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Die Korrespondenz der beiden Juristen umfaßt etwa 550 Briefe. Sie beginnt 1922, als Kunkel seinen Lehrer um Ratschläge für seine Dissertation bat, und endet 1968 mit Levys Tod, als der Lehrer nicht nur zum Kollegen sondern zum vertrautesten Freund geworden war. Levy antwortete Kunkel aus Freiburg, aus Heidelberg, aus Seattle (Washington), aus Basel und zuletzt aus Davis (Calif.). Beide bewahrten die Briefe von Anbeginn an sorgfältig auf. Von der Zwangspause während des Zweiten Weltkrieges abgesehen blieben sie immer in direktem Kontakt. Die schwierigen Lebensbedingungen eines Emigranten,…mehr

Produktbeschreibung
Die Korrespondenz der beiden Juristen umfaßt etwa 550 Briefe. Sie beginnt 1922, als Kunkel seinen Lehrer um Ratschläge für seine Dissertation bat, und endet 1968 mit Levys Tod, als der Lehrer nicht nur zum Kollegen sondern zum vertrautesten Freund geworden war. Levy antwortete Kunkel aus Freiburg, aus Heidelberg, aus Seattle (Washington), aus Basel und zuletzt aus Davis (Calif.). Beide bewahrten die Briefe von Anbeginn an sorgfältig auf. Von der Zwangspause während des Zweiten Weltkrieges abgesehen blieben sie immer in direktem Kontakt. Die schwierigen Lebensbedingungen eines Emigranten, Remigranten und wieder in die Fremde Zurückgekehrten werden am Briefbestand deutlich: Kunkels Briefe an Levy haben mit den Umzügen zum Teil viermal den Ozean überquert, um schließlich wieder nach Heidelberg zu kommen. In den Briefen spiegeln sich die Lebens- und Arbeitsbedingungen in Deutschland während des Nationalsozialismus, in den USA, in Ost- und Westdeutschland nach dem Krieg. Sie sind eines der wenigen gut dokumentierten Zeugnisse einer Epoche, die allzuoft Bindungen zerriß.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.09.2005

Kostbarkeit für Rechtshistoriker
Dorothee Mußgnug ediert einen spitzengelehrten Briefwechsel

Gelehrtenbriefwechsel unserer Zeit werden normalerweise geringgeschätzt. Was haben sie schon zu sagen außer freundlichem Gedankenaustausch, Universitäts- und besonders Berufungsangelegenheiten, Zusendung von Sonderdrucken oder Beschaffung von Druckkostenzuschüssen? So scheint es im Grunde hier auch. Zwei Gelehrte des römischen Rechts korrespondieren ein Leben lang. Die in Heidelberg und München aufbewahrten Briefe beginnen mit Kunkels Dissertation 1922 und enden 1968 mit Levys Tod im kalifornischen Davis. Sie enthalten in der Tat Alltagsnachrichten, Familiäres, Berichte von Forschungsarbeiten, Prüfungen, Vorträgen, Besuchen und Urlauben. Was ist also Besonderes daran? Muß man sie veröffentlichen?

Ich glaube, in diesem Falle, ja. Die Heidelberger Historikerin Dorothee Mußgnug hat den Briefwechsel aus den Nachlässen ans Licht gezogen. Er ist komplett und bildet, jedenfalls für die Rechtshistoriker, eine Kostbarkeit. Denn es sind zwei Gelehrte der Spitzenklasse, die sich da unterhalten. Der Romanist Ernst Levy (1881 bis 1968), großer Erforscher des "weströmischen Vulgarrechts" der Spätantike, machte seinen akademischen Weg von Berlin nach Frankfurt, von da nach Freiburg und Heidelberg. Dort vertrieb ihn der Nationalsozialismus in die Vereinigten Staaten. Nach dem Krieg lebte er noch einmal ein Jahrzehnt in Basel, in aller Vorsicht wieder Beziehungen zu den Rechtshistorikern knüpfend, darunter sofort auch zu seinem Schüler und Freund Wolfgang Kunkel (1902 bis 1981).

