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Mario Bottas Bauten sind visuelle Gebilde von fast magischer Wirkung. Wie aber entstehen sie? Was sind die Konstanten in Bottas Entwurfsprozeß? Was sind die Überzeugungen, die dahinter stehen, und welches sind die Erfahrungen aus einer dreißigjährigen Schaffenszeit? Auf diese Fragen antwortet dieses Buch in drei Kapiteln, welche die Themen Architektur, Stadt und Design umkreisen. 80 Skizzen Mario Bottas kommentieren den theoretischen Diskurs.

Produktbeschreibung
Mario Bottas Bauten sind visuelle Gebilde von fast magischer Wirkung. Wie aber entstehen sie? Was sind die Konstanten in Bottas Entwurfsprozeß? Was sind die Überzeugungen, die dahinter stehen, und welches sind die Erfahrungen aus einer dreißigjährigen Schaffenszeit? Auf diese Fragen antwortet dieses Buch in drei Kapiteln, welche die Themen Architektur, Stadt und Design umkreisen. 80 Skizzen Mario Bottas kommentieren den theoretischen Diskurs.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.09.1998

Botta, der Erleuchtete
Das Licht in den Zylindern strahlt von oben hinein: Aber auch in den Tempeln des Tessiner Architekten kommt der Strom aus der Steckdose

Die Architekturpublizistik verteilt ihren Lorbeer in strenger Hierarchie. Auf den niederen Stufen der Prominenz bezahlen die Architekten ihre illustrierten Rechenschaftsberichte selbst und leisten sich diesen Luxus nur einmal im Leben. Auf den oberen Rängen dagegen warten vielbändige Werkübersichten mit offenem Ende aufs jeweils soeben Vollendete, mit einem neuen Band alle fünf, sechs Jahre. Le Corbusier war der erste unter den modernen Architekten, die in den Genuß eines nie enden wollenden OEuvre complète kamen.

Im selben Verlag, der jetzt Le Corbusiers publizistisches Denkmal weiterpflegt, Birkhäuser in Basel, gehört auch dessen kurzfristiger Mitarbeiter Mario Botta zu den Begünstigten. Der Architekt und Designer, der in der heutigen Welt so weit herumkommt wie seine Tessiner Kollegen im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert in der ihrigen, durfte seine Aufsätze in einem gesonderten Sammelband publizieren. Botta hält sich für einen Mann der Baustelle und nicht der Theorie. So sind seine Texte dort am charakteristischsten, wo er an konkreten Projekten die Themen seines Bauens erläutert: das Licht, die Geometrie, die Choreographie der Bewegungen, die eindeutige Orientierung, die leicht lesbare Zeichenhaftigkeit.

Aber seit 1985 ist eine splendide Edition unter dem Titel "Das Gesamtwerk" die Hauptsammelstelle seiner Werkberichte. Die monumentale Serie, die jetzt den dritten Band erreicht hat, ist dem Proportionsgefühl des Architekten angemessen. Das Hochformat nähert sich dem Quadrat an und vermittelt den Eindruck des Gedrungenen, Untersetzten, Standfesten. "Botta ist massiv", bestätigt Benedikt Loderer in seinem Einleitungsessay. Und sogleich erklimmt der sonst so ironische Autor den Gipfel der Lobpreisung, den Mons Tabor der Architektenverklärung: "Botta leuchtet!"

Den Anfang von Bottas Werk machten in den siebziger und achtziger Jahren Landhäuser im Tessin, wehrhafte Wohntürme, manchmal nur über Brücken vom Steilhang aus zugänglich, bewohnbar gemacht durch Einkerbung und Aufspaltung der Zylinder und Quader. Das Licht empfangen sie gefiltert durch die Öffnungen ihrer Außenschale, die einen schattenden Schutzraum vor der inneren Haut ausbildet. Louis Kahn, für Botta eine andere große Bezugsfigur, hat in seinen Bauten für Dacca und Ahmedabad ähnlich gearbeitet. Botta übertrug das Prinzip auf den südlichen Alpenrand und danach auf viele andere Weltgegenden.

