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Dieses glänzend geschriebene Buch erzählt die Geschichte von 13 Jahrhunderten voller Mißverständnisse und Mystifikationen, die Europa und den Islam voneinander getrennt haben. Dabei kommen Kriege und Eroberungen wie die Kreuzzüge, die " Reconquista" oder die Zurückdrängung des Osmanischen Reichs vom Balkan ebenso zur Sprache wie politische und wirtschaftliche Aspekte und nicht zuletzt die vielfältigen kulturellen Beziehungen zwischen Europa und dem Islam. Der Islam klopft heute erneut an die Pforte Europas - wie schon im 7. und 8. Jahrhundert, als muslimische Heere weite Bereiche des…mehr

Produktbeschreibung
Dieses glänzend geschriebene Buch erzählt die Geschichte von 13 Jahrhunderten voller Mißverständnisse und Mystifikationen, die Europa und den Islam voneinander getrennt haben. Dabei kommen Kriege und Eroberungen wie die Kreuzzüge, die " Reconquista" oder die Zurückdrängung des Osmanischen Reichs vom Balkan ebenso zur Sprache wie politische und wirtschaftliche Aspekte und nicht zuletzt die vielfältigen kulturellen Beziehungen zwischen Europa und dem Islam.
Der Islam klopft heute erneut an die Pforte Europas - wie schon im 7. und 8. Jahrhundert, als muslimische Heere weite Bereiche des Mittelmeerraums eroberten, oder zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert, als das Osmanische Reich Europa in Bann hielt. Die historischen Umstände sind jeweils verschieden, aber heute wie früher läuft der Westen Gefahr, den Islam grundlegend mißzuverstehen. Das beginnt mit der Ansicht, daß Europa der Hort des Christentums sei und daß alle, die in Europa leben, ohne Christen zu sein, Fremde oder gar Invasoren sind. Aber auch die wohl-wollende Hinwendung zum Islam ist sehr oft von Vorurteilen geprägt.
Die Islamwissenschaft entstand im 16. und 17. Jahrhundert unter anderem mit dem Ziel, den Koran besser zu verstehen, um die " Ungläubigen" besser bekehren zu können. Die im Spätmittelalter aufgekommenen Phantasien von fliegenden Teppichen und Wunderlampen sowie die Nachahmung muslimischer Kostüme und Architektur in der Neuzeit prägen bis heute ein Islam-Bild, das sich dem " Geschmack am Exotischen" verdankt. >/P<
Autorenporträt
Franco Cardini, geboren 1940, ist Professor für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Florenz. Seine weltweite Lehrtätigkeit u.a. in Paris, Göttingen, Wien und Madrid, Boston und Sao Paulo, Jerusalem und Damaskus hat ihn international bekannt gemacht. Zahlreiche Veröffentlichungen zur mittelalterlichen Geschichte, insbesondere zur Geschichte Jerusalems und der Kreuzzüge.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.01.2001

1086 - Wo bitte geht's zum Abendland?
Selbst die Kreuzfahrer hatten keinen Plan von der heiligen Sache: Franco Cardini räumt mit Mißverständnissen über Europas Verhältnis zum Islam auf

Jahresangaben, Monatsnamen, Tagesdaten, Ortsbezeichnungen, Eigennamen - eine Information folgt schnell der vorhergehenden. Etwas zu behalten, scheint unmöglich. Alles löst sich auf in einzelne Begebenheiten, Nebenschauplätze, Randgebiete. "Europa" scheint es gar nicht gegeben zu haben, nur hier eine kleine Schlacht oder ein Angriff, dort eine Eroberung oder eine Vertreibung. Auch das, was man gewöhnlich unter "Islam" versteht, verschwimmt. Kaum einer der großen muslimischen Denker wird genannt, kein Herrscher-Porträt entworfen, keine theologische Schule erklärt.

Die umfangreiche Zeittafel am Ende des Buches verdeutlicht, wovon in ihm die Rede ist: Kriege, Raubzüge, Schlachten, Siege, Angriffe, Vertreibungen, Eroberungen und Niederlagen. Eine Gewichtung erfolgt nicht. Die Eintragung "1914 - 1918 Erster Weltkrieg" hat genau den gleichen Stellenwert wie "1365, 10.-16. Oktober. Peter Lusignan, der König von Zypern, überfällt und plündert Alexandria". Der Autor sagt es nicht so deutlich, läßt es aber doch erkennen: Die Christen haben den Islam nicht als eine religiöse Einheit, die es zu bekämpfen galt, verstanden; die Muslime wußten nichts von einem christlichen Abendland, das erobert werden mußte.

