Voller Neugier, Staunen und Unerschrockenheit bewegt sich Theo, Protagonist und Erzähler des Romans von Leopold Federmair, durch eine Gegenwart, die im Umbruch ist, voll von Krisen, latenten Revolten, ungelebten Möglichkeiten und gelebten Unmöglichkeiten. So manche Konstanten aber gibt es selbst in der komplexesten Welt: die Liebe zum Beispiel, die den Erzähler, der lang schon seine europäische Herkunft verlassen und sie dennoch als Hintergrund und Folie seiner Wahrnehmung hat, um die Welt treibt, weil in unseren modernen Zeiten auch die Liebe keinem geradlinigen Lebensentwurf mehr folgen kann. Schwankend zwischen zwei Frauen - der AIDS-kranken und schließlich daran sterbenden Silvana und der von einer traumatischen Vaterbeziehung geprägten Kaoru - bewegt sich Theo von Argentinien zur Zeit der Krise 2001 bis ins Japan der Gegenwart, bewegt sich durch zwei unvereinbar scheinende Welten, zwei Beziehungen, drei Sprachen und unzählige Geschichten, Träume, Erinnerungen. "Erinnerung andas, was wir nicht waren" ist ein komplexer, ein praller Roman, der das Erzählen zum Vehikel von Abenteuer, Phantasie und Welterfassung macht, ein Roman, der ausschweift und abschweift, in einem barocken Spiel von Werden und Vergehen.