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Ernst von Borsig jr. (1906-1945) war das jüngste von vier Kindern des Großindustriellen Ernst von Borsig. Der studierte Volkswirt und Landwirt entwickelte 1933 das Gut Groß Behnitz westlich von Nauen zum Mustergut. Als Gegner des Nationalsozialismus schloss er sich dem Kreisauer Kreis an, der sich von 1941 bis 1944 mehrmals konspirativ auf dem Gut traf. Nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 wurde Borsig jedoch nicht verhaftet. Allerdings wurde er Ende April 1945 von Rotarmisten festgenommen und starb in sowjetischer Lagerhaft im Herbst 1945 in Landsberg an der…mehr

Produktbeschreibung
Ernst von Borsig jr. (1906-1945) war das jüngste von vier Kindern des Großindustriellen Ernst von Borsig. Der studierte Volkswirt und Landwirt entwickelte 1933 das Gut Groß Behnitz westlich von Nauen zum Mustergut. Als Gegner des Nationalsozialismus schloss er sich dem Kreisauer Kreis an, der sich von 1941 bis 1944 mehrmals konspirativ auf dem Gut traf. Nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 wurde Borsig jedoch nicht verhaftet. Allerdings wurde er Ende April 1945 von Rotarmisten festgenommen und starb in sowjetischer Lagerhaft im Herbst 1945 in Landsberg an der Warthe.Als Neffe von Ernst von Borsig jr. konnte Ernst-Friedrich Harmsen unter anderem auf ein umfangreiches Familienarchiv mit Briefen, Fotos und Gästebüchern zurückgreifen. Er zeichnet den Werdegang Borsigs nach, seine Kindheit in einer großbürgerlichen Familie auf dem Familienanwesen am Tegeler See und dem Gut in Groß Behnitz sowie die Erziehung in der Klosterschule Roßleben in Thüringen. Dort schloss Borsig Freundschaften, die sich später im Widerstand gegen den Nationalsozialismus bewähren sollten. Die Leser erfahren, wie Borsig gegen den Widerstand lokaler Nationalsozialisten und Kirchenvertreter einen Pfarrer der Bekennenden Kirche als Pastor in Behnitz durchsetzte und wie Peter Yorck von Wartenburg auf der Suche nach einem Ort für ungestörte Gespräche sich bei seinem ehemaligen Mitschüler Ernst von Borsig meldete. Daraus entwickelten sich Treffen in loser Folge, an denen neben Yorck auch Helmuth James von Moltke, Adam von Trott zu Solz und andere Vertreter des Kreisauer Kreises teilnahmen. Hier entwickelte Borsig mit den Freunden Gedanken für eine landwirtschaftliche und volkswirtschaftliche Neuordnung nach der Zeit der NS-Diktatur.
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Autorenporträt
Ernst-Friedrich Harmsen, 1943 geboren, ist Historiker und Geograf. Nach fotografischer Tätigkeit Studium der Geschichte, Politik, Geografie, Soziologie und des Öffentlichen Rechts in Hamburg, Monterey/Kalifornien, Aachen und Frankfurt. Staatsexamen und Referendariat in Hamburg. Arbeit an verschiedenen Schultypen, besonders an Waldorfschulen. In der Lehrerbildung in Ostafrika und Zentralasien tätig. Er lebt zurzeit in Addis Abeba.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.07.2016

Groß Behnitz im Widerstand
Das Gut von Ernst von Borsig war auch ein Anlaufpunkt für den Kreisauer Kreis

Am 26. Juni 1931 kam es im Rahmen der sogenannten Münchener Universitätskrawalle in einem juristischen Repetitorium zu einer Schlägerei. Damit machte der "Völkische Beobachter" deutschlandweit auf. Was war geschehen? Der Staatsrechtler Hans Nawiasky hatte in einer Übung vertraulich daran erinnert, dass der Versailler Vertrag auf vergleichbare Weise zustande gekommen war, wie Deutschland 1918 den Vertrag von Brest-Litowsk erzwungen hatte. Nationalsozialistische Studenten hatten diesen Vergleich weitererzählt, der "Völkische Beobachter" hatte entstellend darüber berichtet. Als der Repetitor den Völkerrechtler als Lump bezeichnete, wies ihn ein junger Jurastudent scharf zurecht und warf den "Schweinen von Nationalsozialisten" vor, deutsche Interessen massiv verletzt und Landesverrat begangen zu haben, indem sie diese Äußerung öffentlich gemacht hätten. Als nationalsozialistische Teilnehmer des Repetitoriums dem Studenten Schläge androhten, konterte dieser ruhig: "Na, dann schlagen wir uns halt."

