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1933 bis 1945. Während dieser zwölf Jahre in unmittelbarer Nähe Hitlers erlebte sie den Mann, der dieser Zeit seinen Stempel aufdrückte. Wegen ihrer schlechten Erfahrungen, die sie mit der Presse gemacht hatte, zögerte sie bis zuletzt, ihre Aufzeichnungen zu veröffentlichen. Was sie wollte, war die "Darstellung ihres Erlebens der Zeit damals". Sie hasste Einstellungen und Unwahrheiten, vor allem aus der Feder von Journalisten und sogenannten Zeitzeugen, mit deren Publikationen sie sich immer wieder auseinandersetzte. Dass Christa Schroeder nach zwölf Jahren neben Hitler mit ihrer eigenen…mehr

Produktbeschreibung
1933 bis 1945. Während dieser zwölf Jahre in unmittelbarer Nähe Hitlers erlebte sie den Mann, der dieser Zeit seinen Stempel aufdrückte. Wegen ihrer schlechten Erfahrungen, die sie mit der Presse gemacht hatte, zögerte sie bis zuletzt, ihre Aufzeichnungen zu veröffentlichen.
Was sie wollte, war die "Darstellung ihres Erlebens der Zeit damals". Sie hasste Einstellungen und Unwahrheiten, vor allem aus der Feder von Journalisten und sogenannten Zeitzeugen, mit deren Publikationen sie sich immer wieder auseinandersetzte.
Dass Christa Schroeder nach zwölf Jahren neben Hitler mit ihrer eigenen Vergangenheit, die ihr "viel Distanz abverlangte", niemals ganz fertig wurde, ist einleuchtend, trotzdem sie nie Nationalsozialistin im Sinne des Wortes gewesen war. Des öfteren betonte sie: "Wenn damals 1930 die Annonce nicht von der NSDAP, sondern von der KPD gewesen wäre, wäre ich vielleicht Kommunistin geworden." Bis zu ihrem Tode blieb sie eine kritische, scharf beobachtende und analysierende Frau, hin- und hergerissen zwischen Hitler, ihren Erlebnissen mit Freunden und Größen von damals, dem NS-Regime, dem Grauen des Krieges und den Greueln der Judenvernichtung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.02.2002

