Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Die Sicht werde eingeschränkt und sie seien zu marktschreierisch, hieß es vor 150 Jahren in Berlin, als die ersten Litfaßsäulen aufgestellt wurden. Zum Jubiläum nicht des Erfinders, sondern seiner Säulen hat Wilfried F. Schoellers eine 223 Seiten starke Biografie über Ernst Litfaß vorgelegt, erläutert Rezensent Ralf Berhorst und lobt sie zur Einstimmung schon mal als ein "kleines Meisterwerk". Auch sei Ernst Litfaß als umtriebiges Multitalent ein überaus lohnendes Objekt der Darstellung. Allerlei "Bizarrerien" könne Schoeller anzeigen, nachdem erst einmal geklärt sei, dass Litfaß seine Säulen nicht erfunden, vielmehr nach Vorbildern in London und Paris abgekupfert habe. Realität auch in Berlin sind sie aber erst geworden, so Berhorst, weil die wirtschaftlichen Interessen des Druckereibesitzers Litfaß mit dem staatlichen Kontrollbedürfnis gegen wildes Plakatieren nach der 1848er Revolution eine strategische Partnerschaft eingingen. Litfaß sei beispielsweise auch deshalb eine so interessante Figur, gibt der Rezensent zu bedenken, weil er kurz zuvor noch der wichtigste Drucker von Revolutionsschriften gewesen sei. Darüber hinaus aber auch, in jungen Jahren, Schauspieler an der Seite von "ästhetischen Damen", und später "Dichter, Impressario und Eventregisseur". Von diesen und weiteren einfallsreichen Betätigungen des Ernst Litfaß erzähle Schoellers Biografie mit "viel Sprachwitz" und stets "ironischer Sympathie" für den Helden.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH