Der dreizehn Jahre alte Manne kann kaum glauben, dass sich Amanda tatsächlich mit ihm abgibt. Amanda, das aufregendste Mädchen in der Schule, zwei Jahre älter als er. Er hat schon oft davon geträumt, was ein Mädchen und er miteinander machen würden, wenn ... Plötzlich wird es Wirklichkeit. Und alles muss geheim bleiben. Es ist schwer, etwas geheim zu halten, das so groß und wichtig und aufregend ist.
Jungen werden sich in Mannes Gefühlsgemengelage von Anziehung und Unsicherheit wiedererkennen, jenseits aller Prahlereien über Pornos und angebliche Erfahrungen. Mädchen werden dieses Buch verschlingen, weil sie hier in aller Direktheit erfahren, wie es sich - auch körperlich - für einen Jungen anfühlt, ganz auf ein Mädchen aus zu sein.
Ein Muss für alle ab 12, die sich für Liebe und Sexualität interessieren
Jungen werden sich in Mannes Gefühlsgemengelage von Anziehung und Unsicherheit wiedererkennen, jenseits aller Prahlereien über Pornos und angebliche Erfahrungen. Mädchen werden dieses Buch verschlingen, weil sie hier in aller Direktheit erfahren, wie es sich - auch körperlich - für einen Jungen anfühlt, ganz auf ein Mädchen aus zu sein.
Ein Muss für alle ab 12, die sich für Liebe und Sexualität interessieren
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Eine authentische und runde Geschichte über die ersten jugendlichen Erfahrungen mit Sexualität, Verantwortung, Vertrauen und Verrat erzähle Marten Melin in "Etwas mehr als kuscheln", findet Rezensent Fridtjof Küchemann. Ohne direkte Antworten vorzugeben, wirft der Autor hier zentrale und wichtige Fragen auf, die mit der Entdeckung einer neuen jugendlichen Intimität einhergehen. Intimität wünscht sich der 13-jährige Protagonist mit der zwei Jahre älteren Freundin seiner Schwester, die mit ihm ein provokantes Spiel zu spielen scheint, doch bald schon gerät ihr Geheimnis an die Öffentlichenkeit und sie sind beide gezwungen sich zu positionieren, verrät der Rezensent, der insgesamt sehr zufrieden mit dem Buch zu sein scheint.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.07.2016Was zum Teufel macht ihr da?
Mårten Melins Jugendroman über eine ungleiche Liebe
Es sei ein bisschen so, sagt Amanda zu Manne, als sie heimlich in den Märchenraum der Bibliothek gegangen sind, der eigentlich nur für Kindergruppen geöffnet wird, als sie ihm so nah gekommen ist, dass sein Gesicht ganz heiß und seine Knie weich geworden sind, es sei ein bisschen so, als sei sie seine Lehrerin: "Lektion zwei: Mit geöffnetem Mund küssen."
Amanda ist fast fünfzehn, es hat sie in Mårten Melins Jugendroman "Etwas mehr als kuscheln" gerade erst aus Stockholm in die Kleinstadt verschlagen, ausgerechnet in das Haus, in dem Manne mit seinen Eltern und der älteren Schwester Moa gewohnt hat, vor der Trennung. Manne ist dreizehn, auch wenn seine Schwester das nicht wahrhaben will, und auch wenn Moa ihren Spott mit seinen Gefühlen treibt: Ihn treibt schon um, was Jungen eben so umtreibt in der Pubertät - die Neugier und die Lust auf Mädchen.
Später mal könnte aus ihm was werden, da sind Moa und ihre Freundinnen sich einig. Und dann ist es ausgerechnet ihre neue Klassenkameradin und werdende Freundin Amanda, die ihn auch jetzt schon ernstlich süß findet. Die bei ihm ins Zimmer kommt, nachdem sie ihn vom Küchentisch vertrieben haben, die ihm das mit dem Küssen zeigt, sich dabei fast schon kriminell findet, die beim Badeausflug darauf achtet, dass sie niemand zusammen sieht - und auf dem Heimweg, dass beide einander dabei zusehen, als sie, wie es der Zufall so will, im hohen Gras nebeneinander zu liegen kommen und sie vorschlägt, dass sie sich befriedigen. Alvin, der Klassenkamerad mit den Pornobildchen auf dem Handy, hatte das auch schon mal vorgeschlagen, aber das ist etwas ganz anderes.
