Das Erbe des Mittelalters
Viele mittelalterliche Entwicklungen sind für uns heute hoch aktuell: die Auseinandersetzungen zwischen weltlicher Macht und Papsttum, das Verhältnis zwischen Christentum und Islam, die Entstehung der europäischen Nationen. Arnulf Krause schildert das Leben im Mittelalter und deckt verblüffende Bezüge zur Gegenwart auf.
Auch kulturell gab das Mittelalter dem Abendland seine Identität: das Christentum, das Vermächtnis der Antike, die Bedeutung des Handels, der Individualismus, der Umgang mit der Zeit, die Popularität von Pilgerwegen wie dem Jakobsweg. Arnulf Krause rekonstruiert die hellen und dunklen Seiten des Hohen Mittelalters aus der Perspektive der einfachen Menschen und anhand zeitgenössischer authentischer Stimmen. Damals entstand das Europa, wie wir es kennen.
Viele mittelalterliche Entwicklungen sind für uns heute hoch aktuell: die Auseinandersetzungen zwischen weltlicher Macht und Papsttum, das Verhältnis zwischen Christentum und Islam, die Entstehung der europäischen Nationen. Arnulf Krause schildert das Leben im Mittelalter und deckt verblüffende Bezüge zur Gegenwart auf.
Auch kulturell gab das Mittelalter dem Abendland seine Identität: das Christentum, das Vermächtnis der Antike, die Bedeutung des Handels, der Individualismus, der Umgang mit der Zeit, die Popularität von Pilgerwegen wie dem Jakobsweg. Arnulf Krause rekonstruiert die hellen und dunklen Seiten des Hohen Mittelalters aus der Perspektive der einfachen Menschen und anhand zeitgenössischer authentischer Stimmen. Damals entstand das Europa, wie wir es kennen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.11.2008Kein Friede unter Rittern
Arnulf Krause beschwört das Erbe der Kreuzzüge
Durch die Kreuzzüge suchte die lateinische Christenheit seit 1096 über die Grenzen Europas hinauszugelangen, in die sie der Fortbestand des Byzantinischen Reiches und das Vordringen des Islam gezwängt hatten. Die Anstrengung scheiterte nach wenigen Generationen. Zu Lande blieben die Seidenstraßen nach China den Westeuropäern nur anderthalb Jahrhunderte frei zugänglich. Die Christen, die im Mittelalter weitgehend Europa erschlossen hatten, scheiterten am Rückgewinn des antiken Mediterraneums, um sich erst um 1500 mit der Bewältigung des Atlantiks und der Küsten Afrikas aus den Traditionen der Alten Welt zu befreien.
Von den Kreuzzügen führt also keine direkte Linie zur Moderne. Auch die antike griechische Philosophie und Naturwissenschaft oder die Errungenschaften fernöstlicher, vor allem indischer Gelehrsamkeit sowie persischer Technik drangen nicht über Jerusalem, sondern über Konstantinopel, Bagdad, Palermo und Toledo nach Rom, Aachen, Paris oder Oxford vor. Man könnte geradezu das Bonmot eines französischen Historikers für die ganze Wahrheit halten, dass die Aprikose der einzige Gewinn gewesen sei, den die Kreuzzüge dem Abendland gebracht hätten, wenn nicht die Massaker von 1099 und die Plünderungen von 1204 das Vertrauen zwischen Lateinern einerseits, Muslimen und Griechen andererseits bis heute untergraben hätten. Vollkommen übertrieben wäre es aber, im gemeinsamen Kampf römischer Christen verschiedener Nationen gegen die Muslime den Ursprung europäischen Gemeinschaftsgefühls zu suchen; selbst der schönste Sieg führte regelmäßig zu neuen Gegensätzen zwischen den Fürsten.
Abwegig und antiquiert wirkt angesichts des historischen Forschungsstandes, wenn der Germanist Arnulf Krause eine historische Darstellung vorlegt, die die Gegenwart in die Perspektive der Kreuzzüge rücken soll. Tatsächlich hat sich der Autor aber auch gar nicht um den Nachweis der Zusammenhänge bemüht, sondern nur eine kulturhistorische Darstellung der Zeit von 1000 bis 1300 geliefert. Sein Buch behandelt keineswegs, wie der Titel verheißt, das ganze Mittelalter, es erfasst aber auch Europa nicht, weil er dieses gegen die Quellenlage der Zeit mit der lateinischen Christenheit identifiziert. Wo er Sachverhalte einführen muss, hält sich der Autor an einen vermeintlichen Kanon der "Realgeschichte"; wo es um historische Urteile geht, bleibt er zu oft in Klischees befangen. Am besten ist er dort, wo er seiner Freude an erzählenden Texten nachgibt. Seitenlange Zitate auch aus Predigten und theologischen Werken könnten Appetit auf eine nähere Kenntnis des Mittelalters machen, wenn es Krause nicht gar zu sehr darauf abgesehen hätte, Geschichte zum Wohlfühlen zu schreiben.
