihn mit der Demokratie, die ihnen die Westmächte geschenkt hatten, die Ostdeutschen entwickelten ihn in der Auseinandersetzung mit der Diktatur, die ihnen die Sowjetunion verordnet hatte. Am Beginn der Vereinigung stand die Selbstbefreiung der Ostdeutschen, sie setzten damit ein Datum in die Geschichte Deutschlands, wie es darin selten zu finden ist." JACQUES SCHUSTER

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