Die Bergwelt als Spielwiese oder das Abenteuer eines geglückten BergsteigerlebensGrenzenloser Optimismus steht am Anfang jener Abenteuer, deren Gelingen einer Mischung aus Mut, Erfahrung, Improvisationsgeschick und Glück zu danken ist. Das Scheitern ist dabei kein Versagen, sondern die Erkenntnis, dass nur die kühnsten Träume den Sieg verdienen. Diese Haltung ließ Wolfgang Nairz sein Leben lang zu neuen Zielen aufbrechen: als Bergsteiger, Expeditionsleiter, Drachenflieger und Ballonfahrer ebenso wie in seinem beruflichen und sozialen Engagement. 1978 leitete er eine der erfolgreichsten Mount-Everest-Expeditionen aller Zeiten, in deren Verlauf Reinhold Messner und Peter Habeler die sensationelle erste Besteigung des Everests "by fair means" gelang. Robert Schauer, Horst Bergmann und Nairz selbst standen als erste Österreicher auf dem Gipfel, ebenso Oswald Oelz und Reinhard Karl, der der erste Deutsche war. Dem Tiroler Franz Oppurg gelang überdies die erste Solo-Besteigung. Aus derGruppe "junger Wilder" der frühen 1970er-Jahre, die die hohen, bislang undurchstiegenen Wände der welthöchsten Berge im Visier hatten, war eine der profiliertesten Expeditionsmannschaften der Nachkriegszeit geworden und Wolfgang Nairz war ihr Mastermind. Sein vom Freigeist der 1970er-Jahre inspirierter Expeditionsführungsstil prägte eine Epoche des Bergsteigens im Himalaya - wie umgekehrt der Himalaya als Lebens- und Kulturraum den Menschen Wolfgang Nairz zutiefst geprägt hat. Mehr als achtzigmal war er bislang in Tibet und Nepal unterwegs. Seine Verbundenheit mit diesem Land und seinen Menschen findet in den Projekten der von ihm initiierten Nepalhilfe Tirol unmittelbaren Ausdruck. Reinhold Messner bezeichnet ihn als "abenteuerlustig, stets mit neuen Zielen beschäftigt und immer von Freunden umgeben". Im Gespräch mit einem von diesen, dem Kulturjournalisten Horst Christoph, erzählt Wolfgang Nairz von den Abenteuern seines Lebens und von seinem aktiven Leben mit siebzig.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.06.2015Vom Bergsteiger zum Philanthropen
Wolfgang Nairz war einer der drei ersten Österreicher auf dem Mount Everest, er hat Expeditionen geleitet wie die von 1978, bei der Reinhold Messner und Peter Habeler erstmals den Everest ohne Flaschensauerstoff bestiegen. Für manche ist er ein berühmter Bergsteiger. Nun erschien ein Buch, in dem sich allerhand mischt: Erzählungen von Nairz, dazu Interviews und Texte anderer Autoren, des Weiteren "bislang unveröffentlichte Briefe", die Nairz aus dem Everest-Basecamp an seine Ehefrau schrieb. Die sind detailliert und persönlich, aber "ein Höhepunkt der Expeditionsliteratur", als die der Verlag sie ankündigt, sind sie nicht. Interessant sind Geschichten aus den Anfängen, wenn Nairz von Innsbruck als "alpinem Biotop" erzählt; eine Universitätsstadt in den Bergen, die bergbegeisterte Studenten anzog, die später zu Koryphäen wurden. So der Höhenmediziner Oswald Oelz und der Meteorologe Karl Gabl, der bis heute Höhenbergsteigern in aller Welt aus Innsbruck zuflüstert, wann sich ein Wetterfenster auftut. Häufiger Treffpunkt war die Chirurgische Klinik, in der es damals "eine Art Bergsteigerabteilung" gab. Oelz schreibt, wie er zufällig Reinhold Messner traf, "der nach dem Nanga Parbat auf die Amputation seiner schwarzen Zehen wartete". Von ihm hört er, dass Nairz eine Expedition zum Kangchendzönga plane, und schwups ist Oelz Expeditionsarzt. Amüsant sind die Fotos aus den verrückten Jugendtagen. Es gibt Zitate aus den "frühen Tourenbüchern" und dazu lange Ausschnitte von Bergtourenberichten. Das nun ist eine Art von Alpinliteratur, die reichlich in die Jahre gekommen ist. Ein wegweisendes Buch über das Bergsteigen sollte über das Beschreibende hinausführen und auch im Lesen neue Horizonte eröffnen. Interessant sind die Interviews, der Journalist Horst Christoph hakt trotz aller Nähe auch mal nach. Es gibt schriftliches Lob von Kollegen wie Reinhold Messner, was im Alpinismus, wo eine Krähe gern der anderen die Augen aushackt, keine Selbstverständlichkeit ist und somit für Nairz spricht. Und zu lesen sind grässliche Geschichten, wie die vom Tod des deutschen Ausnahme-Alpinisten Reinhard Karl in einer Eislawine: Die Lawine rauschte durch das Zelt. Nairz überlebte, der neben ihm liegende Karl nicht. Nairz wurde vom Bergsteiger zum Ballonfahrer, und er gründete die Nepalhilfe Tirol. Die allergrößte Sehnsucht aber gilt Nepal. Mehr als achtzig Mal fuhr Wolfgang Nairz dorthin. Den Worten ließ er Taten folgen, er hat dort viel bewirkt. Somit erzählt das Buch letztendlich vor allem die Geschichte, wie aus einem Bergsteiger der wilden Siebziger ein Philanthrop wurde, der dem bevorzugten Land seiner Reisen viel zurückgeben konnte.
