Biblische Texte sind das Ergebnis eines historisch-literarischen Prozesses, in dem sich Gesellschaften und Kulturen durch symbolische Darstellungen und Sprachen präsentieren. Auf diese Weise ist es für die Bibelforschung unerlässlich, die Quellen des frühen Christentums mit Hilfe historisch-anthropologischer Konzepte zu untersuchen. Aus der Perspektive der Identitätsanalyse reflektiert und suggeriert Gal 3,26-29 die Interaktion zwischen ethnischen und soziokulturellen Gruppen, die Beobachtung von Unterschieden und Einheit in Jesus Christus sowie die Anerkennung von Identitäten, die auf der Dynamik sozialer, ethnischer und geografischer Grenzen basieren. Unter theologischen und anthropologischen Gesichtspunkten nähern wir uns den soziokulturellen und religiösen Begriffskomponenten, die der Text nahelegt, sowie den symbolischen Darstellungen, die sich aus der Interaktion zwischen Christen bereits im ersten Jahrhundert ergeben. Für das paulinische Christentum in Galatien stellt das Judentum in seiner Beziehung zum Hellenismus also keine starre Einheit dar, die ihm einfach nur gegenübersteht; sie befinden sich in ständiger Bewegung der Interaktion über die Grenzen hinweg und ermöglichen es in ihrer Vielfalt, die Entstehung fließender Identitäten in der Entstehung zu verstehen.