Hitlers lebendes Inventar

Chef nennt sie ihn nur ein einziges Mal - und dann in betonter Distanzierung: "Ich denke an all das Unglück . . ., hervorgerufen durch meinen Chef." Sonst spricht Traudl Junge in ihren 1947 niedergeschriebenen Erinnerungen immer von "Hitler" und nicht selten auch vom "Führer". Und nur einmal unterläuft ihr auf den gut 170 Seiten ihres Manuskripts so etwas wie eine Rechtfertigung. Hitler hat sich, im Frühjahr 1944, einen Bericht Eva Brauns über das "Elend" in München angehört, danach, so Traudl Junge, "schwor er Rache und Vergeltung und versprach, . . . den Feinden alles hundertfach heimzuzahlen." Drei Jahre später rutscht der damals siebenundzwanzig Jahre alten Autorin in eigener Sache dann der Satz heraus: "Leider haben sich diese Drohungen nie erfüllt." Sonst aber stellt sie sich immer aufs neue die Frage, warum sie so "vorurteilslos und unvoreingenommen" Hitlers Einfluß erlegen sei, warum es "erst des ganzen, restlosen Zusammenbruchs" bedurfte, "bis ich meine Klarheit und Sicherheit gewann". Und auch die Antwort ist - wie immer variiert - stets die gleiche: "Wenn man ihn so hörte, wie er harmlose Anekdoten erzählte und liebenswürdig und charmant plauderte, wer konnte dabei an Erschießungen, KZ und solche Dinge denken!" Die Aufzeichnungen aus dem Jahr 1947 sind jetzt zum ersten Mal veröffentlicht worden (Traudl Junge: "Bis zur letzten Stunde". Hitlers Sekretärin erzählt ihr Leben. Unter Mitarbeit von Melissa Müller. Claassen Verlag, München 2002. 272 S., geb., 19,- .). Ob Traudl Junge die öffentliche Reaktion darauf wird wahrnehmen können, ist sehr fraglich: Sie liegt, kaum mehr ansprechbar, seit Wochen in einer Münchner Klinik. Fast will es scheinen, daß sie das Fertigstellen des Buchs und die Zustimmung zu André Hellers und Othmar Schmiderers Film über sie (siehe F.A.Z. vom 2. Februar) als testamentarischen Akt ansah und ihr Leben, das seit dem Ende des Krieges auch von Schuldgefühlen und Depressionen geprägt war, nun loslassen möchte. Hellers und Schmiderers Film "Im toten Winkel" hatte gestern bei der Berlinale Premiere. Das Buch, das die Journalistin Melissa Müller klug und kompetent mit Anmerkungen und einem Essay über die Verfasserin versehen hat, bietet das Porträt einer hübschen und völlig unpolitischen jungen Frau aus ärmlichen Verhältnissen, die durch Zufall während der letzten knapp zweieinhalb Jahre des Krieges in die unmittelbare Nähe Hitlers geriet - und sich durch den für sie unvorstellbaren Luxus am Obersalzberg und selbst in den Bunkern der Wolfsschanze blenden ließ. Im Zentrum des Grauens war es bis auf die letzten Tage unter der Reichskanzlei auf gespenstische Weise gemütlich, auch wenn der Alltag oft langweilig wurde. Es gab wenig Arbeit für die vier Privatsekretärinnen, denn Hilter diktierte kaum noch. Er brauchte die Damen Johanna Wolf, Christa Schröder, Gerda Christian und eben Traudl Junge vor allem als lebendes Inventar seines Privatlebens, als angenehme Gesellschaft, die seinen immer öderen Monologen lauschte, mit ihm speiste und ihn bei Laune hielt. Traudl Junge hat all dies vor über fünf Jahrzehnten protokolliert und dabei aus ihrer Bewunderung Hitlers ebensowenig ein Hehl gemacht wie aus ihrem Erwachen und Erschrecken, als es vorbei und zu spät war. Nicht zuletzt die Lakonie ihres Stils macht das Protokoll glaubwürdig - und unterscheidet sich deshalb angenehm etwa von den Aufzeichnungen der zwölf Jahre älteren, 1984 gestorbenen Christa Schröder, die Hitler von 1933 an diente ("Er war mein Chef". Aus dem Nachlaß der Sekretärin von Hitler. Hrsg. von Anton Joachimsthaler. Verlag Langen Müller, München und Wien 1985. 400 S., vergriffen). Frau Schröders Ton ist immer selbstgewiß und oft sehr rechthaberisch, zumal gegenüber den Historikern der Hitlerzeit. Sie weiß es eben besser. Naturgemäß finden sich in beiden Büchern eine Vielzahl ähnlicher Szenen mit bisweilen identischen, oft aber auch entgegengesetzten Bewertungen: So konnte etwa Christa Schröder Eva Braun überhaupt nicht leiden, während Traudl Junge mit ihr nahezu befreundet war. Einen markanten Vorteil indes haben Christa Schröders Aufzeichnungen. Sie enthalten eine Reihe ihrer Briefe, die sie aus dem vorübergehenden Quartier Hitlers bei Winniza oder aus der Wolfsschanze an eine Freundin schrieb. Solche Gleichzeitigkeit von Erleben und Erzählen gibt es bei Traudl Junge nicht - sie schrieb 1947 im Wissen um den Wahn, den sie naiv geteilt hatte. Christa Schröder hingegen beschrieb den Wahn auch, während sie ihn glückhaft lebte, also etwa "unsere Erkenntnis der Notwendigkeit der Erhaltung unseres nordisch bedingten Erbgutes" für die allerhöchste Weltweisheit hielt. Authentisch sind Traudl Junges Notate gleichwohl: Sie bieten die Authentizität einer Belehrten und deshalb Beladenen.

JOCHEN HIEBER

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