»Er presste die Zähne zusammen und blickte starr auf das Bild, das sich ihm bot. Vor ihm lag ein Mann, nur mit einer Hose, Strümpfen und einem ehemals weißen, jetzt ziemlich verdreckten Hemd bekleidet. Sein Kragen war von verkrustetem Blut dunkelrot, fast schwarz gefärbt. Eine tiefe, klaffende Wunde
zog sich quer über den Hals des Mannes. Auf der Stirn klebte ebenfalls eingetrocknetes Blut. Doch…mehr»Er presste die Zähne zusammen und blickte starr auf das Bild, das sich ihm bot. Vor ihm lag ein Mann, nur mit einer Hose, Strümpfen und einem ehemals weißen, jetzt ziemlich verdreckten Hemd bekleidet. Sein Kragen war von verkrustetem Blut dunkelrot, fast schwarz gefärbt. Eine tiefe, klaffende Wunde zog sich quer über den Hals des Mannes. Auf der Stirn klebte ebenfalls eingetrocknetes Blut. Doch das war es nicht, was den Kommissar und offenbar auch die anderen Kollegen so aus der Fassung brachte. Auf der Brust des Mannes lag, mit ausgebreiteten Flügeln, ein toter, pechschwarzer Vogel.«
Ein wirklich schauriger Fund, der nicht nur Kluftinger (der ja bekanntlich auf Leichenfunde sehr sensibel reagiert), sondern auch sein ganzes Team entsetzt. Weshalb drapierte der Täter einen toten Vogel auf der Brust seines Opfers? Was wollte er damit aussagen? Als nur wenig später ein zweites Mordopfer gefunden wird, erkennen die Ermittler zwei Dinge: Scheinbar orientiert sich der Täter an alten Sagen. Und mit großer Wahrscheinlichkeit hat er sein Werk noch nicht vollendet...
An diesem Klufti hatte ich wieder viel Spaß! Schon der erste Fall des Allgäuer Ermittlers (Milchgeld) gefiel mir sehr und dieser hier hält das hohe Niveau. Die Kombi stimmt einfach, Klufti und sein Team sind mir schwer sympathisch und der Fall einfallsreich gestrickt, spannend geschrieben und in der Auflösung stimmig.
Unbedingte Voraussetzung für den Lesegenuss ist aber, dass man keine "Bayern-Unverträglichkeit" hat, denn bayerisch wird's nicht zu knapp - wir haben hier einen Regionalkrimi vom Feinsten. Kluftinger verkörpert fast jedes Klischee, das man dieser Ecke Deutschlands nachsagt, ist dabei aber so liebenswert und wirkt so "echt", dass ich ihn von Anfang an ins Herz geschlossen hatte. Und immerhin, im Vergleich zu seinem Vorgesetzten, der zu meiner großen Erheiterung in allertiefstem Dialekt parliert („Homm S‘ wos rausgfundn?“), spricht Kluftinger ein lupenreines Hochdeutsch ;-)
Aber Klufti ist nicht nur ein unterhaltsames Original, sondern auch ein toller Ermittler. Er grübelt, arbeitet planvoll und sein Vorgehen sowie die Auflösung erschienen mir logisch und schlüssig. Die Thematik rund um die regionale Sagenwelt fand ich zudem höchst interessant! Die einzelnen Kapitel werden jeweils von einer Strophe des Erntelieds von Clemens Brentano eingeleitet und ich war jedes Mal gespannt, was der „Schnitter“ wohl weiter vorhat.
Fazit: ich glaube, das wird meine Lieblingsreihe! Spannender Regionalkrimi mit einem liebenswert menschlichen Ermittler.
»Es ist ein Schnitter, der heißt Tod,
er mäht das Korn, wenn’s Gott gebot;
Schon wetzt er die Sense,
Daß schneidend sie glänze,
Bald wird er dich schneiden,
Du mußt es nur leiden;
Mußt in den Erntekranz hinein,
Hüte dich schöns Blümelein!«