Die frühen Wohnhäuser hat man für einen neuen Regionalismus in Anspruch genommen. Aber es handelte sich um einen von Botta erfundenen Regionalismus. Immer waren es Solitäre, die ihre Identität und Eigenart mit Nachdruck behaupteten. Solitäre sind auch die großstädtischen Bauten, die einen großen Teil des jüngsten Bandes füllen, Banken, Bürohäuser und Zeitungsgebäude in Basel, Como oder Genf. Ihrer Nachbarschaft gegenüber verschließen sich diese phathetischen Figuren, und meist haben sie gute Gründe dafür. Sie suggerieren Ordnung, aber das Chaos ringsum bliebt Chaos. So behalten sie ihre Ordnungsleistung autistisch für sich.

Botta wirtschaftet mit einem begrenzten Repertoire an Formen, die er immer wieder variiert. Ihren Aufgaben gegenüber verhalten sie sich autonom. Bei seinem Museum in San Francisco und bei seiner Kathedrale in Evry bei Paris setzt er die gleichen theatralischen Zylinder ein, die er schräg abschneidet, der Lichtfülle des Himmels freien Zutritt gewährend. Schutz nach außen und der Segen von oben - für das Kunstgehäuse wie für den Kirchenbau. Nicht zufällig nennt Botta das Museum eine moderne Kathedrale.

Nach außen werden die mächtigen Volumina durch horizontale Streifen im verkleidenden Mauerwerk geschmeidig gemacht. In den letzten Jahren neigt diese toskanische Protorenaissance à la Botta zu einem Art déco, der in den eleganten Innenhallen zu smarter Gefälligkeit tendiert. Aber nach wie vor gelingen auch bestechende Lösungen, vor allem bei kleinen Bauten. Bei der Kapelle Santa Maria degli Angeli hoch oben auf dem Tessiner Monte Tamaro forderten die Faszination der Bergwelt und ihre ungewöhnliche Topographie den Architekten zu prozessualen Wegführungen heraus, die auch er noch nicht erprobt hatte.

Mit diesem kleinen, erfindungsreichen Bauwerk teilt das populäre Museum in Basel, das Botta für den Schrott-Monteur und Aktionskünstler Jean Tinguely gebaut hat, den vorgeschriebenen, elaborierten Prozessionsweg von außen nach innen. Die Lage an der Peripherie der Stadt ist schön und scheußlich zugleich. Dem nahen Rhein huldigt Botta mit einem effektvollen Wintergarten, der die aufsteigende Rampe zu den oberen Ausstellungssälen aufnimmt. An der lärmenden Brücken- und Autobahnauffahrt präsentiert sich das sandsteinverkleidete, ausnahmsweise asymmetrische Haus als fensterloses Bollwerk. Rundtürme übernehmen den Flankenschutz. Zum Solitude-Park öffnen sich fünf Schiffe, auf denen Fischbauchträger liegen.

So haben die Manager des Chemiekonzers Hoffmann-La Roche, die am anderen Ende des Parkes ihren Geschäften nachgehen, gebührenfreien Einblick in den Bau, den ihr Unternehmen finanziert hat. Der Benteli Verlag hat ihm einen von Thomas Dix opulent fotografierten Band gewidmet, der mit einem kompletten Werkverzeichnis fast zur Architektenbiographie geworden ist. In den beigegebenen Texten sagen acht Autoren in unterschiedlicher Qualität weitgehend dasselbe.

Botta baut wie für die Ewigkeit. Tinguely konstruierte seine proletarischen Schrottidole wie fürs baldige Weltenende. Aber Botta und Tinguely? Tinguelys geräuschvolle Nonsensmaschinen werden von Botta zur Edelkunst emporstilisiert. Im raffinierten Ambiente nehmen sie sich aus wie das Elektrikerteam im schmutzigen Overall, das ausgerechnet während der feinen Party in der Fabrikantenvilla die Steckdosen reparieren möchte. WOLFGANG PEHNT

Emilio Pizzi (Hrsg.): "Mario Botta. Das Gesamtwerk". Band 3: 1990-1997. Birkhäuser Verlag, Basel 1998. 288 S., 560 Abb., davon 470 farbig, geb., 168,- DM.

Mario Botta: "Ethik des Bauens". Birkhäuser Verlag, Basel 1998. 184 S., 80 Abb., br., 48,- DM.

Mario Botta u. a.: "Museum Jean Tinguely, Basel". Fotografien von Thomas Dix. Benteli Verlag, Bern 1997. 192 S., 260 Abb., davon 110 farbig, geb., 78,- DM.

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