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Daß der »Übertreibungskünstler« und »Geschichtenzerstörer« Thomas Bernhard auch eine Liebesgeschichte geschrieben hat, überrascht viele. Der erste Satz lautet: »Zwei junge Leute flüchten in einen Turm, der zur Verteidigung der Stadt diente, und besteigen ihn, ohne ein Wort zu sprechen.« Der siebte und letzte: »Als sie endlich oben angekommen sind, ziehen sie sich aus und fallen sich nackt in die Arme.« In der Tat, in seinem großen und umfangreichen Prosawerk finden sich keine Geschichten im herkömmlichen Sinne.

Produktbeschreibung
Daß der »Übertreibungskünstler« und »Geschichtenzerstörer« Thomas Bernhard auch eine Liebesgeschichte geschrieben hat, überrascht viele. Der erste Satz lautet: »Zwei junge Leute flüchten in einen Turm, der zur Verteidigung der Stadt diente, und besteigen ihn, ohne ein Wort zu sprechen.« Der siebte und letzte: »Als sie endlich oben angekommen sind, ziehen sie sich aus und fallen sich nackt in die Arme.« In der Tat, in seinem großen und umfangreichen Prosawerk finden sich keine Geschichten im herkömmlichen Sinne.
Autorenporträt
Bernhard, ThomasThomas Bernhard, 1931 in Heerlen (Niederlande) geboren, starb im Februar 1989 in Gmunden (Oberösterreich). Er zählt zu den bedeutendsten österreichischen Schriftstellern und wurde unter anderem 1970 mit dem Georg-Büchner-Preis und 1972 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Der Suhrkamp Verlag publiziert eine Werkausgabe in 22 Bänden.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.01.2004

DAS HÖRBUCH
Flinker Singsang, feine Stimme: Thomas Bernhard liest sich selbst
Fenstersturz
1969 veröffentlichte Thomas Bernhard den Band „Ereignisse”, eine Sammlung von Prosaminiaturen, die in ihrer Kürze wie Stilübungen wirken und in denen erprobt wird, wie Themen sich durchführen, wie Szenen und Situationen sich gestalten lassen. Das vorliegende Hörbuch ist nach den „Ereignissen” benannt, wartet neben ihrer halbstündigen Lesung durch den Autor aber mit noch einigem mehr auf: Einem Ausschnitt aus dem Roman „Frost”, der Rede zur Verleihung des Büchnerpreises 1970 und drei Erzählungen, darunter eine bisher unveröffentlichte, „Der Hutmacher”.
Ein Hutmacher berichtet darin, wie er von Sohn und Schwiegertochter im eigenen Haus immer weiter abgedrängt wird, vom Erdgeschoss in den ersten, vom ersten in den zweiten Stock und von dort schließlich ins Dachgeschoss. Am Ende stürzt sich der Hutmacher aus dem obersten Fenster. Auch bei dieser Geschichte steht die Stringenz der Durchführung im Vordergrund, auch „Der Hutmacher” ist vor allem eine Übung in Stil und vorsichtiger Balance des Materials.
Nicht diese Erstveröffentlichung, die Stimme Thomas Bernhards ist das eigentliche Ereignis auf diesem Hörbuch. Es lässt sich hören, wie Bernhard selbst die Musikalität seiner Texte im Vortrag umsetzte, und es überrascht nicht, dass er, der seine Gesangsausbildung wegen einer Lungenerkrankung hatte abbrechen müssen, ein geschmeidiger Vorleser war, der in flinkem Singsang seine Geschichten entfaltete. Wirklich verblüffend aber ist, wie fein seine Stimme klingt, als hätte ein feines Häutchen seine Stimmbänder überzogen, das alle Erregung mitschwingen lässt, die Worte aber, so ungeheuerlich sie auch sein mögen, stets vor dem Zerfasern bewahrt.
Allein bei den „Ereignissen” selbst macht sich hier und da leichte Hektik bemerkbar, sonst aber spricht Bernhard mit absolut „präziser Diktion” und „professioneller Distanz” zu den eigenen Texten, wie Andreas Maier, der mit seinen Romanen „Wäldchestag” und „Klausen” als kluger Bernhardleser und Stimmenimitator hervorgetreten ist und für dieses Hörbuch verantwortlich zeichnet, im Beiheft bemerkt.
Von Bernhards Musikalität ist auch in einem kurzen Interview die Rede, das dem „Hutmacher” vorangeht. Der Dichter selbst findet darin den vielleicht treffendsten Begriff für seine Kompositions- und Vortragsmethode: „kontrapunktische Monotonie”.
TOBIAS LEHMKUHL
THOMAS BERNHARD: Ereignisse. Gelesen vom Autor. Der Hörverlag, München 2003. 2 CD, 126 Minuten, 19,95 Euro.
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