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Wieder, wie jährlich, hatte der alte Gärtner zur Feier des Namenstages der verehrten Herrin schon in früher Morgenstunde ein stattliches Blumengewinde auf der Terrasse vorbereitet, diesmal ein buntes Tableau, nicht ohne Geschmack an einer ganz mit weißen Blüten umkleideten Staffelei befestigt. Alsbald auch huschte neugierig die Jungfer herbei, den festlich gedeckten Frühstückstisch zu prüfen. Der Kammerdiener konnte sich's nicht versagen, ihr, wie sie sich so über das zierliche Arrangement der Tassen und Teller beugte, von hinten, nicht eben allzu sanft, an die enggemiederte Taille zu greifen,…mehr

Produktbeschreibung
Wieder, wie jährlich, hatte der alte Gärtner zur Feier des Namenstages der verehrten Herrin schon in früher Morgenstunde ein stattliches Blumengewinde auf der Terrasse vorbereitet, diesmal ein buntes Tableau, nicht ohne Geschmack an einer ganz mit weißen Blüten umkleideten Staffelei befestigt. Alsbald auch huschte neugierig die Jungfer herbei, den festlich gedeckten Frühstückstisch zu prüfen. Der Kammerdiener konnte sich's nicht versagen, ihr, wie sie sich so über das zierliche Arrangement der Tassen und Teller beugte, von hinten, nicht eben allzu sanft, an die enggemiederte Taille zu greifen, daß sie vor Kitzel kichernd zurück- und ihm fast in die rasch auseinandergebreiteten Arme fuhr. Die schöne Gräfin hatte das fürwitzige Spiel bemerken müssen. Jetzt trat sie, um eine stürmischere Entwicklung der Szene zwischen dem Gesinde zu verhindern, vernehmlich rauschend durch die verglaste Flügeltüre hervor. Sie schien es nicht zu achten, daß sich der peinlich überraschte Diener mit einem unter tiefem Bückling stotternd vorgebrachten Glückwunsch aus der Sache zu ziehen unternahm, so gut oder so schlecht es ihm der leidige Moment eingegeben hatte. Auch daß die Zofe mit unwilliger Pantomime dem Verdachte des Einverständnisses zu wehren versuchte, geruhte die Herrin nicht zu bemerken. Der Bediente entfernte sich betreten, indem er die beiden Lakaien an den Tisch wies.
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Autorenporträt
Nach der Schulzeit in Brünn studierte Richard Schaukal Rechtswissenschaften in Wien und trat anschließend in den Staatsdienst ein. 1898 promovierte er zum Dr. jur. und wurde 1899 an die Bezirkshauptmannschaft nach Mährisch Weißkirchen versetzt. Ebenfalls 1899 heiratete er Fanny Hückel, die Tochter eines Hutfabrikanten, mit der er drei Kinder hatte.[1] Seine Karriere als Staatsbeamter verlief ausgesprochen erfolgreich; 1903 wurde er in das Ministerialpräsidium nach Wien berufen, 1908 zum Ministerialsekretär, 1909 zum Sektionsrat und 1911 zum Ministerialrat ernannt, 1918 wurde er durch Kaiser Karl nobilitiert. Noch im gleichen Jahr verließ er den Staatsdienst, um von da an ausschließlich als freischaffender Dichter, Kritiker und Übersetzer zu arbeiten. Schaukal starb 1942 in Wien, wo er zuletzt mit seiner Familie in der Cobenzlgasse 42 in Döbling, XIX. Wiener Gemeindebezirk wohnte.