Es geht ziemlich zur Sache bei Mårten Melin. Und dass er seinen Manne auch von den Momenten erzählen lässt, in denen die Jungs am Badesee ihre interessanten Beobachtungen und hilflosen Bemerkungen über die Mädchen machen, in denen er sich selbst befriedigt und nicht weiß, an wen er dabei denken will, in denen er das Geschehen in der eigenen Hose alles andere als unter Kontrolle hat, ist für die Glaubwürdigkeit seiner Geschichte unerlässlich: Im Kern erzählt der 1972 geborene schwedische Autor nämlich von Vertrauen und Verrat, von einem sexuellen Skandal, der Amanda schließlich von der Schule jagt. Dabei ist die Sache zum Glück der Leser keineswegs einfach.
Amanda, eigentlich Übernachtungsgast bei Mannes Schwester, wird von Moa auf der Bettkante ihres kleinen Bruders erwischt, als sie ihn gerade aufgefordert hat, ihre Brüste zu berühren. Moa weiß sich nicht anders zu helfen, als die Freundin rauzuschmeißen. Kurz darauf weiß Manne sich nicht anders zu helfen, als Alvin zu gestehen, was geschehen ist. Und Alvin meint es irgendwie sogar gut, als er die Geschichte nach dem Sportunterricht in der Umkleidekabine rausposaunt, weil er Manne, der mit einer Erektion nicht unter die Dusche will und von anderen als schwul verspottet wird, glaubt verteidigen zu müssen.
Bald weiß es die ganze Schule, bald muss sich Manne gegen Anspielungen, Anerkennung und Eifersucht von allen erdenklichen, durchaus auch von den falschen Seiten behaupten, während er verzweifelt versucht, wieder mit Amanda in Kontakt zu kommen. Sie meidet ihn seit jener Nacht. Ein letztes Mal sieht er sie unter Tränen davonrennen: Jemand hat mit Edding "Ich bin pädofil" an ihren Spind geschrieben.
Als sie sich ein erstes Mal geküsst hatten, hatte Amanda Manne noch beschworen, niemandem etwas davon zu sagen, genauso nach dem Erlebnis im Gras. In der Nacht war dazu keine Gelegenheit. Natürlich hat Alvin trotzdem schwören müssen, es für sich zu behalten. Und natürlich fühlte es sich für Manne trotzdem wie Verrat an, ihm ihren Namen zu nennen.
Was ist das zwischen Manne und Amanda? Eine Provokation, ein aufregendes Spiel, so viel ist klar. Aber spielt sie deshalb nur mit ihm? Wie kann er sich ihrer sicher sein, wenn sie zu Hause doch als Freundin seiner Schwester auftritt, wenn sie peinlich darauf achtet, dass es wie zufällig wirkt, wenn die beiden überhaupt miteinander gesehen werden? Wenn sie mit ihren Gefühlen für ihn offenbar selbst so überhaupt nicht im Reinen ist? In einer Lebensphase, in der man sich seiner selbst nun einmal überhaupt nicht sicher ist?
Ohne sie direkt anzuspielen, lässt Mårten Melin die großen Fragen der Verantwortung und Vertrauenswürdigkeit anklingen, die sich Jugendlichen mit der neu entdeckten Intimität unweigerlicher stellen. Und ohne selbst eine Antwort darauf zu geben. Dass er Manne und Amanda schließlich doch noch einmal zueinanderfinden lässt, ist eine große Erleichterung für seine Leser. Und dass sie einander sogar verzeihen können, was geschah, zeigt eine Fähigkeit, die bei der jugendlichen Entdeckung der eigenen Sexualität nicht fehlen darf.
FRIDTJOF KÜCHEMANN
Mårten Melin: "Etwas mehr als kuscheln". Aus dem Schwedischen von Stefan Pluschkat. Klett Kinderbuch Verlag, Leipzig 2016. 160 S., geb., 12,95 [Euro]. Ab 12 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Mårten Melins Jugendroman über eine ungleiche Liebe
Es sei ein bisschen so, sagt Amanda zu Manne, als sie heimlich in den Märchenraum der Bibliothek gegangen sind, der eigentlich nur für Kindergruppen geöffnet wird, als sie ihm so nah gekommen ist, dass sein Gesicht ganz heiß und seine Knie weich geworden sind, es sei ein bisschen so, als sei sie seine Lehrerin: "Lektion zwei: Mit geöffnetem Mund küssen."
Amanda ist fast fünfzehn, es hat sie in Mårten Melins Jugendroman "Etwas mehr als kuscheln" gerade erst aus Stockholm in die Kleinstadt verschlagen, ausgerechnet in das Haus, in dem Manne mit seinen Eltern und der älteren Schwester Moa gewohnt hat, vor der Trennung. Manne ist dreizehn, auch wenn seine Schwester das nicht wahrhaben will, und auch wenn Moa ihren Spott mit seinen Gefühlen treibt: Ihn treibt schon um, was Jungen eben so umtreibt in der Pubertät - die Neugier und die Lust auf Mädchen.
