Erwin ist ein Nasenbär und lebt auf einer Insel in der Nähe von Sansibar. Er spielt Tröte, schöner als alle anderen, und braucht dazu noch nicht einmal ein Instrument, denn seine Tröte ist die eigene Nase. Manchmal spielt er allein vor sich hin, doch am besten lässt es sich in der Combo musizieren, mit den Dschungel-Kings. Da sitzt der Orang Utang an den Drums, Marimba spielt Horsti, die Hyäne und Alligator Alex entlockt dem Akkordeon Töne.
Sie merken es schon: Nach Olaf, dem Elch, hat Volker Kriegel mit dem jazzenden Nasenbären Erwin eine neue hinreißende Figur geschaffen. Wir erleben die musikalische Karriere Erwins, der natürlich auch Klassisches und Tanzbares spielen kann, von den Anfängen an, sehen den Nasenbären im Frack vor einem Galakonzert und erleben die Geburtsstunde des Magic Music Circus, den der fabelhafte Erwin zu großen Höhen führen wird.
Der Nasenbär auf Welttournee: lassen Sie sich dieses märchenhafte Abenteuer nicht entgehen.
Sie merken es schon: Nach Olaf, dem Elch, hat Volker Kriegel mit dem jazzenden Nasenbären Erwin eine neue hinreißende Figur geschaffen. Wir erleben die musikalische Karriere Erwins, der natürlich auch Klassisches und Tanzbares spielen kann, von den Anfängen an, sehen den Nasenbären im Frack vor einem Galakonzert und erleben die Geburtsstunde des Magic Music Circus, den der fabelhafte Erwin zu großen Höhen führen wird.
Der Nasenbär auf Welttournee: lassen Sie sich dieses märchenhafte Abenteuer nicht entgehen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.03.2002Nasenbär im Rampenlicht
Perfide und zauberhaft: Volker Kriegels neues Musik-Märchen
Dieses Buch beginnt mit einer faustdicken Lüge, und zur Rache wird diese Rezension mit einer faustdicken Lüge schließen. Zuerst aber die Buchlüge: "Man hatte ja schon des öfteren von musikalischen Nasenbären gehört." Hatte man das? Wir noch nie. Von musikalischen Schriftstellern haben wir schon des öfteren gehört. Zum Beispiel von Volker Kriegel, der erst als Jazzmusiker, dann als Illustrator und Kinderbuchautor reüssierte. Von ihm stammt der zitierte Satz, er steht auf der ersten Textseite seines neuen Buchs "Erwin mit der Tröte". Erwin, das wird man sich jetzt wohl denken können, auch wenn man noch nie etwas von musikalischen Nasenbären gehört hat, ist eben das: ein musikalischer Nasenbär.
Tatsächlich ertappten wir uns, den zitierten Satz einfach abzunicken: Musikalischer Nasenbär? Klar, schon des öfteren gehört. Denn ein Exemplar dieser Spezies schmückt den Umschlag des Buches, und wir waren sofort gefangen und gewonnen. Wie dieser Bär mit der trötenförmigen Nase da einherschreitet im Dschungel! Über eine Lichtung geht er, als stünde er im Zentrum eines Scheinwerfers. Natürlich ist das eine prophetische Szene, denn genauso wird es Erwin ergehen. Er macht Karriere, seine virtuose Spieltechnik begeistert die Welt, er füllt die größten Säle. Aber zurück zum Bild. Um Erwin herum bevölkern bunte Vögel den Urwald, und jeder dieser Vögel erinnert an das wunderbare Titelbild zu "Flauberts Papagei" von Julian Barnes. Alles wirkt also tiefvertraut und damit auch der Bär. Und schon ist man geneigt anzunehmen, daß man schon des öfteren von musikalischen Nasenbären gehört hat. So funktioniert die Unterwanderung des Gedächtnisses mittels Bild und Text. Perfide.
Und die zauberhaften Illustrationen sorgen dafür, daß das auch munter weitergeht. Die Geschichte kennt man eigentlich: die Aufsteigerstory vom unbekannten Musikus in Sansibar, der zum Startrompeter an der Mailänder Scala wird. Selbstverständlich geht das nicht gut, denn im Urwald ist es viel schöner als in der Scala. Doch da gibt es diesen Professor Higgins - nein, nicht den aus "My Fair Lady", aber ganz wie der versucht auch unser Higgins, ein unbedarftes Gemüt zu seinem Geschöpf zurechtzukneten. Daß Erwin das mit sich nicht machen läßt, ist klar; daß er zurück zu seiner alten Combo in den Dschungel geht, auch. Viel weniger klar aber ist, warum diese abgedroschene Geschichte sich so toll liest.
Das liegt an den Bildern. Nehmen wir etwa den Blick in die Scala, auf einer doppelseitigen Illustration: In den Logen und im Parkett jubeln die Menschen - und jeder jubelt anders, jeden muß man deshalb einzeln ansehen. Oder nehmen wir die Nachtveduten, die den einsamen Erwin auf seiner Welttournee vor wechselnden Hotelfenstern zeigen. Überall leuchtet die gleiche Skyline, ob in Rom, Paris oder Frankfurt. Nur der Mond nimmt stetig zu. Oder auch das wieder doppelseitige Bild, das einen Albtraum von Erwin illustriert: Da zeichnet Kriegel plötzlich Monster, wie sein großer britischer Kollege Ronald Searle es sonst gerne tut. Da kommen also nicht nur Kinder und Erwachsene gleichermaßen auf ihre Kosten, sondern auch die begeisterten Graphikfreunde, von denen man ja nie so recht weiß, zu welcher der ersten Gruppen sie gehören.
