Marieluise Fleißer, erfolgreiche Stückeschreiberin in den zwanziger Jahren, Freundin Brechts und Feuchtwangers, faßte nach den Jahren ihres Elends zur Zeit des Nationalsozialismus viele Jahre nicht mehr Fuß im Literatur- und Kulturbetrieb, bis sie in den sechziger Jahren von jungen Dramatikern wie Franz Xaver Kroetz und Rainer Werner Fassbinder wiederentdeckt wurde. Danach wurden ihre Stücke erneut und mit großem Erfolg gespielt, und endlich wurde sie auch als Erzählerin einem größeren Publikum bekannt, obschon bereits früh Walter Benjamin die Prosa der Fleißer als »Kunstmittel, ersten Ranges« erkannt und Alfred Kerr ihr Werk schlicht »einen Besitz« genannt hatte.
»Ich wünsche, daß mich vor allem die jungen Leute hören. sehen und lesen und daß sie durch mich einen Einblick bekommen in das, was hinter der Oberfläche steckt«, resümierte Marieluise Fleißer 1973. Sie »kroch immer in ihre Figuren, die sie darstellte. Sie war innen und außen« (Günter Rühle).
»Ich wünsche, daß mich vor allem die jungen Leute hören. sehen und lesen und daß sie durch mich einen Einblick bekommen in das, was hinter der Oberfläche steckt«, resümierte Marieluise Fleißer 1973. Sie »kroch immer in ihre Figuren, die sie darstellte. Sie war innen und außen« (Günter Rühle).
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
In einer biografisch orientierten Besprechung stellt uns Gisela von Wysocki zwei von Günther Rühle herausgegebene Bände aus dem Werk Marieluise Fleißers vor: den "Briefwechsel 1925-1974" und die "Erzählungen", beide erschienen bei Suhrkamp.
1) Marieluise Fleißer: "Briefwechsel 1925-1974"
Gisela von Wysocki zeigt sich dankbar für die Leistung des Herausgebers, die fast 50 Jahre währende Korrespondenz der Fleißer "mit ausführlichen Kommentaren über die Briefpartner" (Robert Musil, Lotte Lenya, Helene Weigel u.a.) lesbar gemacht zu haben. Überrascht ist die Rezensentin sowohl angesichts der bloßen Vielfalt der Ebenen und Tonarten in den Briefen ("Man vernimmt die Dichterin, die Unternehmerin, die Familienangehörige, die Kollegin, die genervte Ehefrau") als auch über die "eloquente Nachdrücklichkeit" der korrespondierenden Fleißer. Hier sei sie einmal nicht die störrische, aufgeraute Dichterin, sondern verfüge über ein "lebenskunstfertiges" Stilgefühl und diplomatische Geschmeidigkeit. Vielleicht lässt sich just damit ja auch erklären, warum Wysocki jegliche Hinweise auf die Haltung der Dichterin zur faschistischen Gewaltherrschaft in den Briefen vergeblich sucht.
2) Marieluise Fleißer: "Erzählungen"
Die Rezensentin bleibt recht allgemein, wenn sie sich diesem "Geburtstagsbuch" zuwendet. Keine einzelne der versammelten Erzählungen tritt vor das Auge des Lesers. Stattdessen erfahren wir zum einen, dass der Band auch die politischen und sozialen Stationen belichtet, die Fleißer im Deutschland des 20. Jahrhunderts miterlebt hat, und zum anderen, was den Texten der Fleißer zugrunde liegt: Wysocki zufolge legen die Geschichten den "Mechanismus von Sogwirkungen offen. Die Verlockung und ihren Umschlag in die Demütigung." Diese Struktur findet die Rezensentin bereits in den frühen Erzählungen, wo sie "in unverwechselbare Wort- und Satzverdichtungen" gekleidet ist. Im Aussprechen der Niederlage, erklärt sie uns, schärfte diese Prosa sich und ermittelte dort "ein geheimes Kräftereservoir".
© Perlentaucher Medien GmbH
1) Marieluise Fleißer: "Briefwechsel 1925-1974"
Gisela von Wysocki zeigt sich dankbar für die Leistung des Herausgebers, die fast 50 Jahre währende Korrespondenz der Fleißer "mit ausführlichen Kommentaren über die Briefpartner" (Robert Musil, Lotte Lenya, Helene Weigel u.a.) lesbar gemacht zu haben. Überrascht ist die Rezensentin sowohl angesichts der bloßen Vielfalt der Ebenen und Tonarten in den Briefen ("Man vernimmt die Dichterin, die Unternehmerin, die Familienangehörige, die Kollegin, die genervte Ehefrau") als auch über die "eloquente Nachdrücklichkeit" der korrespondierenden Fleißer. Hier sei sie einmal nicht die störrische, aufgeraute Dichterin, sondern verfüge über ein "lebenskunstfertiges" Stilgefühl und diplomatische Geschmeidigkeit. Vielleicht lässt sich just damit ja auch erklären, warum Wysocki jegliche Hinweise auf die Haltung der Dichterin zur faschistischen Gewaltherrschaft in den Briefen vergeblich sucht.
2) Marieluise Fleißer: "Erzählungen"
Die Rezensentin bleibt recht allgemein, wenn sie sich diesem "Geburtstagsbuch" zuwendet. Keine einzelne der versammelten Erzählungen tritt vor das Auge des Lesers. Stattdessen erfahren wir zum einen, dass der Band auch die politischen und sozialen Stationen belichtet, die Fleißer im Deutschland des 20. Jahrhunderts miterlebt hat, und zum anderen, was den Texten der Fleißer zugrunde liegt: Wysocki zufolge legen die Geschichten den "Mechanismus von Sogwirkungen offen. Die Verlockung und ihren Umschlag in die Demütigung." Diese Struktur findet die Rezensentin bereits in den frühen Erzählungen, wo sie "in unverwechselbare Wort- und Satzverdichtungen" gekleidet ist. Im Aussprechen der Niederlage, erklärt sie uns, schärfte diese Prosa sich und ermittelte dort "ein geheimes Kräftereservoir".
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