Später mal könnte aus ihm was werden, da sind Moa und ihre Freundinnen sich einig. Und dann ist es ausgerechnet ihre neue Klassenkameradin und werdende Freundin Amanda, die ihn auch jetzt schon ernstlich süß findet. Die bei ihm ins Zimmer kommt, nachdem sie ihn vom Küchentisch vertrieben haben, die ihm das mit dem Küssen zeigt, sich dabei fast schon kriminell findet, die beim Badeausflug darauf achtet, dass sie niemand zusammen sieht - und auf dem Heimweg, dass beide einander dabei zusehen, als sie, wie es der Zufall so will, im hohen Gras nebeneinander zu liegen kommen und sie vorschlägt, dass sie sich befriedigen. Alvin, der Klassenkamerad mit den Pornobildchen auf dem Handy, hatte das auch schon mal vorgeschlagen, aber das ist etwas ganz anderes.
Es geht ziemlich zur Sache bei Mårten Melin. Und dass er seinen Manne auch von den Momenten erzählen lässt, in denen die Jungs am Badesee ihre interessanten Beobachtungen und hilflosen Bemerkungen über die Mädchen machen, in denen er sich selbst befriedigt und nicht weiß, an wen er dabei denken will, in denen er das Geschehen in der eigenen Hose alles andere als unter Kontrolle hat, ist für die Glaubwürdigkeit seiner Geschichte unerlässlich: Im Kern erzählt der 1972 geborene schwedische Autor nämlich von Vertrauen und Verrat, von einem sexuellen Skandal, der Amanda schließlich von der Schule jagt. Dabei ist die Sache zum Glück der Leser keineswegs einfach.
Amanda, eigentlich Übernachtungsgast bei Mannes Schwester, wird von Moa auf der Bettkante ihres kleinen Bruders erwischt, als sie ihn gerade aufgefordert hat, ihre Brüste zu berühren. Moa weiß sich nicht anders zu helfen, als die Freundin rauzuschmeißen. Kurz darauf weiß Manne sich nicht anders zu helfen, als Alvin zu gestehen, was geschehen ist. Und Alvin meint es irgendwie sogar gut, als er die Geschichte nach dem Sportunterricht in der Umkleidekabine rausposaunt, weil er Manne, der mit einer Erektion nicht unter die Dusche will und von anderen als schwul verspottet wird, glaubt verteidigen zu müssen.
Bald weiß es die ganze Schule, bald muss sich Manne gegen Anspielungen, Anerkennung und Eifersucht von allen erdenklichen, durchaus auch von den falschen Seiten behaupten, während er verzweifelt versucht, wieder mit Amanda in Kontakt zu kommen. Sie meidet ihn seit jener Nacht. Ein letztes Mal sieht er sie unter Tränen davonrennen: Jemand hat mit Edding "Ich bin pädofil" an ihren Spind geschrieben.
Als sie sich ein erstes Mal geküsst hatten, hatte Amanda Manne noch beschworen, niemandem etwas davon zu sagen, genauso nach dem Erlebnis im Gras. In der Nacht war dazu keine Gelegenheit. Natürlich hat Alvin trotzdem schwören müssen, es für sich zu behalten. Und natürlich fühlte es sich für Manne trotzdem wie Verrat an, ihm ihren Namen zu nennen.
Was ist das zwischen Manne und Amanda? Eine Provokation, ein aufregendes Spiel, so viel ist klar. Aber spielt sie deshalb nur mit ihm? Wie kann er sich ihrer sicher sein, wenn sie zu Hause doch als Freundin seiner Schwester auftritt, wenn sie peinlich darauf achtet, dass es wie zufällig wirkt, wenn die beiden überhaupt miteinander gesehen werden? Wenn sie mit ihren Gefühlen für ihn offenbar selbst so überhaupt nicht im Reinen ist? In einer Lebensphase, in der man sich seiner selbst nun einmal überhaupt nicht sicher ist?
Ohne sie direkt anzuspielen, lässt Mårten Melin die großen Fragen der Verantwortung und Vertrauenswürdigkeit anklingen, die sich Jugendlichen mit der neu entdeckten Intimität unweigerlicher stellen. Und ohne selbst eine Antwort darauf zu geben. Dass er Manne und Amanda schließlich doch noch einmal zueinanderfinden lässt, ist eine große Erleichterung für seine Leser. Und dass sie einander sogar verzeihen können, was geschah, zeigt eine Fähigkeit, die bei der jugendlichen Entdeckung der eigenen Sexualität nicht fehlen darf.
FRIDTJOF KÜCHEMANN
Mårten Melin: "Etwas mehr als kuscheln". Aus dem Schwedischen von Stefan Pluschkat. Klett Kinderbuch Verlag, Leipzig 2016. 160 S., geb., 12,95 [Euro]. Ab 12 J.
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