In seiner "Geschichte eines Mißverständnisses", so der Untertitel des Werkes, zerstört Franco Cardini unaufhörlich Mythen. Selbst der Kreuzzuggedanke wird als "Mythos" bezeichnet, als "der weiße Wal der Christenheit", denn: "In jedem Fall kann man die Kreuzzüge nicht als Religionskrieg deuten. Kein Theologe und kein Kirchenrechtler hat jemals explizit den Gedanken geäußert, letztes Ziel der Kreuzzüge sei die Bekehrung der Ungläubigen." Mit diesen und ähnlich spitzen Formulierungen will der Autor darauf hinweisen, daß die zahlreichen Berührungen zwischen Muslimen und Christen rund um das Mittelmeer nicht dazu berechtigen, von "dem Islam" oder von "Europa" als Einheit zu sprechen, zumal in den ersten Jahrhunderten der Begegnung die Christen von den religiös-theologischen Ausrichtungen der Muslime weder Kenntnis hatten, noch sich überhaupt dafür interessierten.

Das änderte sich erst, so die These des Autors, nach der Jahrtausendwende, nachdem al-Mansur im Jahre 997 die nordspanische Stadt Compostela - die Verehrungsstätte für den Apostel Jakobus - geplündert und zerstört hatte. Die Verheerung dieser Wallfahrtsstätte habe bei den Christen keine Angst oder Bestürzung ausgelöst, sondern nur Entrüstung und religiösen Eifer. Die Schändung des Apostelgrabes sei eine Angelegenheit gewesen, die (zum ersten Mal) "die gesamte Christenheit" betroffen habe: "Denn nirgendwo sonst entstand europäisches Bewußtsein, wuchs europäische Identität."

Für die Christen war Compostela der Wendepunkt, für die Muslime der Sieg al-Mutamids über Alfons VI. in Zallaqa (dem heutigen Sagrajas) am 23. Oktober 1086. Der Muslim hatte dem Christen jede Art von Kompromißverhandlungen verwehrt mit dem Hinweis, sein einziges Argument seien Schwerter, Lanzen und ein großes Heer. Al-Mutamid ging es nicht allein um einen weiteren Sieg, sondern um die Vernichtung der Christen. Cardini bezeichnet die Schlacht im spanischen Zallaqa als "eine der verheerendsten Niederlagen der Christen in ihrer ganzen Geschichte", denn die Christen sahen "sich einem neuen Islam gegenüber". Dieser in der Sicht von Cardini so wichtigen Schlacht von Zallaqa widmet die "Encyclopaedia of Islam" (Bd. VII, 1993) unter dem Stichwort "al-Mu'tamid Ibn 'Abhad" dürre eineinhalb Zeilen.

Cardinis Urteil über die Kreuzzüge und seine Bewertung der Kämpfe um Compostela und Zallaqa - um nur diese drei Beispiele zu nennen - machen den Leser ein wenig staunen, doch genau dies ist beabsichtigt: Der Autor möchte anregen zu einem neuen Lesen der Quellen einschließlich der Volksdichtungen, Heldenepen, Gedichte und fromme Spiele. Vorurteile werden als Mythen entlarvt, scheinbare Selbstverständlichkeiten über "die" Muslime und "die" Christen hinterfragt.

Der Autor behandelt die Geschichte detailliert bis ins 16. Jahrhundert, der Rest wird kursorisch auf wenigen Seiten beschrieben. Die letzte Jahreszahl ist die der islamisch-iranischen Revolution von 1979. Wer eine Geschichte von 1357 Jahren (von 622 bis 1979) auf 270 Textseiten entfaltet, dem sollte nicht vorgehalten werden, ihm sei dieser oder jener Fehler unterlaufen. ("Die ersten Muslime waren großteils christliche Konvertiten.") Dieses gelehrte Buch - die italienische Originalausgabe erschien 1999 - sollte gelesen werden als eine eindringliche Frage, ob das, was wir über die Wechselbeziehungen zwischen Europa und dem Islam zu wissen meinen, wirklich den historischen Tatsachen entspricht. Die Antworten, die das Buch hervorrufen wird, machen es zu einer wichtigen Lektüre.

FRIEDRICH NIEWÖHNER.

Franco Cardini: "Europa und der Islam". Geschichte eines Mißverständnisses. Aus dem Italienischen von Rita Seuß. C.H. Beck Verlag, München 2000, 308 S., geb., 54,90 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Die Geschichte des Mißverständnisses ist noch nicht ans Ende gelangt, aber dieses alles in allem faszinierende, unbedingt lesenswerte Buch zeichnet sie - bis in die unmittelbare Gegenwart nach."
Stefan Weidner, Neue Zürcher Zeitung

"Dieses gelehrte Buch - sollte gelesen werden als eine eindringliche Frage, ob das, was wir über die Wechselbeziehungen zwischen Europa und dem Islam zu wissen meinen, wirklich den historischen Tatsachen entspricht. Die Antworten, die das Buch hervorrufen wird, machen es zu einer wichtigen Lektüre." Friedrich Niewöhner, Frankfurter Allgemeine Zeitung