Eine rasante literarische Satirevoll Witz und Anspielungsreichtum.
Sex und Kapitalismus in der Krise
Daniel Deserno, 39, Investmentbanker, ist Patient in der Klinik Waldhaus. Freundin Selma aus der Kulturstiftung hat ihm seinen »Porsche« ruiniert, wie sein männlichstes Teil unter Daniels Kollegen hieß. Plötzlich taucht in der Klinik eine junge Patientin auf, die mit einem Buch über ihre Hämorrhoiden großen Erfolg hatte. Daniel und die Neue kommen sich rasch näher. Dann aber kündigen Selma und Daniels altlinke Mutter ihren Besuch an, weil im Waldhaus ein berühmter Autor aus seinem Goethe-Roman liest. Ein aberwitziger Roman über die Krisen in der Welt des Geldes und der Literatur.
Sex und Kapitalismus in der Krise
Daniel Deserno, 39, Investmentbanker, ist Patient in der Klinik Waldhaus. Freundin Selma aus der Kulturstiftung hat ihm seinen »Porsche« ruiniert, wie sein männlichstes Teil unter Daniels Kollegen hieß. Plötzlich taucht in der Klinik eine junge Patientin auf, die mit einem Buch über ihre Hämorrhoiden großen Erfolg hatte. Daniel und die Neue kommen sich rasch näher. Dann aber kündigen Selma und Daniels altlinke Mutter ihren Besuch an, weil im Waldhaus ein berühmter Autor aus seinem Goethe-Roman liest. Ein aberwitziger Roman über die Krisen in der Welt des Geldes und der Literatur.
Ein aberwitziger Roman über die Krisen in der Welt des Geldes und der Literatur. TEAM News, 01/2012
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2009Fertigmachen zum großen Crash
Der Roman zur Krise: Bodo Kirchhoff schickt Porschefahrer, Banker und Kultautorinnen ins Sanatorium.
Von Sandra Kerschbaumer
Offenbar in rasender Geschwindigkeit hat Bodo Kirchhoff die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit in die Tasten gehauen und prescht bereits im frühsten Frühjahr mit einem Roman zur Finanzkrise vor. Mit rauchenden Reifen kommt er zum Stehen, und aus dem Wagen taumelt ein angeschlagener Protagonist: Daniel Deserno, ein Investmentbanker, der mit dem Ölpreis und dem Feuer spielt, fette Boni auf Schweizer Konten und schlanke Mädels in allen erdenklichen Lagen liebt - bis sich sein Schicksal mit dem des Finanzsektors verbindet und ihm die Lust an schnellen Autos, schnellem Sex und schnellem Geld gründlich vergeht.
Bodo Kirchhoff möchte mit rasanter Komik, Trash und Trivialitäten unterhalten, indem er diesen Macher und Macho nicht nur beruflich vor die Wand fahren lässt, sondern ihn auch privat in eine entsprechende Lage bringt. Seine Freundin entmannt ihn am Heiligen Abend mit einem Alessi-Korkenzieher. Vom darauf folgenden Totalzusammenbruch muss sich der Hedge-Fonds-Spezialist erst einmal in der Abgeschiedenheit einer noblen Schwarzwälder Kurklinik erholen. Hier sitzt er, dem nicht nur die Beine den Dienst versagen, kann an kaum etwas anderes als den Schwerverletzten denken, den er liebevoll seinen Porsche nennt und über dessen ehemalige Qualitäten er den Leser keinen Augenblick im Zweifel lässt.
Die Erinnerungen an die Vorgeschichte der Wirtschaftskrise und der weihnachtlichen Tragödie, an den Kitzel beim Wetten auf fallende Kurse und schwellende Körper, werden überlagert von neuen amourösen Turbulenzen. Denn in der gediegenen Abgeschiedenheit der Klinik findet Daniel ein Mädchen mit ausgeprägtem Interesse an menschlichen Feuchtgebieten, eine Jungautorin, die vom Erfolg ihres "Hämorrhoidenbestsellers" überwältigt wurde. Im "Waldhaus" sammeln sich schattenhafte Gestalten aus Medien, Wirtschaft und Kultur, depressive Prominente, die alle ihr mehr oder minder deutlich erkennbares Vorbild in der Wirklichkeit haben: Sabine Christiansen, Klaus Zumwinkel, Elke Heidenreich. Sie sollen den Witz des Romans steigern und die parodistischen Fähigkeiten des Autors erneut unter Beweis stellen. Natürlich darf das literarische Leben nicht fehlen. Also kündigt sich ein alter Herr mit Goethe-Roman zur Lesung im vornehmen Sanatorium an. Doch warum müht sich im Hintergrund auch noch eine andreaypsilantiartige Figur, hessische Ministerpräsidentin zu werden?
Der jüngste Roman von Bodo Kirchhoff will eine hochtourige Spritztour durch die überzeichnete Realität der gerade vergangenen Gegenwart sein. Dabei möchte er en passant die Welt erklären, die gerade für Schriftsteller keine gute ist. Danny Deserno ist nicht zufällig ein sexbesessener Banker. Die Lust am schnellen Profit wird ihm zum doppelten Verhängnis. Denn auf den bei Fesselspielen unter dem Weihnachtsbaum geäußerten Kinderwunsch seiner Freundin antwortet er mit einem fatalen: "Nee, Selma, nee." Und zeigt damit seinen unbekümmerten Umgang mit der sozialen Verantwortung. Der mangelnde Wille zur Nachhaltigkeit löst den Crash mit dem Korkenzieher aus und macht das Liebesleben zum Gleichnis. Und was ist mit Andrea Ypsilanti? Die Verkörperung des staatlich regulierten Marktes bietet keine Alternative. Sie wird der Lächerlichkeit preisgegeben - wie so vieles in diesem überdrehten Buch, dessen Protagonist und Porschefahrer am Ende eine wunderbare Heilung erfährt. Vielleicht dürfen wir auch auf eine baldige Gesundung des internationalen Finanzsystems hoffen?