bär
"Es wird schon gut gehen. Berge und andere Abenteuer meines Lebens" von Wolfgang Nairz und Horst Christoph. Tyrolia Verlag. Innsbruck 2014. 272 Seiten, zahlreiche Fotos. Gebunden, 24,95 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wolfgang Nairz war einer der drei ersten Österreicher auf dem Mount Everest, er hat Expeditionen geleitet wie die von 1978, bei der Reinhold Messner und Peter Habeler erstmals den Everest ohne Flaschensauerstoff bestiegen. Für manche ist er ein berühmter Bergsteiger. Nun erschien ein Buch, in dem sich allerhand mischt: Erzählungen von Nairz, dazu Interviews und Texte anderer Autoren, des Weiteren "bislang unveröffentlichte Briefe", die Nairz aus dem Everest-Basecamp an seine Ehefrau schrieb. Die sind detailliert und persönlich, aber "ein Höhepunkt der Expeditionsliteratur", als die der Verlag sie ankündigt, sind sie nicht. Interessant sind Geschichten aus den Anfängen, wenn Nairz von Innsbruck als "alpinem Biotop" erzählt; eine Universitätsstadt in den Bergen, die bergbegeisterte Studenten anzog, die später zu Koryphäen wurden. So der Höhenmediziner Oswald Oelz und der Meteorologe Karl Gabl, der bis heute Höhenbergsteigern in aller Welt aus Innsbruck zuflüstert, wann sich ein Wetterfenster auftut. Häufiger Treffpunkt war die Chirurgische Klinik, in der es damals "eine Art Bergsteigerabteilung" gab. Oelz schreibt, wie er zufällig Reinhold Messner traf, "der nach dem Nanga Parbat auf die Amputation seiner schwarzen Zehen wartete". Von ihm hört er, dass Nairz eine Expedition zum Kangchendzönga plane, und schwups ist Oelz Expeditionsarzt. Amüsant sind die Fotos aus den verrückten Jugendtagen. Es gibt Zitate aus den "frühen Tourenbüchern" und dazu lange Ausschnitte von Bergtourenberichten. Das nun ist eine Art von Alpinliteratur, die reichlich in die Jahre gekommen ist. Ein wegweisendes Buch über das Bergsteigen sollte über das Beschreibende hinausführen und auch im Lesen neue Horizonte eröffnen. Interessant sind die Interviews, der Journalist Horst Christoph hakt trotz aller Nähe auch mal nach. Es gibt schriftliches Lob von Kollegen wie Reinhold Messner, was im Alpinismus, wo eine Krähe gern der anderen die Augen aushackt, keine Selbstverständlichkeit ist und somit für Nairz spricht. Und zu lesen sind grässliche Geschichten, wie die vom Tod des deutschen Ausnahme-Alpinisten Reinhard Karl in einer Eislawine: Die Lawine rauschte durch das Zelt. Nairz überlebte, der neben ihm liegende Karl nicht. Nairz wurde vom Bergsteiger zum Ballonfahrer, und er gründete die Nepalhilfe Tirol. Die allergrößte Sehnsucht aber gilt Nepal. Mehr als achtzig Mal fuhr Wolfgang Nairz dorthin. Den Worten ließ er Taten folgen, er hat dort viel bewirkt. Somit erzählt das Buch letztendlich vor allem die Geschichte, wie aus einem Bergsteiger der wilden Siebziger ein Philanthrop wurde, der dem bevorzugten Land seiner Reisen viel zurückgeben konnte.
bär
"Es wird schon gut gehen. Berge und andere Abenteuer meines Lebens" von Wolfgang Nairz und Horst Christoph. Tyrolia Verlag. Innsbruck 2014. 272 Seiten, zahlreiche Fotos. Gebunden, 24,95 Euro.
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