Die Landschaft des Schanfiggs, ein von hohen Gipfeln umgebenes Tal, ist seit zwei Jahrtausenden durch die Landwirtschaft geprägt. Die schmucken Dörfer in den oberen Talabschnitten gehören zu den ältesten Walsersiedlungen des Kantons Graubünden. Nach Irrungen und Wirrungen über den Streckenverlauf der Bahn wurde schlussendlich am 15. Juli 1911 der lange Streit um die Linienführung beendet und die Gesellschaft der Chur-Arosa-Bahn gegründet. Am 1. August 1912 wurden die Bauarbeiten an der rund 26 km langen Strecke aufgenommen und nach nur zweijähriger Bauzeit am 12.12.1914 eröffnet. Mit zahlreichen historischen Abbildungen wird der spektakuläre Bahnbau im topografisch schwierigen Gelände dokumentiert. Eindrückliche Farbfotos zeigen Linienführung der Bahn, von Chur nach Arosa, inmitten einer aussergewöhnlichen Landschaft. Schon im 19. Jahrhundert wagten sich unternehmungslustige Reisende mit einem mehrstündigen Marsch in die damals noch kleine Walsersiedlung Arosa.Nach dem Bau der Poststrasse nach Arosa 1890 und der Begünstigung durch die Höhenluft entwickelte sich das einstmals einfache Bergbauerndorf zum mondänen Luftkurort, in dessen luxuriösen Sanatorien die schwindsüchtige Gesellschaft aus ganz Europa auf ihre Heilung wartete. Schon bald kam die Idee auf, zum schnell expandierenden Kurort eine Eisenbahnstrecke durch das Schanfigg nach Arosa zu bauen. Der aufkommende Tourismus in Arosa wird durch den Einfluss der Bahn in diesem Buch in Wort und Bild gezeigt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.12.2014Der Schweizer Bahn ist kein Gelände zu steil
Wieder ein hundertjähriges Bahnjubiläum in Graubünden, wieder ein opulenter Bildband, wieder vom AS-Verlag. Man befürchtet eine Flut von Bildern, die man alle schon mal irgendwo gesehen hat - ein Vorurteil, das sich als falsch erweist. Die Fotos sind bestechend, zeigen ungewöhnliche Perspektiven und machen die Züge der Chur-Arosa-Bahn nicht zu sakralen Objekten. Das Augenmerk liegt fast immer auf der Landschaft, die man auf der sechsundzwanzig Kilometer langen Bergstrecke zu Gesicht bekommt: das auch Schanfigg genannte Tal der Plessur mit seinen weichen Wiesenhängen, wilden Tobeln und alten Holzhäusern. Dass es kein Buch für den kleinen Kreis der Eisenbahnenthusiasten ist, zeigen auch die Texte. In einer angenehm sachlichen Sprache erfährt man alles Wissenswerte über die Geschichte des von deutschsprachigen Walserbauern urbar gemachten Hochtals und die unfassbare Karriere seiner ehedem kleinsten Siedlung Arosa, die sich in den vergangenen hundert Jahren vom Bauerndorf zum mondänen Kurort für Lungenkranke und schließlich zu einer modernen Wintersportdestination entwickelt hat. Natürlich werden auch die Schwierigkeiten des Bahnbaus in einem topographisch höchst schwierigen Gelände geschildert und die politischen Konstellationen erörtert, die Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts in Graubünden zu einem beispiellosen Eisenbahnbauboom führten. Zu den wichtigsten Faktoren gehört wohl das strikte Fahrverbot für Privatautos, an dem der Bauernkanton bis 1925 festhielt. Das Erstaunlichste: Im Unterschied zu anderen Bündner Regionen hat die Öffnung für den Autoverkehr die Bahnstrecke nach Arosa nicht zur Nebensächlichkeit gemacht. Selbst die wenigen Tagesskifahrer kommen mit der von Thomas Mann so getauften "Hochgebirgstram". Man mag sich gar nicht ausmalen, wie viel Besinnlichkeit es in den Alpen noch gäbe, wenn sich die Lust an der Langsamkeit des Eisenbahnzeitalters auch in anderen Destinationen erhalten hätte.
fitz
"Erlebnis Chur-Arosa-Bahn - Streifzug durch das Schanfigg" von Ueli Haldimann, Tibert Keller, Georg Jäger. AS-Verlag, Zürich 2014. 192 Seiten, 242 Abbildungen. Gebunden, 43,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wieder ein hundertjähriges Bahnjubiläum in Graubünden, wieder ein opulenter Bildband, wieder vom AS-Verlag. Man befürchtet eine Flut von Bildern, die man alle schon mal irgendwo gesehen hat - ein Vorurteil, das sich als falsch erweist. Die Fotos sind bestechend, zeigen ungewöhnliche Perspektiven und machen die Züge der Chur-Arosa-Bahn nicht zu sakralen Objekten. Das Augenmerk liegt fast immer auf der Landschaft, die man auf der sechsundzwanzig Kilometer langen Bergstrecke zu Gesicht bekommt: das auch Schanfigg genannte Tal der Plessur mit seinen weichen Wiesenhängen, wilden Tobeln und alten Holzhäusern. Dass es kein Buch für den kleinen Kreis der Eisenbahnenthusiasten ist, zeigen auch die Texte. In einer angenehm sachlichen Sprache erfährt man alles Wissenswerte über die Geschichte des von deutschsprachigen Walserbauern urbar gemachten Hochtals und die unfassbare Karriere seiner ehedem kleinsten Siedlung Arosa, die sich in den vergangenen hundert Jahren vom Bauerndorf zum mondänen Kurort für Lungenkranke und schließlich zu einer modernen Wintersportdestination entwickelt hat. Natürlich werden auch die Schwierigkeiten des Bahnbaus in einem topographisch höchst schwierigen Gelände geschildert und die politischen Konstellationen erörtert, die Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts in Graubünden zu einem beispiellosen Eisenbahnbauboom führten. Zu den wichtigsten Faktoren gehört wohl das strikte Fahrverbot für Privatautos, an dem der Bauernkanton bis 1925 festhielt. Das Erstaunlichste: Im Unterschied zu anderen Bündner Regionen hat die Öffnung für den Autoverkehr die Bahnstrecke nach Arosa nicht zur Nebensächlichkeit gemacht. Selbst die wenigen Tagesskifahrer kommen mit der von Thomas Mann so getauften "Hochgebirgstram". Man mag sich gar nicht ausmalen, wie viel Besinnlichkeit es in den Alpen noch gäbe, wenn sich die Lust an der Langsamkeit des Eisenbahnzeitalters auch in anderen Destinationen erhalten hätte.
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"Erlebnis Chur-Arosa-Bahn - Streifzug durch das Schanfigg" von Ueli Haldimann, Tibert Keller, Georg Jäger. AS-Verlag, Zürich 2014. 192 Seiten, 242 Abbildungen. Gebunden, 43,90 Euro.
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