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Erzählen gehört seit Jahrtausenden zu den elementaren Bedürfnissen menschlicher Geselligkeit. Volker Klotz geht es in diesem Buch um das vielfältige Spektrum von Erzählen, um seinen Ausdrucksspielraum und die erstaunliche Spanne seiner Möglichkeiten. Aufschluß bieten vor allem jene Werke der Weltliteratur, die im Lauf der Zeit selbst zum Vorbild geworden sind für erfindungsreiches Erzählen. Von Ihnen handelt dieses Buch. Volker Klotz zeigt in diesem Buch an Meisterwerken der Weltliteratur, was seit Homer "Erzählen" bedeutet, was daran konstant geblieben ist und wie es sich im Lauf der…mehr

Produktbeschreibung
Erzählen gehört seit Jahrtausenden zu den elementaren Bedürfnissen menschlicher Geselligkeit. Volker Klotz geht es in diesem Buch um das vielfältige Spektrum von Erzählen, um seinen Ausdrucksspielraum und die erstaunliche Spanne seiner Möglichkeiten. Aufschluß bieten vor allem jene Werke der Weltliteratur, die im Lauf der Zeit selbst zum Vorbild geworden sind für erfindungsreiches Erzählen. Von Ihnen handelt dieses Buch.
Volker Klotz zeigt in diesem Buch an Meisterwerken der Weltliteratur, was seit Homer "Erzählen" bedeutet, was daran konstant geblieben ist und wie es sich im Lauf der Jahrtausende verändert hat. Wieso erzählt Vergil in der Aeneis den schaurigen Abstieg in die Unterwelt anders als sein früher Vorläufer Homer und sein später Nachfolger Dante? Warum begründet Döblin in seinem Hamlet-Roman die erfundene Erzählrunde anders als Chaucer in den Canterbury Tales, der sie fast ebenso deutlich vom ursprünglichen Vorbild unterscheidet, dem Decameron des Boccaccio?
Klotz nimmt den Leser mit auf eine Reise durch 3000 Jahre Weltliteratur, quer durch die Kulturen und Sprachen. Man lernt, berühmte Werke mit anderen Augen zu lesen, von Don Quijote, Tausendundeine Nacht, Potockis Handschrift von Saragossa bis zu Huckleberry Finn oder Carlos Fuentes' Terra Nostra, aber man wird auch neugierig gemacht auf Werke, die der Durchschnittsleser heute kaum noch kennt, obwohl sie ehemals zum klassischen Kanon gehört haben, etwa die Lusiaden des Camões, einen verschollenen Roman Heliodors oder Ariosts Orlando furioso. Eines wird bei der Lektüre auf jeden Fall sinnfällig: Erzählen ist unerschöpflich, unabschließbar und - unendlich spannend.
Autorenporträt
Volker Klotz, war bis zu seiner Emeritierung o. Professor für Literaturwissenschaft an der Universität Stuttgart und Dozent für Musikdramaturgie am Max Reinhardt-Seminar, Wien.
Zahlreiche Buchveröffentlichungen, darunter das Standardwerk Geschlossene und offene Form im Drama.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.06.2006

