Sankt Petersburg, die Stadt am Meer, wird in diesem Buch so lebendig und anschaulich gefeiert wie selten zuvor. Eine Liebeserklärung des Nobelpreisträgers Brodsky und eine Reise in die Erinnerung und in die Kindheit - geschrieben, um im Exil nicht zu verstummen.
Mit Fotografien von Barbara Klemm, die Architektur, Menschen und Leben dieser großartigen Stadt dokumentieren.
Um im Exil nicht zu verstummen, wurde es für Joseph Brodsky nach seiner Ausbürgerung 1972 lebensnotwendig, sich an die Orte seiner Jugend zu erinnern. Entstanden ist dabei eine Liebeserklärung an Petersburg, in der die Stadt am Meer so lebendig und anschaulich gefeiert wird wie selten zuvor.
Mit Fotografien von Barbara Klemm, die Architektur, Menschen und Leben dieser großartigen Stadt dokumentieren.
Um im Exil nicht zu verstummen, wurde es für Joseph Brodsky nach seiner Ausbürgerung 1972 lebensnotwendig, sich an die Orte seiner Jugend zu erinnern. Entstanden ist dabei eine Liebeserklärung an Petersburg, in der die Stadt am Meer so lebendig und anschaulich gefeiert wird wie selten zuvor.
literaturtest.de
Zwischen Kommunalküche und Kommunalklo
Man kann jede Menge lesen über Russland, seine Menschen, ihre Mentalität. Aber man kann auch einfach Brodsky lesen und weiß anschließend das Wesentliche. Der Nobelpreisträger von 1987 taucht ein in seine Kindheit und Jugend in Petersburg; Pieter, wie es die Einheimischen nannten. Er beschreibt die Stadt, die seine Sinne schärfte und aus deren Architektur er sein historisches Wissen bezog. Er beschreibt die ungeliebte Schule, die er dank einer Eingebung eines schönen Vormittags als 15-Jähriger für immer verlässt. Er beschreibt Kollegen aus der Fabrik, wie sie arbeiten, saufen, lieben und leben zwischen Kommunalküche und Kommunalklo.
Starke Bilder
Und bei allem seziert der Autor mit scharfem Blick und scharfer Zunge das politische System, seine Unmenschlichkeit, seine Härte, seine Gleichmacherei. Dabei gelingen Brodsky Sätze, die ganz harmlos anfangen, aber brutal enden. Er ist ein Meister des Komprimierens. Seine Systemkritik kommt ohne philosophischen Überbau aus. Er malt starke Bilder von hoher Suggestionskraft. Zum Beispiel, wenn er scheinbar beiläufig das Straßenbahnfahren beschreibt und von sich meint, er fühle sich ?als eine Beere mehr in den dunkelgrauen Büscheln von Menschentrauben, die an den Trittbrettern hingen ...?
Uneingestandenes Heimweh
Brodsky, Jahrgang 1940, wurde 1972 aus der Sowjetunion ausgebürgert und lebte und arbeitete bis zu seinem Tod 1996 in den USA. Seine Erinnerungen sind deshalb auch eine Form von uneingestandenem Heimweh, ein Zurückgehen zu den Wurzeln, ein Gedenken an die Eltern, die bis zu ihrem Tod in der Sowjetunion blieben. Mit ihnen lebte er in einer Gemeinschaftswohnung, in der sie ein ?Übermaß? von 13 Quadratmetern ihr Eigen nannten. Und hier nahmen die schriftstellerischen Versuche Brodskys ihren Anfang: auf einer Schreibmaschine, die der Vater als Kriegsbeute aus China mitgebracht hatte. Die Schwarz-Weiß-Fotografien von Barbara Klemm ergänzen den Text kongenial.
(Mathias Voigt)
Zwischen Kommunalküche und Kommunalklo
Man kann jede Menge lesen über Russland, seine Menschen, ihre Mentalität. Aber man kann auch einfach Brodsky lesen und weiß anschließend das Wesentliche. Der Nobelpreisträger von 1987 taucht ein in seine Kindheit und Jugend in Petersburg; Pieter, wie es die Einheimischen nannten. Er beschreibt die Stadt, die seine Sinne schärfte und aus deren Architektur er sein historisches Wissen bezog. Er beschreibt die ungeliebte Schule, die er dank einer Eingebung eines schönen Vormittags als 15-Jähriger für immer verlässt. Er beschreibt Kollegen aus der Fabrik, wie sie arbeiten, saufen, lieben und leben zwischen Kommunalküche und Kommunalklo.
