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In seinen meisterlichen Erzählungen spürt Joseph Conrad ebenso wie in seinen Romanen, die in die Weltliteratur eingegangen sind, den großen Themen des Menschseins nach: Bewährung und Versagen sowie Be-hauptung und Verlust der Menschlichkeit unter extremen Bedingungen.In der Erzählung Der Nigger von der Narcissus muss sich eine bunt zusammengewürfelte Mannschaft auf einem Segelschiff im Sturm durch gemeinsames Handeln bewähren und für den todkranken Schwarzen James Wait sorgen.In Jugend tritt ein junger Steuermann seine erste Reise auf einer altersschwachen Bark an. Das Ziel der von ihm in…mehr

Produktbeschreibung
In seinen meisterlichen Erzählungen spürt Joseph Conrad ebenso wie in seinen Romanen, die in die Weltliteratur eingegangen sind, den großen Themen des Menschseins nach: Bewährung und Versagen sowie Be-hauptung und Verlust der Menschlichkeit unter extremen Bedingungen.In der Erzählung Der Nigger von der Narcissus muss sich eine bunt zusammengewürfelte Mannschaft auf einem Segelschiff im Sturm durch gemeinsames Handeln bewähren und für den todkranken Schwarzen James Wait sorgen.In Jugend tritt ein junger Steuermann seine erste Reise auf einer altersschwachen Bark an. Das Ziel der von ihm in schwärmerischer Sehnsucht verklärte Orient bleibt jedoch unerreichbar: Auf See gerät das Schiff in Brand und muss von der Mannschaft aufgegeben werden.In Herz der Finsternis , einer der bekanntesten Erzählungen Conrads, geht es um das Eindringen der Europäer in das Innere Afrika, konkret: die Kolonisierung des Kongos durch Belgien. Auch hier müssen Menschen erkennen, dass sie all ihre guten Vorsätze und hochfliegenden Lebenspläne letztlich verraten haben.Józef Teodor Konrad Naleçz Korzeniowski (1857 1924) wurde als Sohn polnischer Landedelleute im heute ukrainischen Berdyczew geboren. Siebzehnjährig ging Joseph Conrad, wie er sich später nannte, zur See; 1878 zum ersten Mal auf einem englischen Schiff, 1886 als britischer Bürger und Kapitän. Von 1894 an freier Schriftsteller. 1895 der erste Roman, Almayers Wahn . Joseph Conrad schrieb u. a. 15 Romane, 30 Erzählungen, zahlreiche Essays sowie Theaterstücke.
Autorenporträt
Joseph Conrad, geb. 1857 in der Ukraine, war Sohn polnischer Landadliger. Ab dem siebzehnten Lebensjahr fuhr er für französische und englische Handelsgesellschaften zur See, Erwerb des Kapitänspatents zwölf Jahre später, 1884 Annahme der englischen Staatsbürgerschaft. Zahlreiche Roman-Veröffentlichungen. Der Autor verstarb 1924 in England.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.12.2007

Lesen Sie den Ozean!

Über die Verhältnisse zu leben und über sie zu schreiben, das war für Joseph Conrad, der als Pole zur Welt und als Engländer zu Ruhm kam, zeitlebens das Gleiche. Er ist in die Nachschlagewerke eingegangen als einer der ersten Modernisten, als einer, der zerfaserte Erzählstränge elegant durch seine Geschichten zu weben verstand, der Perspektiven zersplitterte und sie bruchlos wieder zu einem Bild zusammensetzen konnte. Manche halten Joseph Conrad, der am Montag vor hundertfünfzig Jahren in Berditschew südwestlich von Kiew geboren wurde, deshalb für den hauptverantwortlichen Erneuerer der Literatur, sagen: Da ist vielleicht noch Wilhelm Raabe, dessen See- und Mordgeschichte "Stopfkuchen" gut in Conrads Reihe von See- und Mordgeschichten gepasst hätte, aber was danach kam, Dos Passos, Proust oder Joyce, war doch eigentlich nur noch nachgeklappert. "Ich bin modern", beteuerte Joseph Conrad höchstselbst im Mai 1902 in einem Brief an seinen Literaturagenten J. B. Pinker, und wie modern er wirklich war, im Leben und auf dem Papier, das zeigen jetzt zwei neue Biographien.