Dieser vielleicht noch bedeutendere Romanist hatte in Gießen studiert, war schon als Referendar Ordinarius geworden und ging über Freiburg, Göttingen und Bonn nach Heidelberg, wo er 1943 Levys Lehrstuhl übernahm. 1955 wechselte er nach München. Seine Leistungen liegen vor allem in der Erforschung des römischen Strafrechts und Staatsrechts sowie in der Sozialgeschichte römischer Juristen. Aus seinem Seminar ist eine ganze Schule bekannter Romanisten hervorgegangen.

Was den Briefwechsel so anziehend macht, sind weniger die wissenschaftsgeschichtlichen Details, so wichtig sie für die Spezialisten sein mögen. Alle romanistischen Rechtshistoriker der Zeit kommen irgendwie vor, Max Kaser und Franz Wieacker, Helmut Coing, David Daube, Fritz Pringsheim, Hans Julius Wolff sowie deren heute meist auch schon emeritierte Schüler. Aber wichtiger ist etwas anderes. Man sieht eine Freundschaft wachsen, die mit einem Brief des zwanzigjährigen Kunkel beginnt ("Sehr geehrter Herr Professor") und nach über fünfhundert Briefen endet ("Lieber Wolfgang"). Eine Freundschaft, die dank menschlichen Anstands und unbeirrter Immunität gegen den Nationalsozialismus Festigkeit gewann. Kunkel hat seinem Lehrer die Treue gehalten, und dieser konnte sich in den Jahren größter Bedrängnisse auf Kunkel verlassen. Beide gehen zartfühlend miteinander um. Es gelingt ihnen, die um die Gelehrtenstube tobenden Dämonen zu bannen. Diese Briefe haben etwas Tröstliches. "Er liebte Dich", schreibt Frau Levy nach dem Tod ihres Mannes an Kunkel, "die Jahrzehnte hindurch, vertraute Dir, wie kaum jemandem."

Dorothee Mußgnug hat die Briefe sorgfältig bearbeitet, Familiennachrichten nicht unterschlagen, sondern als kursiv gedruckte Regesten angedeutet, Werk- und Namensregister hinzugefügt und einen kleinen biographischen Abriß der beiden Korrespondenten hinzugefügt, durch dessen Verdichtung noch einmal das ganze Elend der sogenannten Emigration fast körperlich fühlbar wird.

MICHAEL STOLLEIS

Dorothee Mußgnug: "Ernst Levy und Wolfgang Kunkel". Briefwechsel 1922-1968. Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2005. 581 S., geb., 58,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Eine "Kostbarkeit" sieht Rezensent Michael Stolleis in diesem Briefwechsel der Juristen Ernst Levy (1881 bis 1968) und Wolfgang Kunkel (1902 bis 1981), den die Heidelberger Historikerin Dorothee Mußgnug herausgegeben hat - "jedenfalls für die Rechtshistoriker". Schließlich unterhalten sich hier nach Einschätzung des Rezensenten zwei Gelehrte der Spitzenklasse. Doch sind es für Stolleis weniger die wissenschaftsgeschichtlichen Details, so wichtig sie für die Spezialisten sein mögen, die den Briefwechsel "so anziehend" machen. Viel wichtiger erscheint ihm, dass man eine Freundschaft wachsen sehen könne, "die dank menschlichen Anstands und unbeirrter Immunität gegen den Nationalsozialismus Festigkeit gewann". Kunkel habe seinem Lehrer, der vor den Nationalsozialisten in die USA fliehen musste, die Treue gehalten. "Diese Briefe", befindet Stolleis, "haben etwas Tröstliches." Ein großes Lob spricht er auch der Herausgeberin Mußgnug aus, die die Briefe sorgfältig bearbeitet, Familiennachrichten nicht unterschlagen, sondern als kursiv gedruckte Regesten angedeutet, Werk- und Namensregister hinzugefügt und einen kleinen biographischen Abriss der beiden Korrespondenten hinzugefügt hat.

© Perlentaucher Medien GmbH