Bodo Kirchhoff: "Erinnerungen an meinen Porsche". Roman. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2009. 224 S., geb., 17,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Roman zur Krise: Bodo Kirchhoff schickt Porschefahrer, Banker und Kultautorinnen ins Sanatorium.
Von Sandra Kerschbaumer
Offenbar in rasender Geschwindigkeit hat Bodo Kirchhoff die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit in die Tasten gehauen und prescht bereits im frühsten Frühjahr mit einem Roman zur Finanzkrise vor. Mit rauchenden Reifen kommt er zum Stehen, und aus dem Wagen taumelt ein angeschlagener Protagonist: Daniel Deserno, ein Investmentbanker, der mit dem Ölpreis und dem Feuer spielt, fette Boni auf Schweizer Konten und schlanke Mädels in allen erdenklichen Lagen liebt - bis sich sein Schicksal mit dem des Finanzsektors verbindet und ihm die Lust an schnellen Autos, schnellem Sex und schnellem Geld gründlich vergeht.
Bodo Kirchhoff möchte mit rasanter Komik, Trash und Trivialitäten unterhalten, indem er diesen Macher und Macho nicht nur beruflich vor die Wand fahren lässt, sondern ihn auch privat in eine entsprechende Lage bringt. Seine Freundin entmannt ihn am Heiligen Abend mit einem Alessi-Korkenzieher. Vom darauf folgenden Totalzusammenbruch muss sich der Hedge-Fonds-Spezialist erst einmal in der Abgeschiedenheit einer noblen Schwarzwälder Kurklinik erholen. Hier sitzt er, dem nicht nur die Beine den Dienst versagen, kann an kaum etwas anderes als den Schwerverletzten denken, den er liebevoll seinen Porsche nennt und über dessen ehemalige Qualitäten er den Leser keinen Augenblick im Zweifel lässt.
Die Erinnerungen an die Vorgeschichte der Wirtschaftskrise und der weihnachtlichen Tragödie, an den Kitzel beim Wetten auf fallende Kurse und schwellende Körper, werden überlagert von neuen amourösen Turbulenzen. Denn in der gediegenen Abgeschiedenheit der Klinik findet Daniel ein Mädchen mit ausgeprägtem Interesse an menschlichen Feuchtgebieten, eine Jungautorin, die vom Erfolg ihres "Hämorrhoidenbestsellers" überwältigt wurde. Im "Waldhaus" sammeln sich schattenhafte Gestalten aus Medien, Wirtschaft und Kultur, depressive Prominente, die alle ihr mehr oder minder deutlich erkennbares Vorbild in der Wirklichkeit haben: Sabine Christiansen, Klaus Zumwinkel, Elke Heidenreich. Sie sollen den Witz des Romans steigern und die parodistischen Fähigkeiten des Autors erneut unter Beweis stellen. Natürlich darf das literarische Leben nicht fehlen. Also kündigt sich ein alter Herr mit Goethe-Roman zur Lesung im vornehmen Sanatorium an. Doch warum müht sich im Hintergrund auch noch eine andreaypsilantiartige Figur, hessische Ministerpräsidentin zu werden?
Der jüngste Roman von Bodo Kirchhoff will eine hochtourige Spritztour durch die überzeichnete Realität der gerade vergangenen Gegenwart sein. Dabei möchte er en passant die Welt erklären, die gerade für Schriftsteller keine gute ist. Danny Deserno ist nicht zufällig ein sexbesessener Banker. Die Lust am schnellen Profit wird ihm zum doppelten Verhängnis. Denn auf den bei Fesselspielen unter dem Weihnachtsbaum geäußerten Kinderwunsch seiner Freundin antwortet er mit einem fatalen: "Nee, Selma, nee." Und zeigt damit seinen unbekümmerten Umgang mit der sozialen Verantwortung. Der mangelnde Wille zur Nachhaltigkeit löst den Crash mit dem Korkenzieher aus und macht das Liebesleben zum Gleichnis. Und was ist mit Andrea Ypsilanti? Die Verkörperung des staatlich regulierten Marktes bietet keine Alternative. Sie wird der Lächerlichkeit preisgegeben - wie so vieles in diesem überdrehten Buch, dessen Protagonist und Porschefahrer am Ende eine wunderbare Heilung erfährt. Vielleicht dürfen wir auch auf eine baldige Gesundung des internationalen Finanzsystems hoffen?
Bodo Kirchhoff: "Erinnerungen an meinen Porsche". Roman. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2009. 224 S., geb., 17,95 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Auf diesem Zauberberg wird Holger Liebs nicht froh. Was Bodo Kirchhoff in seiner Luxus-Reha an Yellow-Press-Personal und Zeitgeschehen versammelt, findet Liebs nicht sonderlich originell. Über die bildliche Vereinigung von Sportwagen und Geschlecht sowie von sexuellem und finanziellem Bankrott kann er auch bloß gähnen. Dass er hinter der dauernden Augenzwinkerei des Autors dessen Genialität erkennt, soll Kirchhoff von unserem Rezensenten gar nicht erst erwarten. Möglich, dass Liebs den Roman erträglicher gefunden hätte, wenn sein Autor sich mehr Zeit gelassen und nicht zwanghaft jede Pressemitteilung der letzten neun Monate und jeden Herrenwitz darin verbraten hätte.
© Perlentaucher Medien GmbH
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