Starke Bilder
Und bei allem seziert der Autor mit scharfem Blick und scharfer Zunge das politische System, seine Unmenschlichkeit, seine Härte, seine Gleichmacherei. Dabei gelingen Brodsky Sätze, die ganz harmlos anfangen, aber brutal enden. Er ist ein Meister des Komprimierens. Seine Systemkritik kommt ohne philosophischen Überbau aus. Er malt starke Bilder von hoher Suggestionskraft. Zum Beispiel, wenn er scheinbar beiläufig das Straßenbahnfahren beschreibt und von sich meint, er fühle sich ?als eine Beere mehr in den dunkelgrauen Büscheln von Menschentrauben, die an den Trittbrettern hingen ...?
Uneingestandenes Heimweh
Brodsky, Jahrgang 1940, wurde 1972 aus der Sowjetunion ausgebürgert und lebte und arbeitete bis zu seinem Tod 1996 in den USA. Seine Erinnerungen sind deshalb auch eine Form von uneingestandenem Heimweh, ein Zurückgehen zu den Wurzeln, ein Gedenken an die Eltern, die bis zu ihrem Tod in der Sowjetunion blieben. Mit ihnen lebte er in einer Gemeinschaftswohnung, in der sie ein ?Übermaß? von 13 Quadratmetern ihr Eigen nannten. Und hier nahmen die schriftstellerischen Versuche Brodskys ihren Anfang: auf einer Schreibmaschine, die der Vater als Kriegsbeute aus China mitgebracht hatte. Die Schwarz-Weiß-Fotografien von Barbara Klemm ergänzen den Text kongenial.
(Mathias Voigt)
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Befremdet reagiert Heribert Kuhn auf das Cover dieses Buches, das - passend zum Petersburg-Jubiläum - neu aufgelegt wird, bei seinem ersten Erscheinen jedoch noch den Titel "Erinnerungen an Leningrad trug". Die mit Fotografien von Barbara Klemm bebilderte Neuausgabe wird nämlich mit "die helle Stadt am Meer" beworben, mokiert sich Kuhn, dabei könne von einer Feier oder Lobpreisung der Stadt bei Brodsky wohl kaum die Rede sein, und auch die angekündigte "Liebeserklärung des Nobelpreisträger" gelte ausschließlich den Eltern und nicht seiner Geburtsstadt, deren Boden er nach seiner Ausweisung nie wieder betreten hat. Bei Brodsky kommt mehr die Monotonie des Alltags zum Zuge, der grau und öde wirkt, erklärt Kuhn: Schulen, Fabriken, Gefängniszellen, Wohnzellen. Der Parzellierung und Enge der Wohnungen widmet Brodsky besondere Aufmerksamkeit, er entwickelt für Kuhn im zweiten Teil des Buches regelrecht eine "Poetik der Raumnot", mit deren Hilfe er sowohl die vorrevolutionäre Zeit im Künstlerhaus "disk" wie auch die Bedingungen seines eigenen Schreibens reflektiere. Laut Kuhn hat Brodsky seine Erinnerungen an seine Eltern und seine Heimatstadt auf Englisch verfasst, weil er ihnen wenigstens im Nachhinein die Bewegungsfreiheit englischer Verben und einen "fremden Bewusstseins-Kode" gönnen wollte. So dienen die beiden Essays mehr als Korrektiv der prächtigen Kulisse Petersburgs, das in diesen Tagen so glamourös gefeiert wird, schließt Kuhn nun doch besänftigt.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
"Über das Leben der Menschen in dieser "vom Schicksal gezeichneten Stadt" hat wohl kein anderer Schriftsteller so anschaulich berichtet wie Joseph Brodsky."
Peter Schütt, Süddeutsche Zeitung, 05.07.94
Peter Schütt, Süddeutsche Zeitung, 05.07.94