Im Grunde muss man beide Bücher gleichzeitig lesen und gegeneinanderhalten, sie werfen zwei Blicke auf denselben Gegenstand, wie das Joseph Conrad so oft in seinen Büchern tat: Man nimmt also Elmar Schenkels "Fahrt ins Geheimnis", um das zeitlose Rätsel und Wunder von Conrads Erneuerungsprosa besser zu verstehen, und John Stapes "Im Spiegel der See", um den Schriftsteller als Pionier seiner Branche zu erleben.

Der Londoner Conrad-Experte John Stape kümmert sich in seiner Biographie um die Bücher - also die, in denen Conrad seinen Haushalt verzeichnete. So extrem seine Prosa war und auch seine Gicht, so extrem waren nämlich auch seine Finanzen: Conrad wohnte immer zu teuer und wollte noch am Tag vor seinem Tod im Jahr 1924 eine neue Immobilie besichtigen, auf der Suche nach etwas Besserem als seinem respektablen Landhaus Oswalds bei Canterbury. Er hatte, schließlich kam er aus polnischem Kleinadel, eben seine Ansprüche.

Personal, Gärtner, Köche, Privatschule und Hauslehrer für die Söhne Borys und John, eine Limousine mit Chauffeur, Taschengeld für Jessie, seine ausschweifende und ebenfalls verschuldete Gattin - um all das zu bezahlen, schrieb Conrad ständig unter Zeitdruck und gegen seinen ausgeprägten writer's block an. Weswegen sich die Fertigstellung mancher seiner Bücher - "Die Rettung" zum Beispiel - um Jahrzehnte verzögerte. Für Geld rang er sich Artikel in englischen und amerikanischen Magazinen ab und verkaufte deren Manuskripte sofort an Verlage weiter. Er fertigte Bühnenfassungen seiner Romane an. Leierte seinem Agenten Vorschüsse aus der Tasche, warb Stipendien ein. Von den Drittmitteln der Literaturförderung bis zur line extension eigener Werke tat er also genau das, was heutige Autoren tun müssen, um sich über Wasser zu halten - nur dass Joseph Conrad eigentlich immer sehr gut verdient hat: In seinen späten Jahren kommt Conrad für ein Vorwort zum Beispiel auf ein Honorar pro tausend Wörter von 8600 heutigen Pfund, das sind immerhin zwölftausend Euro.

Zwölf Euro für jedes Wort aus der "Conradorgel", wie Zeitgenossen spotteten - dankenswerterweise hat John Stape wie der Buchhalter, den Conrad nie hatte, sämtliche Einnahmen des Schriftstellers aufgelistet und sie ins heutige Pfund umgerechnet. Und so liest sich die Biographie, gewohnt geglückt übersetzt von Eike Schönfeld, über weite Strecken ungefähr so: Pinker um hundert Pfund gebeten. Gichtanfall. Der "Standard" zahlt fünfundzwanzig Pfund für einen Artikel. Daimler gekauft (£ 200). "Die Rettung" kommt nicht voran.

Leider hat Stape seinen Akzent fast ausschließlich auf diese alltäglichen Aspekte gelegt. Das ist hochinteressant, eine Wirtschaftsgeschichte des modernen Autors samt Zwischenhandel - denn auch das Auftreten des neuen Typus eines Literaturagenten gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts zeichnet Stape nach. Doch die Literatur kommt in dieser Biographie wirklich etwas zu kurz. Und auch wenn sich Stape gleich im Vorwort davon distanziert, Leben und Werk in Verbindung setzen zu wollen: Bei einem literarischen Leben wie dem, das Conrad lebte, irritiert so eine Abstinenz schon etwas. Meist sind es nur kursorische Absätze, mit denen Stape die unerhörten Erzählungen Conrads abwickelt. Die unerhörteste unter ihnen, die Kongo-Fahrt Marlows zum blutrünstigen Kurtz ins "Herz der Finsternis", fällt komischerweise gar nicht weiter ins Gewicht. Eine kurze Geschichte, jetzt zum runden Geburtstag ihres Autors neu übersetzt wiederaufgelegt, die Generationen in eine lange Debatte um die Verbrechen des weißen Mannes an Afrika verwickelt hat und darum, wie politisch korrekt der Weltreisende Joseph Conrad sich einmischte, wird von Stape einigermaßen lapidar auf seine Produktionsumstände reduziert.