Dieser Student hieß Ernst von Borsig, stammte aus einer bekannten Großindustriellen-Familie, die sich vor allem als Dampflokomotiven-Hersteller weltweit einen Namen gemacht hatte. 1906 als jüngstes von vier Kindern geboren, studierte er Volks- und Landwirtschaft und übernahm 1933 das familieneigene Gut Groß Behnitz, westlich von Berlin gelegen. Er machte nicht nur das Gut mit Blick auf die Holzbewirtschaftung zu einem Vorzeigeunternehmen, sondern übernahm auch die vielfältigen sozialen Verpflichtungen als Gutsbesitzer. Wiederum kam es zu Konflikten mit den Nationalsozialisten.

Als Gutsherr war Borsig auch Kirchenpatron in Groß Behnitz, der für den Unterhalt der örtlichen evangelischen Kirche sorgen musste, dafür aber über die Einstellung des Pfarrers entscheiden durfte. Als 1937 die Seelsorgerstelle neu besetzt werden sollte, entschied sich Borsig im Einvernehmen mit der übergroßen Mehrheit der Gemeinde bewusst für einen Pfarrer der Bekennenden Kirche. Einzelne Behnitzer, darunter der Bürgermeister und ein Oberlehrer, versuchten in der Folge, mit Denunziationen, Drohungen und Beschwerden bis auf oberste Reichsebene die Einsetzung des Geistlichen zu verhindern. Ein halbes Jahr musste Borsig kämpfen, bis sein Kandidat offiziell von der Landeskirche in seinem Amt bestätigt wurde und feierlich als Pfarrer eingesetzt werden konnte.

Während des Zweiten Weltkriegs entwickelte sich das Gut Groß Behnitz zu einem wichtigen Treffpunkt für Gegner des Nationalsozialismus. Freundschaften aus Schul- und Studienzeit bildeten eine wichtige Vertrauensbasis für Kritik am NS-Regime und Planungen für die Zeit nach dem Scheitern der Nationalsozialisten. Neben Kreisau und Klein-Oels bildete Borsigs Gutshof Groß Behnitz den dritten Anlaufpunkt für den Kreisauer Kreis, der sich über mehrere Jahre unter der Leitung von Helmuth James Graf von Moltke und Peter Yorck von Wartenburg in unterschiedlichen personellen Konstellationen traf. Borsig war vor allem an den Diskussionen über eine zukünftige Landwirtschaftspolitik und die Umgestaltung des ländlichen Raumes beteiligt. Dabei kam ihm in den entsprechenden Beratungen die Rolle als liberaler Gegenpart zu Moltke zu.

Borsig, den Moltke einmal als klug, aufgeschlossen, aber "etwas zu sehr Landwirt" beschrieb, rückte jedoch nicht in den "Inner Circle" des Kreisauer Kreis vor. Dies ermöglichte es ihm und seiner Frau, die Gestapo zu täuschen und die Zugehörigkeit zu dieser Gruppe von Gegnern des Nationalsozialismus zu verheimlichen, nachdem die meisten Mitglieder des Moltke-Kreises verhaftet worden waren. Anders als viele Kreisauer überlebte Borsig das nationalsozialistische Terrorregime, wurde jedoch von den Sowjets festgenommen und starb in der Haft. Sein Leben rekonstruiert - mit großen Überlieferungslücken kämpfend - Ernst-Friedrich Harmsen unter Rückgriff auf familieneigenes Material.

CHRISTOPHER DOWE

Ernst-Friedrich Harmsen: Ernst von Borsig. Märkischer Gutsherr und Gegner des Nationalsozialismus. Verlag für Berlin-Brandenburg, Berlin 2015. 208 S., 24,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Christopher Dowe gibt das Leben des Widerständlers Ernst von Borsig wieder, wie er es in Ernst-Friedrich Harmsens Buch dargestellt findet. Von den frühen Konflikten mit Nazis an der juristischen Fakultät der Münchener Universität bis zur Ausrichtung von Treffen des Kreisauer Kreises auf Borsigs Gut Groß Behnitz. Trotz großer Überlieferungslücken scheint Dowe der Autor unter Einbeziehung von familieneigenem Material Überzeugendes zu leisten.

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