Ist der Zerfall Europas noch zu stoppen? 'Rettungsprogramme' haben sich als wenig nachhaltig erwiesen. In Griechenland hat sich die Verschuldungs- und Wirtschaftskrise noch vertieft. Irland und Portugal sind in den Krisenstrudel hineingerissen worden, Spanien droht möglicherweise das gleiche Schicksal. Und längst drohen Ratingagenturen auch Metropolen - einschließlich den USA - abzuwerten.Was für fortgesetzten Zerfall spricht: Ziel der Rettungsaktionen sind in erster Linie nicht die krisengeschüttelten Länder, sondern Banken, Versicherungen und andere Finanzmarktakteure. Forderungen nach einem neuen Marshall-Plan, der den realwirtschaftlichen Niedergang stoppt, verhallen ungehört.Was dagegen spricht: Europa war in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder von Krisen getrieben, die Ausgangspunkte neuer Integrationsschübe waren: vom Europäischen Währungssystem über den gemeinsamen Binnenmarkt bis hin zum Euro und dem Lissabon-Prozess. Auch im gegenwärtigen Krisenstrudel entsteht einneuer Integrationsprozess, der auf eine autoritäre Vergemeinschaftung Europas hinaus läuft. Nicht nur Verschuldungsgrenzen, sondern Eckpunkte der Sozial- und Investitionspolitik, der Lohn- und Steuerpolitik werden den nationalen Regierungen und Parlamenten vorgegeben und einem detaillierten Reporting- und Prüfverfahren unterworfen. Die europäische 'Postdemokratie' mündet in Strukturen eines autoritären Kapitalismus.