MICHAEL BORGOLTE
Arnulf Krause: "Europa im Mittelalter". Wie die Zeit der Kreuzzüge unsere moderne Gesellschaft prägt. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2008. 317 S., zahlr. Abb., geb., 24,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Arnulf Krause beschwört das Erbe der Kreuzzüge
Durch die Kreuzzüge suchte die lateinische Christenheit seit 1096 über die Grenzen Europas hinauszugelangen, in die sie der Fortbestand des Byzantinischen Reiches und das Vordringen des Islam gezwängt hatten. Die Anstrengung scheiterte nach wenigen Generationen. Zu Lande blieben die Seidenstraßen nach China den Westeuropäern nur anderthalb Jahrhunderte frei zugänglich. Die Christen, die im Mittelalter weitgehend Europa erschlossen hatten, scheiterten am Rückgewinn des antiken Mediterraneums, um sich erst um 1500 mit der Bewältigung des Atlantiks und der Küsten Afrikas aus den Traditionen der Alten Welt zu befreien.
Von den Kreuzzügen führt also keine direkte Linie zur Moderne. Auch die antike griechische Philosophie und Naturwissenschaft oder die Errungenschaften fernöstlicher, vor allem indischer Gelehrsamkeit sowie persischer Technik drangen nicht über Jerusalem, sondern über Konstantinopel, Bagdad, Palermo und Toledo nach Rom, Aachen, Paris oder Oxford vor. Man könnte geradezu das Bonmot eines französischen Historikers für die ganze Wahrheit halten, dass die Aprikose der einzige Gewinn gewesen sei, den die Kreuzzüge dem Abendland gebracht hätten, wenn nicht die Massaker von 1099 und die Plünderungen von 1204 das Vertrauen zwischen Lateinern einerseits, Muslimen und Griechen andererseits bis heute untergraben hätten. Vollkommen übertrieben wäre es aber, im gemeinsamen Kampf römischer Christen verschiedener Nationen gegen die Muslime den Ursprung europäischen Gemeinschaftsgefühls zu suchen; selbst der schönste Sieg führte regelmäßig zu neuen Gegensätzen zwischen den Fürsten.
Abwegig und antiquiert wirkt angesichts des historischen Forschungsstandes, wenn der Germanist Arnulf Krause eine historische Darstellung vorlegt, die die Gegenwart in die Perspektive der Kreuzzüge rücken soll. Tatsächlich hat sich der Autor aber auch gar nicht um den Nachweis der Zusammenhänge bemüht, sondern nur eine kulturhistorische Darstellung der Zeit von 1000 bis 1300 geliefert. Sein Buch behandelt keineswegs, wie der Titel verheißt, das ganze Mittelalter, es erfasst aber auch Europa nicht, weil er dieses gegen die Quellenlage der Zeit mit der lateinischen Christenheit identifiziert. Wo er Sachverhalte einführen muss, hält sich der Autor an einen vermeintlichen Kanon der "Realgeschichte"; wo es um historische Urteile geht, bleibt er zu oft in Klischees befangen. Am besten ist er dort, wo er seiner Freude an erzählenden Texten nachgibt. Seitenlange Zitate auch aus Predigten und theologischen Werken könnten Appetit auf eine nähere Kenntnis des Mittelalters machen, wenn es Krause nicht gar zu sehr darauf abgesehen hätte, Geschichte zum Wohlfühlen zu schreiben.
MICHAEL BORGOLTE
Arnulf Krause: "Europa im Mittelalter". Wie die Zeit der Kreuzzüge unsere moderne Gesellschaft prägt. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2008. 317 S., zahlr. Abb., geb., 24,90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Geschichte zum Wohlfühlen, wie sie der Autor anbietet, liegt dem Rezensenten gar nicht. Die Gegenwart in der Perspektive der Kreuzzüge zu sehen, fällt Michael Borgolte, einem der bekanntesten Mittelalterhistoriker Deutschlands, nicht ein. Die annoncierten Zusammenhänge sucht er hier vergebens. Und weder eine Darstellung des ganzen Mittelalters noch die eines Europas jenseits der Identifikation dieses Erdteils mit der lateinischen Christenheit kann er in diesem Buch entdecken. Was, wenn Arnulf Krause auch noch das Klischee dem historischen Urteil vorzieht? Ganz einfach: Borgolte hält sich an die Zitate aus erzählenden Texten in diesem Buch. Die immerhin, so erklärt er uns, machen Lust auf eine Beschäftigung mit dem Mittelalter.
© Perlentaucher Medien GmbH
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