Der Tod eines geliebten Menschen ist kein Missgeschick, kein Malheur, er ist ein Unglück, ein manchmal plötzlich hereinbrechendes, unheilvolles, trauriges Ereignis. Da hilft kein Pflaster, welches bedeckt, abdeckt oder verdeckt. Dieses schützt nicht. Nicht den verstehenden Erwachsenen, der weiß,
dass das eigene Leben weiter geht, und schon gar nicht das nach Verstehen ringende Kind, dem Worte…mehrDer Tod eines geliebten Menschen ist kein Missgeschick, kein Malheur, er ist ein Unglück, ein manchmal plötzlich hereinbrechendes, unheilvolles, trauriges Ereignis. Da hilft kein Pflaster, welches bedeckt, abdeckt oder verdeckt. Dieses schützt nicht. Nicht den verstehenden Erwachsenen, der weiß, dass das eigene Leben weiter geht, und schon gar nicht das nach Verstehen ringende Kind, dem Worte fehlen und das nach seiner ordnenden Struktur sucht.
„Es wird gut, kleine Maus“ ist eine konkrete Utopie, welche den Prozess aufzeigt heraus aus der Wortlosigkeit, aus den verzweifelnden Gedanken, die dieses „schlimme Wort“ TOD erzeugen,und bis hin zum Weiterleben.
Für das Kind im Buch (und vielleicht für alle Kinder) ist diese Geschichte eine Hilfe, um zu verstehen, dass - wenn man sich allein fühlt oder traurig ohne Worte ist, oder wenn man hadert mit dem zur Verfügung stehenden Elternteil - es doch weiter gehen kann. Im Buch erlebt das Kind seinen Papa hilflos („Ich muss noch üben“), denn auch er ist auf der Suche nach seiner neuen Rolle. Das Kind erlebt einen Papa, mit dem es gemeinsam durch die Zimmer der Erinnerung wandert, und einen Papa, der anwesend ist und es trägt („ins Bett und bleibt bei mir, bis das Wort verschwindet“).
Die Entdeckung der Spitzmaus ist der erlebbare Schlüsselmoment. Kindliche Neugierde erwacht wieder, lässt die Gedanken sich „hintereinander“ aufstellen, ordnen und das Alleinsein auftauen („Wir malen auch eine Spitzmaus-Mama. Sie heißt Mona wie meine Mama im Himmel. … Wir schauen hinauf zu den Sternen und schweigen“). Mit viel Einfühlung beschrieben wird der heilende Prozess des Werdens und der Weiterentwicklung nach dem Tod einer geliebten Person, was dieses besondere Buch ausmacht. Der Text lässt sich beim Vorlesen mit eigenem Erleben füllen.
Die Illustration des Buches ist nicht schreiend, sondern dezent, detailreich, sie lädt ein zum Entdecken. Das Buch grenzt sich ab von dem Satz: Alles wird gut. Wir wissen, dieser Satz macht nicht alles gut, nicht mal Teile von Alles. Dies ist ein Satz, der in seiner Pauschalisierung wie ein Pflaster wirkt, das bedeckt, abdeckt, verdeckt ... aber nicht heilen kann.
Als Kinder-, Jugend- und Familientherapeut kann ich dieses Buch sehr empfehlen, da es angesichts des Todes einer geliebten Person ohne Rat die eigene
Ohnmacht beschreibt und einen unspektakulären Weg aus ihr herausfindet.
Hartmut R. Rau
Kinder-, Jugendlichen- und Familienpsychotherapeut