Der Kampf mit dem Kraken
Von Homer bis Faulkner: Volker Klotz über die epische Welt
Wer schon einmal ein literaturwissenschaftliches Seminar durchgeführt hat, der hat erlebt, wie schwierig es ist, sich in der Gruppe über einen Roman zu verständigen. Von Drama oder Gedicht kann man reden, indem man die entsprechenden Passagen vorweist, sie zusammen liest und dann diskutiert; sie sind da, Zeile für Zeile. Aber worauf genau man sich zu beziehen hat, wenn man den Roman ins Visier nimmt, das bleibt unausgemacht; es ist, als hätte das Ding keinen Griff, an dem man es packen könnte. Es braucht nicht einmal besonders schwer zu sein - aber man kriegt es, wie eine Matratze beim Umzug, irgendwie nicht richtig zu fassen.
Beim Roman ist jeder allein mit dem, was er liest. Wie ließe sich verbindlich und erhellend davon sprechen? Der Stuttgarter Literaturwissenschaftler Volker Klotz, mit vier Jahrzehnten Lehr- und grob geschätzt vierhunderttausend Seiten Leseerfahrung im Rücken, geht das Problem unerschrocken an. Er nennt sein Buch: „Erzählen. Von Homer zu Bocaccio, von Cervantes zu Faulkner”. Das heißt, er schlägt mit der Machete einen Pfad durch 80 Prozent des kanonischen und subkanonischen Lesedschungels überhaupt (denn Lyrik und Dramatik, wie gesagt, haben deutlich geringeres Volumen).
Auflehnung gegen die Lettern
Es erstaunt nicht, dass die besondere Neigung des Autors der vorbuchdruckhaften Schriftlichkeit gilt, als der kostbare einzelne Band zur Basis der lauten gemeinsamen Lektüre diente: dem Epos also, den Werken Homers, Vergils, in besonderem Maß dem spätesten Produkt, das sich noch einmal gegen den Satz mit beweglichen Lettern ebenso wie gegen das Schießpulver auflehnt, dem „Rasenden Roland” („Orlando furioso”) von Ariost aus dem frühen 16. Jahrhundert. Das Augenmerk richtet sich vorrangig auf das Wie solchen Erzählens; Klotz weiß jedoch, dass er den Leser, der den Rasenden Roland nicht kennt (und wer kennt ihn schon?) zunächst einmal an die Hand nehmen und an das Was dieses Buchs heranführen muss. Aus einem Kosmos verschachtelter Episoden wählt er gezielt einige aus und verschränkt die Inhaltsangabe in die Analyse, begleitet von charakterisierenden Zitaten, etwa Orlandos Kampf mit dem Kraken: „So können denn die Leser, im besten Einvernehmen mit dem Erzähler, auch das endgültige Ende des Untiers auskosten. Begeistert und belustigt. Vollends dann, wenn der Rhapsode seinem so reich orchestrierten Finale jenes gigantischen Todeskampfes unverhofft auch noch ein ernüchterndes ,ma non troppo’ nachschickt. Verblüffend wortkarg wird da vermeldet, wie der Held die Angelegenheit schließlich abhakt. Routiniert und gleichgültig, als habe er soeben wieder mal die Scharniere seiner Ritterrüstung nachgeölt: ,Roland indes, nicht sehr ermüdend scheinend, / Zieht an den Strand den Kraken ungescheut; / Doch eh der Fisch am Ufer angekommen, / Hat Qual und Leid das Leben ihm genommen.’”
Auf rund 25 Seiten gewinnt so ein Werk plastische Gestalt, das 40 000 Verse umfasst und damit fast doppelt so dick ist wie „Ilias” und „Odyssee” zusammen. Was Klotz auf solche Weise ausübt, ist das Amt eines Fremdenführers, der den unbeleckten Touristen in der großen Stadt der epischen Literatur herumführt und ihm an einem einzigen Tag alles zeigt, was er für wichtig hält, jedoch durchaus in seinem eigenen Tempo. Wie die Epen und Romane ihre Welt erzählen, so erzählt Klotz das bereits Erzählte; wo er zu sehr verknappt, etwa bei manchen Romanen des zwanzigsten Jahrhunderts, verliert die Darstellung viel von ihrem Reiz. Die Großkapitel des umfangreichen Buchs („Erzählen als Beleuchten”, „Erzählen als Navigieren” usw.) haben eher die Aufgabe, die Stoffmassen ein wenig handlich abzuteilen, als dass sie die zugespitzte Thesenbildung betrieben.
Stolzer Anfang, jähes Ende
Eine Theorie des Erzählens lässt sich weit schwerer formulieren als z. B. eine solche des Dramas, einfach, weil die epische Tendenz zur Länge und Breite jeglicher Struktur wesenhaft über den Kopf wächst. Klotz berücksichtigt das und knüpft einige seiner aufschlussreichsten Bemerkungen daran. Warum, so fragt er, leiten die Epiker und Romanciers ihre Werke so gern mit den feierlichsten Auftakten und Musenanrufungen ein, erreichen aber so gut wie nie ein Ende, das als Ende wirklich befriedigt? Weil die erfundene Welt, von der das Buch handelt, immer noch weitergeht und das Aufhören darum von ebenso trauriger Plötzlichkeit sein muss wie das Sterben in der wirklichen. Hundert Lebensjahre, tausend Buchseiten: am Ende immer doch zu wenig für den, der scheiden muss.
Der Leser dieses Meta-Buchs jedoch hat nach rund 500 Seiten durchaus das Gefühl, einige wertvolle Fingerzeige erhalten zu haben; wenn er von Döblin nur „Berlin Alexanderplatz” kennt, wird er sich jetzt vielleicht ermuntert finden, es einmal mit dessen „Berge, Meere und Giganten” zu versuchen - vom portugiesischen Nationalepos aber, den „Lusiaden”, weiß er nunmehr eben genug, um hübsch die Finger davon zu lassen. Das ist nicht wenig; und mehr darf man wahrscheinlich nicht erwarten.BURKHARD MÜLLER
VOLKER KLOTZ: Erzählen. Von Homer zu Bocaccio, von Cervantes zu Faulkner. C.H. Beck Verlag, München 2006. 508 Seiten, 29,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Burkhard Müller zeigt sich von dem zupackenden Mut, mit dem Volker Klotz sich an einer Geschichte über das Erzählen versucht, beeindruckt und findet sie alles in allem sehr gelungen. Am Beispiel von Klotz' Darstellung des "Rasenden Rolands", in der er die Inhaltsangabe mit der Interpretation verknüpft, demonstriert der eingenommene Rezensent die Qualitäten dieser Art von Literaturbetrachtung. Beeindruckend knapp stelle der Autor das Werk von Ariost vor, bringe es aber gelungen auf den Punkt und mache damit Lust, das Epos selbst in die Hand zu nehmen, lobt Müller. Klotz nehme den Leser an die Hand und weihe ihn in die Welt des Erzählens ein, wobei er mit so mancher klugen Erkenntnis aufwartet, beispielsweise dazu, warum Romane zumeist wortgewaltig und ausschweifend einsetzen, das Ende aber fast immer etwas unbefriedigend ist. Dieses Buch ist eine Ermunterung zum Lesen, so der Rezensent erfreut. Und bei einigen Werken kann der Leser nach Lektüre von Klotz' Buch auch zu dem Schluss kommen, sie lieber nicht zu lesen, was ja auch ein durchaus wertvoller Hinweis ist, so Müllers zufriedenes Resümee.

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