Unter einem "Menschenbild" verstehen wir ein "komprimiertes" Wissen von Eigenschaften des Menschen, das Konsequenzen für richtiges Handeln einschließt. Mit einer solchen Verbindung von Fakten und Werten hat es sowohl die moderne Wissenschaft wie die moderne Ethik schwer: Die Wissenschaft will wertfrei sein und die Ethik "weltanschauungsneutral". Der Beitrag zeichnet zunächst den Prozeß der Trennung von Ethik und Menschenbild in der Neuzeit nach. Als Resultat dieser Trennung beschränkt sich die moderne Ethik auf Minimalregeln der Konfliktvermeidung zwischen gleichberechtigten Partnern. Es fragt sich aber, ob dem Selbstverständnis moderner, wissenschaftsorientierter Gesellschaften und ihrer Ethik nicht doch ein wertendes Menschenbild zugrunde liegt. Zentral für dieses Menschenbild ist die private Glücksversorgung des autonomen Individuums in einem Prozeß der sozialen und technologischen Evolution. Die Steuerbarkeit dieses Prozesses durch gemeinsame Wertentscheidungen und Zielvorgaben erscheint immer zweifelhafter. Der Beitrag diskutiert die innere Stimmigkeit, die "Kosten" und die Alternativen eines solchen Menschenbildes.