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Das Buch vermittelt ein faszinierendes Bild von Kultur und Alltag der Eskimos. Das Leben in der Arktis wird anhand von zahlreichen Fotos, Originalzeichnungen und Texten anschaulich geschildert.

Produktbeschreibung
Das Buch vermittelt ein faszinierendes Bild von Kultur und Alltag der Eskimos. Das Leben in der Arktis wird anhand von zahlreichen Fotos, Originalzeichnungen und Texten anschaulich geschildert.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.02.1997

Auf Knochen und gefrorenen Fischen über das Eis
Schnee und Graupelschauer: Ein Besuch bei der arktischen Kultur der Eskimos

Die Erkenntnis, daß Naturvölker von den sogenannten Segnungen der Zivilisation, mit denen sie gleichsam von der Steinzeit in die Moderne katapultiert wurden, nicht zwangsläufig profitiert haben, ist längst ein Gemeinplatz. Ein Bewußtsein dafür allerdings, mit welcher Perfektion sie sich im Laufe ihrer jahrtausendealten Geschichte den Widrigkeiten ihres oft unwirtlichen Lebensraums angepaßt hatten, ist bis heute kaum entwickelt; im Gegenteil. Angesichts der oft verheerenden sozialen Mißstände, geprägt von Alkoholismus, Arbeitslosigkeit und erschütternd hohen Kriminalitätsraten, wird diesen Völkern und Stämmen noch heute bisweilen jegliche Lebens- und Überlebensfähigkeit ohne die Sozialhilfe der modernen Staaten abgesprochen - einerlei, ob es sich um die Aborigines Australiens, die Indianer Nordamerikas oder die Inuit der Arktis handelt.

Das tendenziöse Interesse der Esoteriker an der vorgeblichen Einheit, die diese Völker einst mit der Natur bildeten, oder an den magischen Ritualen ihrer Schamanen hat dem Verständnis für ihre Lebensgewohnheiten ebensowenig genutzt wie das Bild des "edlen Wilden" im vorigen Jahrhundert.

"Eskimo" heißt nun ein Bildband, der sich bemüht, fern solcher Verklärungen das Leben am Polarkreis in der ersten Dekade unseres Jahrhunderts zu dokumentieren. Zu dieser Zeit war zumindest der Kontakt der Copper Inuit mit den weißen Händlern und Jägern des Südens noch spärlich. Andererseits besuchte damals zum erstenmal eine wissenschaftliche Expedition den Stamm in der zentralkanadischen Arktis, studierte dessen Gewohnheiten und fotografierte die Angehörigen. Sie stehen nun stellvertretend für ein Volk, dessen Stämme sich von Alaska über Grönland bis Sibirien als Verwandte empfinden.

Es ist ein großartiges Buch. Obwohl die Originalausgabe aus einer Ausstellung des "Canadian Museum of Civilization" in Hull hervorging, bleibt der Text nicht akademisch trocken. Als roter Faden ziehen sich Episoden aus dem Leben eines jungen Paares wie eine Erzählung durch die Kapitel. Sie verbinden Beiträge über das Gesellschaftsmodell der Inuit und ihren Glauben, Informationen über die Flora, Fauna und Topographie der Arktis mit der Praxis des beschwerlichen Alltags zwischen Tundra und Eis. Beispiele für Jagdausrüstung und Kleidung werden vorgestellt, etwa Kajak und Anorak - Vokabeln, die wir aus der Sprache der Inuit übernommen haben.

Manche Darstellungen frappieren: etwa die über den Bau eines Schlittens aus Knochen, Geweihen und gefrorenen Fischen dort, wo kein Treibholz an die Küsten geschwemmt wurde. Andere erscheinen uns inhuman, wenngleich sie durch die schwierigen Lebensbedingungen gerechtfertigt werden: etwa von Alten und Schwerkranken zu erwarten, Selbstmord zu begehen. Einige Mythen, die sich um die Inuit entwickelt haben, werden korrigiert. So ist von Kämpfen und kriegerischen Handlungen die Rede, von denen es sonst oft heißt, es habe sie nie gegeben. Die Behauptung, es sei nur eine Mär, daß die Inuit Dutzende von Wörtern für Schnee kennten, wird hingegen mit einer umfangreichen Vokabelliste widerlegt.

Nicht wenige Überraschungen finden sich auch unter den mehr als zweihundert Abbildungen. So zeugen alte Masken und kleine Skulpturen nicht nur von handwerklichem Geschick, sondern auch von einem ausgeprägten ästhetischen Bewußtsein. Und den historischen Aufnahmen von Diamond Jenness, dem Fotografen der "Canadian Arctic Expedition" aus den Jahren 1914 bis 1916, von denen hier leider viel zu wenige zu sehen sind, wünschte man gleich ein eigenes Buch.

Die Rückbesinnung auf das traditionelle Leben in der Arktis mag von amerikanischen, kanadischen und nicht zuletzt europäischen Wissenschaftlern ausgegangen sein. Seit einigen Jahren jedoch spielt sie auch bei den Inuit selbst eine immer größere Rolle. Die Entscheidung der kanadischen Regierung, daß sie von 1999 an einen großen Teil der kanadischen Northern Territories unter dem Namen Nunavut als eigenen Staat verwalten dürfen, schürte das Bewußtsein für ihre Herkunft und Geschichte. FREDDY LANGER

David Morrison / Georges-Hébert Germain: "Eskimo - Geschichte, Kultur und Leben in der Arktis". Frederking & Thaler Verlag, München 1996. 160 S., 204 Abb., geb., 49,80 DM.

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