Beleidigter Professor wünscht sich Euro-Islam statt Kopftuch-Islam
Mein Lesebedarf in Sachen Migration neigt sich langsam dem Ende. Sich erinnernd an 2015, wird klar, dass ein Buch von 2016 mehr Ängste enthält als ein neueres. Deswegen ist von Tibi Bassam auch schon ein neues erschienen.
Ich
hoffte in diesem Buch zu finden, welche Werte wir in Deutschland verteidigen müssen. Der Autor…mehrBeleidigter Professor wünscht sich Euro-Islam statt Kopftuch-Islam
Mein Lesebedarf in Sachen Migration neigt sich langsam dem Ende. Sich erinnernd an 2015, wird klar, dass ein Buch von 2016 mehr Ängste enthält als ein neueres. Deswegen ist von Tibi Bassam auch schon ein neues erschienen.
Ich hoffte in diesem Buch zu finden, welche Werte wir in Deutschland verteidigen müssen. Der Autor schreibt das auch, z.B. auf S.76: „drei No-Gos für syrische Flüchtlinge [..]: keine Frauenfeindlichkeit, keine Gewaltkultur und kein Antisemitismus.“
Wenn ich mich recht entsinne, war auch Boris Palmer sein Leser. Wichtig ist die Unterscheidung von Gesinnungs- und Verantwortungsethik nach Max Weber. „Ein Paradebeispiel für diese Denkweise [der Gesinnungsethik] ist die deutsche Willkommenskultur, die sich als Gute begreift und das Böse in der ganzen Welt abschaffen will.“ (30) Für die Folgen seiner guten Tat fühlt sich der Gesinnungsethiker nicht verantwortlich. Der Verantwortungsethiker dagegen besitzt:
„Leidenschaft im Sinne von Sachlichkeit,
Augenmaß als Fähigkeit die Realitäten rational zu erkennen,
Verantwortungsgefühl, das völlig frei ist von einer „ins Leere verlaufenden Romantik.“ (30)
Weber: „Es ist nicht möglich Gesinnungsethik und Verantwortungsethik unter einem Hut zu bringen.“ (30)
Bassam kritisiert einerseits die rechtsradikale Reaktion auf islamistische Terroranschläge, andererseits aber auch deren Verharmlosung als Einzelfälle.
Schon 1996 hat der Autor einen hellenistischen Islam vorgestellt und er wollte von einer europäischen anstatt deutschen Leitkultur sprechen.
Religionskritik versteht er im Sinne der Aufklärung, die im heutigen Zeitgeist von einem „selbst-defaitistischen Kulturrelativismus der Anything-Wertebeliebigkeit“ abgelöst wurde (22).
Auch wenn Europa nicht islamisiert wird, „behindert die Islamisierungspolitik des organisierten Islam jede Integration der islamischen Zuwanderer zu Citoyens Europas. [… Sie] zersetzt auch das Gemeinwesen europäischer Gesellschaften“ (40). Ähnlich schreibt auch Abdel-Samad.
Weil er anderer Meinung war als das deutsche Narrativ, durfte er zwischen 2002 und 2016 nichts mehr veröffentlichen, war in der FAZ und in seinem früheren Verlag unerwünscht. Nur die Wissenschaftliche Buchgesellschaft veröffentlichte 2009 ein Buch von ihm.(70) Dieser wohl korrekte, aber doch beim Leser als beleidigt empfundene Vorwurf wird leider mehrfach wiederholt.
Ständig empfiehlt er auch seine alten Bücher, wo er alles schon früher wusste. So verlor er durch sein Türkei-Buch 2005 die Freundschaft mit Özdemir, der heute selbst kein AKP-Freund mehr ist.
Auch wenn auf S.90 sechs Thesen für einen europäischen Islam stehen, las ich den alten Teil nicht mehr. Ständig auf alte Bücher des
Autors hingewiesen zu werden, das reichte mir. Eine Mediendebatte, warum Bassam 14 Jahre unerwünscht war, wäre schön. Sein Buch wurde auch 2016 nicht von der FAZ rezensiert.
3 Sterne, da das Buch trotz fehlender Aktualität gutes Hintergrundwissen liefert.