Nicht zuletzt ist das Buch ein Genuß für alle Musikfreunde, denn wie Kriegel seine eigenen diesbezüglichen Vorlieben in Text und Zeichnungen verwebt, das spricht von solcher Liebe zum Metier, daß man miteinstimmen möchte in den Lobgesang. Charlie Parker, Piazzolla, Bach - das sind nur einige der Gewährsleute, und im imaginären Trötenkomponisten Torelli ist auch Antonio Corelli gut aufgehoben. Dazu bekommt Simon Rattle einen Auftritt, Ludwig Güttler feiert sein Debüt im Bilderbuch, und selbst diese Zeitung darf mit einer Schlagzeile die Meisterschaft von Erwin beglaubigen. Wir glauben es jedoch auch so, denn ein Mann wie Volker Kriegel kann nicht lügen.
ANDREAS PLATTHAUS.
Volker Kriegel: "Erwin mit der Tröte". Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2002. 64 S., geb., 14,95. Ab 8 J. und für Erwachsene.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perfide und zauberhaft: Volker Kriegels neues Musik-Märchen
Dieses Buch beginnt mit einer faustdicken Lüge, und zur Rache wird diese Rezension mit einer faustdicken Lüge schließen. Zuerst aber die Buchlüge: "Man hatte ja schon des öfteren von musikalischen Nasenbären gehört." Hatte man das? Wir noch nie. Von musikalischen Schriftstellern haben wir schon des öfteren gehört. Zum Beispiel von Volker Kriegel, der erst als Jazzmusiker, dann als Illustrator und Kinderbuchautor reüssierte. Von ihm stammt der zitierte Satz, er steht auf der ersten Textseite seines neuen Buchs "Erwin mit der Tröte". Erwin, das wird man sich jetzt wohl denken können, auch wenn man noch nie etwas von musikalischen Nasenbären gehört hat, ist eben das: ein musikalischer Nasenbär.
Tatsächlich ertappten wir uns, den zitierten Satz einfach abzunicken: Musikalischer Nasenbär? Klar, schon des öfteren gehört. Denn ein Exemplar dieser Spezies schmückt den Umschlag des Buches, und wir waren sofort gefangen und gewonnen. Wie dieser Bär mit der trötenförmigen Nase da einherschreitet im Dschungel! Über eine Lichtung geht er, als stünde er im Zentrum eines Scheinwerfers. Natürlich ist das eine prophetische Szene, denn genauso wird es Erwin ergehen. Er macht Karriere, seine virtuose Spieltechnik begeistert die Welt, er füllt die größten Säle. Aber zurück zum Bild. Um Erwin herum bevölkern bunte Vögel den Urwald, und jeder dieser Vögel erinnert an das wunderbare Titelbild zu "Flauberts Papagei" von Julian Barnes. Alles wirkt also tiefvertraut und damit auch der Bär. Und schon ist man geneigt anzunehmen, daß man schon des öfteren von musikalischen Nasenbären gehört hat. So funktioniert die Unterwanderung des Gedächtnisses mittels Bild und Text. Perfide.
Und die zauberhaften Illustrationen sorgen dafür, daß das auch munter weitergeht. Die Geschichte kennt man eigentlich: die Aufsteigerstory vom unbekannten Musikus in Sansibar, der zum Startrompeter an der Mailänder Scala wird. Selbstverständlich geht das nicht gut, denn im Urwald ist es viel schöner als in der Scala. Doch da gibt es diesen Professor Higgins - nein, nicht den aus "My Fair Lady", aber ganz wie der versucht auch unser Higgins, ein unbedarftes Gemüt zu seinem Geschöpf zurechtzukneten. Daß Erwin das mit sich nicht machen läßt, ist klar; daß er zurück zu seiner alten Combo in den Dschungel geht, auch. Viel weniger klar aber ist, warum diese abgedroschene Geschichte sich so toll liest.
Das liegt an den Bildern. Nehmen wir etwa den Blick in die Scala, auf einer doppelseitigen Illustration: In den Logen und im Parkett jubeln die Menschen - und jeder jubelt anders, jeden muß man deshalb einzeln ansehen. Oder nehmen wir die Nachtveduten, die den einsamen Erwin auf seiner Welttournee vor wechselnden Hotelfenstern zeigen. Überall leuchtet die gleiche Skyline, ob in Rom, Paris oder Frankfurt. Nur der Mond nimmt stetig zu. Oder auch das wieder doppelseitige Bild, das einen Albtraum von Erwin illustriert: Da zeichnet Kriegel plötzlich Monster, wie sein großer britischer Kollege Ronald Searle es sonst gerne tut. Da kommen also nicht nur Kinder und Erwachsene gleichermaßen auf ihre Kosten, sondern auch die begeisterten Graphikfreunde, von denen man ja nie so recht weiß, zu welcher der ersten Gruppen sie gehören.
Nicht zuletzt ist das Buch ein Genuß für alle Musikfreunde, denn wie Kriegel seine eigenen diesbezüglichen Vorlieben in Text und Zeichnungen verwebt, das spricht von solcher Liebe zum Metier, daß man miteinstimmen möchte in den Lobgesang. Charlie Parker, Piazzolla, Bach - das sind nur einige der Gewährsleute, und im imaginären Trötenkomponisten Torelli ist auch Antonio Corelli gut aufgehoben. Dazu bekommt Simon Rattle einen Auftritt, Ludwig Güttler feiert sein Debüt im Bilderbuch, und selbst diese Zeitung darf mit einer Schlagzeile die Meisterschaft von Erwin beglaubigen. Wir glauben es jedoch auch so, denn ein Mann wie Volker Kriegel kann nicht lügen.
ANDREAS PLATTHAUS.
Volker Kriegel: "Erwin mit der Tröte". Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2002. 64 S., geb., 14,95
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main