Doch in diese Lücke tritt Elmar Schenkel, Englischprofessor in Leipzig, ein Vielleser, was man schon auf den ersten Seiten seiner in Essays gruppierten Biographie bemerkt: Schenkel beginnt sein Buch mit einem der schönsten Zitate, die man über Conrads Bücher finden kann: "Sie sind bewegt wie das Meer und ruhig wie das Meer und tief wie das Meer", schrieb Joseph Roth, dessen Geburtsstadt Brody an Conrads Heimat Wolhynien grenzte. "Lesen Sie den Ozean!"

Schenkel taucht Hals über Kopf in ihn hinein. Und was er zutage fördert über das komplizierte Vor- und Nachleben eines Kolonialromans wie "Herz der Finsternis", aber auch über unbekanntere Geschichten wie die Kannibalenerzählung "Falk" oder das Debüt "Almayers Wahn", über das Doppelbett, in dem Conrad jahrelang schlief, umgeben von Büchern wie auf einer einsamen Insel, was Schenkel also ans Licht bringt über diesen lebenslang malariakranken Autor, ist beeindruckend. Wie die See hat Joseph Conrads Werk keine Balken, an die man sich klammern könnte: "Conrads wichtigster Trick ist aber dieser: Nicht wie Rimbaud sagt er, ich ist ein anderer, sondern: der andere ist ein Ich, ich bin der andere. Kurtz ist Conrad, bin ich, bist du. Kurtz: ich bin du. Jeder und vor allem jeder als Teil einer Gruppe kann das Böse entfalten."

Die gierigen europäischen Gruppen in Afrika und ihr Zivilisationswerk hatte Joseph Conrad mit eigenen Augen gesehen, als er 1890 selbst auf dem Kongo unterwegs war, im Seesack die ersten Seiten von "Almayers Wahn". Hier hat er den Glauben an den guten Menschen verloren. Als er mitten in Afrika erwachsen wurde, angekommen am weißen Fleck der Karte, wohin er immer wollte, verlor er jede Illusion. Was blieb, war nervöse Melancholie, ein Wahnsinn des Missverhältnisses zwischen Wunsch und Wirklichkeit, die Produktivkraft für Jahre.

Das Missverhältnis zwischen ihm und der Welt hatte schon Conrads erste Karriere geprägt. Auf See hat Conrad immer unter seinem Rang gedient. Er war Kapitän, das hatte er im zweiten Anlauf geschafft, es reichte aber - auf den französischen Schiffen und auch später bei der britischen Handelsmarine - nur zum Ersten Offizier. Einmal aber, auf der "Otago", darf er das Kommando übernehmen, von Bangkok nach Sydney, doch die Mannschaft erkrankt, sie kehren um, fahren wieder los, landen schließlich auf Mauritius, dort hält Conrad um die Hand einer verlobten Frau an, kehrt nach England zurück - und beginnt von einem Tag auf den anderen zu schreiben.

Den Schreibtisch hat Joseph Conrad, einmal zum Schriftsteller geworden, kaum noch verlassen, von Reisen auf den Kontinent und in die Heimat einmal abgesehen, wo man ihn nicht mochte, weil er sich nicht für die polnische Sache einsetzen wollte. "Selbst Segelausflüge waren nach 1900 offenbar selten", schreibt John Stape. Was er gesehen hatte von der Welt und den Menschen in den zwanzig Jahren zur See zwischen 1874 und 1894 und was er ahnte von dem, was noch kommen mochte, das reichte Joseph Conrad ein Leben lang.

TOBIAS RÜTHER

John Stape: "Im Spiegel der See: Die Leben des Joseph Conrad". Übersetzt von Eike Schönfeld. marebuchverlag, 540 Seiten, 39,90 Euro

Elmar Schenkel: "Fahrt ins Geheimnis: Joseph Conrad. Eine Biographie". S. Fischer, 368 S., 24,90 Euro

Joseph Conrad: "Herz der Finsternis. Erzählungen". Übersetzt von Manfred Allié. S. Fischer, 378 Seiten, 19,90 Euro

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